In Großbritannien und Österreich häufen sich die Fälle von Masern. Die Behörden sind besorgt. Kann es in Deutschland zu einem ähnlichen Szenario kommen?

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In Mittelengland rund um Birmingham sind in den letzten Monaten 216 bestätigte Fälle und 103 Verdachtsfälle von Masern registriert worden – überwiegend bei Kindern unter 10 Jahren. Auch in Österreich häufen sich die Fälle: Zwischen dem 1. Januar 2023 und dem 30. Januar 2024 wurden 197 bestätigte Masern-Fälle gemeldet.

Die WHO blickte bereits im vergangenen Jahr besorgt auf Europa: Alleine von Januar bis Ende Februar 2023 wurden aus 17 europäischen Ländern 900 Masernfälle gemeldet – mehr als im gesamten Jahr 2022.

Aktuelle Zahlen in Deutschland

Die erfassten Infektionen sind in Deutschland seit Einführung der Impfpflicht im Jahr 2020 drastisch zurückgegangen, wie die Statistik des RKI und der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen zeigt: Wurden 2019 noch 516 Fälle von Masern registriert, waren es 2023 nur noch 57. Die meisten Fälle wurden 2023 in Sachsen-Anhalt und in Berlin registriert. Im Jahr 2024 wurden bisher fünf Infektionen gemeldet (Stand: 1. Februar), wie das RKI unserer Redaktion auf Nachfrage bestätigte.

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Masern – eine Kinderkrankheit?

Ein Grund für die steigenden Zahlen hängt auch mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie zusammen: Rund 40.000 Millionen Kinder erhielten im Jahr 2021 keine oder nur eine von den benötigten zwei Impfdosen. Allerdings sind Masern keine Kinderkrankheit und auch in anderen Altersgruppen gibt es Impflücken: Wie das Robert-Koch-Institut informiert, bestehen Impflücken vor allem bei Jugendlichen und Erwachsenen.

Um das Risiko von Ausbrüchen zu vermeiden, müssen diese geschlossen werden. Denn: Um Masern erfolgreich zu eliminieren, muss mindestens 95 Prozent der Bevölkerung durch Impfung oder durchmachte Erkrankung immun gegen das Virus sein. Ein Ausbruch ist auch in Deutschland möglich, da weniger als 95 Prozent der Bevölkerung immun oder gegen Masern geimpft sind.

Waren früher überwiegend Kinder betroffen, stecken sich heute vermehrt Jugendliche und Erwachsene mit dem Virus an. Impfende Mediziner und Betriebsärzte sind deshalb angehalten, den Impfstatus ihrer Patienten zu überprüfen.

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Kinder, Jugendliche, Erwachsene: Wann gegen Masern impfen lassen?

Eine gute Durchimpfung der Bevölkerung soll auch diejenigen schützen, die sich aufgrund eines geschwächten Immunsystems oder Schwangerschaft nicht gegen Masern impfen lassen können:

Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt, Kindern die erste Masernimpfung mit 11 Monaten zu verabreichen, mit 15 Monaten die zweite. Es wird davon ausgegangen, dass durch die Zweifach-Impfung ein lebenslanger Schutz besteht.

Jugendliche, die im Kindesalter keinen ausreichenden Impfschutz erhalten haben, sollten die zweite Impfung in Form einer Kombinationsimpfung gegen Masern, Röteln und Mumps und eventuell Windpocken schnellstmöglich erhalten.

Erwachsenen, die nach 1970 geboren sind und nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft wurden, empfiehlt die Stiko eine einmalige Impfdosis gegen Masern. Wer vor 1970 geboren wurde, hat laut RKI mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Maserninfektion durchgemacht und ist somit immun.

Masern-Impfpflicht in Deutschland

Zum 1. März 2020 wurde eine Impfpflicht für Masern für Personen eingeführt, die sich an Orten aufhalten, an denen das Übertragungsrisiko besonders hoch ist. Dazu zählen Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Unterkünfte für Geflüchtete, Pflegeeinrichtungen wie Heime, Krankenhäuser oder Arztpraxen.

Nachweispflicht:

  • Alle nach 1970 geborenen Personen, die sich in entsprechenden Einrichtungen aufhalten, müssen den vollständigen Impfschutz oder Immunität durch ein ärztliches Attest nachweisen.
  • Kinder, die mindestens ein Jahr alt sind, müssen die erste Masernschutzimpfung oder Immunität nachweisen.
  • Kinder, die mindestens zwei Jahre alt sind, müssen zwei Masernschutzimpfungen oder einen Nachweis der Immunität nachweisen.
  • Wer aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden kann, ist von der Impfpflicht befreit. Dies muss durch ein ärztliches Attest belegt werden können.

Masern – Verlauf, Komplikationen, Spätfolgen

Bei Masern handelt es sich um eine hochansteckende Virus-Erkrankung. Sie wird von langen, fiebrigen Verläufen und einem Hautausschlag begleitet, der wenige Tage nach der Infektion auftritt.

Der Verlauf von Masern wird in zwei Phasen unterteilt: Vorstadium und Hauptstadium. Zwischen Infektion und ersten Symptomen liegen in der Regel acht bis 14 Tage. Bereits drei bis fünf Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome ist eine Person ansteckend.

  • Vorstadium: Es treten grippeähnliche Symptome auf. Fieber, Husten, Schnupfen, gereizter Nasen-Rachen-Raum, gerötete Augen oder Bindehautentzündung.
  • Nach zwei bis drei Tagen treten an der Wangenschleimhaut weiße Flecken mit rötlicher Umrandung auf. Das Fieber steigt und der gesamte Rachen ist schmerzhaft gerötet.
  • Hauptstadium: Nach drei bis fünf Tagen sinkt das Fieber und das Hauptstadium beginnt. Der typische Hautausschlag breitet sich an der Rückseite der Ohren beginnend über das Gesicht auf den gesamten Körper aus.
  • Erst, wenn der Hautausschlag vollkommen abgeklungen ist, gilt die erkrankte Person als nicht mehr ansteckend. Die Erholungsphase dauert etwa zwei Wochen, wenn keine Komplikationen auftreten.
  • Eine überstandene Maserninfektion kann das Immunsystem nachhaltig schwächen und sogar zu einer Art Gedächtnisschwund des Immunsystems führen.
  • Komplikationen: Zusätzliche Erreger können etwa zu Mittelohren- oder Lungenentzündungen, aber auch zu Hirnhautentzündungen und bleibenden Schäden wie Lähmungen oder einer geistigen Behinderung führen.
  • In sehr selteneren Fällen kann es zu der nicht heilbaren Spätfolge Subakuten Sklerosierenden Panenzephalitis, kurz SSPE, kommen.
  • In Deutschland endet die Infektion für drei bis sieben Personen im Jahr tödlich.

Masernpartys – ein gefährlicher "Spaß" für Groß und Klein

Vor allem in impfkritischen Kreisen werden Masern oft als Kinderkrankheit abgetan, mit der das Immunsystem angeblich alleine gut zurechtkommen kann – und es langfristig sogar stärken soll. Bei sogenannten Masernpartys treffen sich Gesunde und Infizierte mit der Absicht, durch Infektion eine natürliche Immunität zu aufzubauen. Masernpartys können zu einem "normalen" Verlauf führen, aber auch mit Spätfolgen oder in seltenen Fällen sogar tödlich enden.

Gerade Kinder unter fünf Jahren sind anfälliger für schwere Verläufe – und für die Spätfolge SSPE. Laut dem Robert-Koch-Institut gibt es bei unter Fünfjährigen 20 bis 60 Fälle von SSPE pro 100.000 Masernerkrankungen. Die Hirnentzündung ist eine Folgeerkrankung einer Maserninfektion und verläuft stets tödlich.

Mythen wie eine Masern-Impfung würde Autismus fördern oder generelle Zweifel an der Wirksamkeit der Impfung halten sich hartnäckig. Fakt ist: Die Thesen können nicht durch Studien belegt werden. Die Wirksamkeit der Masernschutzimpfung hingegen schon. Weltweit ging die Zahl der Masern-Erkrankungen durch groß angelegte Impfkampagnen deutlich zurück.

Wie sicher schützt die Impfung vor Masern?

Auch Geimpfte können erkranken. Allerdings wird das Risiko einer Ansteckung durch eine Impfung deutlich gesenkt. Die Effektivität nach der zweiten Impfung liegt in Deutschland bei 98 bis 99 Prozent.

Impfen trotz Allergie gegen Hühnereiweiß?

Wer allergisch auf Hühnereiweiß reagiert, sollte dies vor der Impfung ansprechen und sich gegebenenfalls im Krankenhaus impfen lassen. Der verwendete MMR-Impfstoff wird auf Basis von Bindegewebszellen von Hühnern gezüchtet. Im Impfstoff selbst sind kaum noch Spuren von Hühnereiweiß nachweisbar. Studien belegen, dass auch Kinder mit einer Hühnereiweißallergie gegen Masern geimpft werden können.

Verstöße gegen die Impfpflicht – welche Strafen drohen?

Wird gegen die Impfpflicht verstoßen, droht diesen Personen ein Bußgeld in Höhe von 2.500 Euro:

  • Eltern, die nicht geimpfte Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen betreuten lassen. Neben oder alternativ zu dieser Geldstrafe kann ein weiteres Zwangsgeld verordnet werden.
  • Betreiber von Kindertagesstätten, die nicht geimpfte Kinder betreuen.
  • Personal, das ohne Impfschutz in Gemeinschafts- oder Gesundheitseinrichtungen tätig ist.
  • Bewohner von Gemeinschaftseinrichtungen, die nicht gegen Masern geimpft sind.
  • Kindern ohne Immunitätsnachweis oder Impfschutz kann der Besuch des Kindergartens verweigert werden. Personal ohne Nachweis darf in entsprechenden Einrichtungen keiner Tätigkeit nachkommen.
Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels war von sechs Maserninfektionen 2024 die Rede (Stand: 1. Februar). Diese Zahl wurde am selben Tag auf erneute Nachfrage beim RKI auf fünf korrigiert. Generell gilt: Die Infektionszahlen können täglich nach oben oder unten schwanken - etwa, wenn ein Gesundheitsamt eine Meldung an das RKI zurückzieht.

Verwendete Quellen

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Mit etwa zwei Drittel übergewichtigen Schwangeren in den USA und einem parallelen Trend in Deutschland warnt das Max-Rubner-Institut vor den Risiken für ungeborene Kinder. (Bildcredit: Getty Images)
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