Immer mehr Menschen erkranken an Diabetes, der sogenannten Zuckerkrankheit. Längst ist sie die Volkskrankheit Nummer eins in Deutschland. Doch mit dem Genuss von zu viel Zucker hat diese Stoffwechselerkrankung nichts zu tun. Dennoch sind solche Halbwahrheiten weit verbreitet. Sind alle Übergewichtigen gefährdet? Und sind Süßigkeiten Gift für Diabetiker? Zum Welt-Diabetes-Tag räumen wir mit diesen und anderen Mythen auf.
Laut der Deutschen Diabetes-Hilfe sind in der Bundesrepublik über sieben Millionen Menschen wegen Diabetes in Behandlung. Hinzu kommen mehr als drei Millionen Betroffene, die noch gar nicht wissen, dass sie zuckerkrank sind. Das mag erstaunen, doch gerade der Diabetes Typ 2 zeigt häufig keine Symptome und bleibt deshalb jahrelang unentdeckt.
Die große Mehrheit der Erkrankten leidet unter dem Diabetes Typ 2, der auf genetische Veranlagung und einen ungesunden Lebensstil zurückgeht. Bei dieser Form von Diabetes produziert der Körper zu wenig Insulin, ein Hormon, das den Blutzuckerspiegel reguliert. Etwas anders liegt der Fall bei Diabetes Typ 1, woran derzeit in Deutschland rund 300.000 Menschen leiden. Bei Typ 1 wird aufgrund genetischer und einiger bislang unbekannter Faktoren in der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produziert. Es muss dem Körper deshalb zugeführt werden. Neben Typ 1 und 2 gibt es noch zwei andere Formen von Diabetes, die aber selten auftreten: Bei Typ 3 ist Diabetes eine Folge von anderen Erkrankungen, Typ 4 ist die sogenannte Gestationsdiabetes, die während der Schwangerschaft auftreten kann. Unabhängig vom jeweiligen Typ, kursieren viele Gerüchte über die Volkskrankheit Diabetes. Welche stimmen?
"Diabetes ist gar nicht so schlimm"
Der Irrglaube, Diabetes sei letztlich gar nicht so schlimm, hält sich hartnäckig. Fakt bleibt jedoch: An Diabetes sterben in Deutschland jährlich mehr Menschen als an Brustkrebs und Aids zusammen. Zwei Drittel der Diabeteskranken erliegen Herzerkrankungen oder einem Schlaganfall.
"Etwas mehr Zucker im Blut schadet nicht"
Ein erhöhter Blutzuckerspiegel richtet auf längere Sicht große Schäden an. Besonders die Blutgefäße leiden darunter. Eine Folge ist Arteriosklerose, die unter anderem zum Herzinfarkt und Schlaganfall führen kann.
"Wer übergewichtig ist, wird an Diabetes erkranken"
Auch diese Vorstellung ist zu pauschal. Bei Übergewicht ist das Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken, doppelt so hoch wie bei Normalgewichtigen. Bei adipösen Menschen ist das Risiko dreimal so hoch. Dennoch erkranken nicht alle Übergewichtigen an Zucker und nicht alle Zuckerkranken sind übergewichtig. Hier spielen andere Risikofaktoren eine Rolle, die gern übersehen werden. Dazu gehören unter anderem die familiäre Veranlagung und das Alter.
"Alle Diabetiker sind dick"
Die Pauschalisierung ist falsch. Typ-2-Diabetiker sind zwar häufig dick, es sind aber nicht alle. Typ-1-Diabetiker sind meist normalgewichtig.
"Wer zu viel Zucker isst, bekommt Diabetes"
Die Ursachen für Diabetes Typ 1 sind genetische und bislang weitgehend unerforschte Faktoren. Bei Typ 2 ist neben der familiären Veranlagung auch der Lebensstil für die Erkrankung verantwortlich. Dabei ist nicht der Zucker das wesentliche Übel, sondern eine generell zu kalorienreiche Ernährung. Fett in den Nahrungsmitteln spielt beispielsweise eine ebenso wichtige Rolle.
"Diabetiker brauchen spezielle Lebensmittel"
Obwohl es zahlreiche Lebensmittel gibt, die mit ihrer Diabetiker-Eignung werben, ist eine spezielle Ernährung für Zuckerkranke nicht zwingend. Für Diabetiker gelten dieselben Regeln der gesunden Ernährung wie für Menschen ohne Diabetes: wenig Fett, besonders gesättigte und Trans-Fettsäuren sollten gemieden werden; Salz und auch Zucker kann in Maßen genossen werden; viele Getreideprodukte, Gemüse und Früchte tun dem Körper gut.
"Stärkehaltige Lebensmittel gilt es zu meiden"
Nahrungsmittel wie Kartoffeln, ungeschälter Reis oder Müsli enthalten viele Kohlehydrate. Dennoch müssen Diabetiker sie nicht meiden, denn Lebensmittel, die viel Stärke enthalten, lassen den Blutzuckerspiegel nur langsam steigen. Stärke ist aus langen Zuckermolekülen aufgebaut, die der Körper langsam in kürzere Traubenzuckerbausteine zerlegen muss. Sie gelangen deshalb nur langsam ins Blut.
"Süßigkeiten sind Gift für Diabetiker"
Diese Sichtweise ist zumindest übertrieben. Wer sich gesund und ausgewogen ernährt und sich ausreichend bewegt, kann maßvoll Süßigkeiten genießen. Das gilt auch für Diabetiker.
"Diabetiker sind anfällig für Infektionskrankheiten"
Menschen mit Diabetes sind nicht anfälliger für Infekte. Dennoch sollten sie sich zum Beispiel regelmäßig gegen Grippe impfen lassen, denn jede zusätzliche Krankheit kann den Verlauf der Zuckererkrankung verschlimmern. Auch die Infektion selbst führt häufiger zu Komplikationen.
"Wer Diabetes hat, muss sich Insulin spritzen"
Nur Typ-1-Diabetiker müssen sich von Anfang an Insulin spritzen, denn ihre Bauchspeicheldrüse hat die Produktion des Hormons eingestellt. Anders ist es bei Diabetes Typ 2, einer fortschreitenden Stoffwechselerkrankung. Anfangs genügt eine Änderung des Lebensstils, um normale Blutzuckerwerte zu erhalten. Später müssen Medikamente eingenommen werden, um dies zu erreichen. Die Bauchspeicheldrüse produziert jedoch immer weniger Insulin, so dass meist irgendwann eine Insulin-Therapie erforderlich wird.
"Diabetes bekommen nur alte Menschen"
Diabetes Typ 1 und 2 bekommen Menschen aller Altersgruppen. Richtig ist lediglich, dass die Erkrankung bei älteren Menschen häufiger vorkommt als bei jungen. Allerdings nimmt die Zahl der jungen Typ-2-Diabetiker stetig zu. Laut der Deutschen Diabetes-Hilfe sind in Deutschland bereits 5.000 Kinder und Jugendliche an Typ-2-Diabetes erkrankt.
"Menschen mit Diabetes dürfen keinen Sport treiben"
Sport ist wichtig für Diabetiker, hilft er doch, das Körpergewicht zu senken und den Blutzucker besser einzustellen, besonders bei Typ-2-Diabetikern. Durch Sport sinkt der Blutdruck und die Durchblutung nimmt zu. Manchmal sinkt sogar der Insulinbedarf.
Sport muss in der Therapie des Diabetikers berücksichtigt werden, um eine Unterzuckerung zu vermeiden. Deshalb muss ein Diabetiker vor dem Sport abschätzen, wie viel er essen, und wie viel Insulin er spritzen sollte. Während des Sports sollte der Blutzuckerspiegel gemessen werden. Wer sich daran hält, kann sogar Leistungssport betreiben.
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