Jonas Salk entwickelte 1955 den ersten Impfstoff gegen Kinderlähmung und testete ihn zuerst an seinen drei Söhnen. Am 28. Oktober wäre der amerikanische Immunologe, der am 23. Juni 1995 starb, 100 Jahre alt geworden. Vor allem Impfungen bei Kindern werden allgemein immer wieder kontrovers und emotional diskutiert. Im Erwachsenenalter gerät der Impfschutz oft völlig in Vergessenheit.
Laut einer repräsentativen Studie des Robert Koch-Instituts von 2013 sind die Impfquoten bei Erwachsenen in Deutschland zwar insgesamt gestiegen. Mit zunehmendem Alter nehmen aber auch die Impflücken zu.
Impfen sei für viele Erwachsene "Kinderkram", sagt Dr. Ute Arndt, Diplom-Humanbiologin und Impfexpertin beim Deutschen Grünen Kreuz (DGK). "Sie sind sich nicht immer bewusst, dass Impfungen sozusagen lebenslang notwendig sind, da der Impfschutz mit der Zeit nachlässt und aufgefrischt werden muss." Das DGK sieht seine Hauptaufgabe darin, "die Bevölkerung zu motivieren, Verantwortung für die eigene Gesundheit wahrzunehmen." Die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) empfiehlt Erwachsenen routinemäßig Impfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung sowie für alle nach 1970 Geborenen gegen Masern, Mumps und Röteln. Ab einem Alter von 60 Jahren wird zu einer Impfung gegen Grippe und Pneumokokken geraten.
Zu den Empfehlungen im Einzelnen:
Tetanus/Diphtherie/Keuchhusten
Gegen diese drei Infektionskrankheiten wird häufig mit einem Dreifachimpfstoff geimpft. Alle zehn Jahre soll auf jeden Fall der Impfschutz gegen Diphtherie und Wundstarrkrampf aufgefrischt werden. Gerade Ältere sind laut Dr. Ute Arndt "besonders gefährdet", sich mit Tetanus anzustecken: "Es soll immer in Kombination mit einem Diphtherie-Impfstoff, gegebenenfalls auch gleichzeitig gegen Keuchhusten geimpft werden." Während die Impfraten bei Tetanus und Diphterie etwa um 70 Prozent liegen, liegen sie bei Pertussis (Keuchhusten) bei 34,5 Prozent. Seit 2009 empfiehlt die STIKO aufgrund einer Zunahme der Keuchhusten-Fälle die Dreifachimpfung bei der nächstfälligen Auffrischung gegen Tetanus und Diphtherie.
Polio (Kinderlähmung)
Kinderlähmung wird in Anlehnung an das Poliomyelitis-Virus, dem Krankheitserreger, auch kurz Polio genannt. Deutschland gilt wie die überwiegende Mehrheit der Länder als poliofrei. Dennoch wird die Impfung empfohlen. "Wie schnell die Kinderlähmung wieder in einem poliofreien Land eingeschleppt werden und sich dann in Windeseile ausbreiten kann, wenn die Impflücken zu groß sind, zeigen viele Beispiele aus der vergangenen Zeit. Zum Beispiel gab es wieder Fälle in China, Kenia, in Russland und Syrien", erklärt die Expertin des Deutschen Grünen Kreuz. "Es geht also nicht nur um den Individualschutz, sondern auch um die Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft, in der wir leben."
Masern/Röteln/Mumps
Die STIKO empfiehlt vor 1970 Geborenen, die nicht oder nur einmal als Kind geimpft wurden, sich gegen Masern impfen zu lassen. Dr. Ute Arndt erklärt, warum: "Man geht davon aus, dass sich bis 1970 Geborene mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit den sehr ansteckenden Masernviren infiziert haben, da das Virus zu der Zeit sehr stark zirkulierte. Etwa Mitte der 1970er-Jahre hat man dann angefangen, mit einem gut wirksamen Lebendimpfstoff gegen Masern zu impfen." Die Impfraten waren allerdings niedrig. Von der STIKO empfohlen ist die Impfung mit dem MMR-Kombinationsimpfstoff. Bis Mitte Oktober verzeichnete das Robert Koch-Institut 258 Masernerkrankungen in Deutschland.
Grippe
Eine jährliche Grippeimpfung wird ab 60 Jahren, bei chronischen Erkrankungen in jedem Alter, bei Schwangeren und für Personen empfohlen, die beruflich bedingt viel Kontakt mit anderen Menschen haben. Die sogenannte saisonale Influenza tritt vor allem in den Wintermonaten auf. Der Impfschutz ist etwa zwei Wochen nach der Impfung aufgebaut.
Pneumokokken-Infektion
Lungenentzündungen werden häufig durch Pneumokokken ausgelöst. Zur Impfung gegen diese Bakterien wird bei chronischen Erkrankungen der Atmungsorgane, aber auch bei Herz-Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen geraten. Unabhängig von Vorerkrankungen sollten alle ab 60 Jahren geimpft sein.
Rechtlich gesehen, gelte jemand ohne Impfdokumente oder keinen in der Patientenkartei eingetragenen Impfungen als ungeimpft, sagt die DGK-Expertin Arndt. "Es liegt in der Verantwortung eines Arztes, einen Patientenkontakt etwa wegen eines 'banalen' Infektes zu nutzen, um an Impfungen zu erinnern." Von zusätzlichen Impfungen geht laut STIKO auch bei bereits bestehendem Impfschutz kein Risiko aus. Das DGK richtet sich nach den Empfehlungen der STIKO und berät entsprechend. Laien können sich dienstags zwischen 10 und 12 Uhr unter 06421/293-188 telefonisch beim DGK informieren.
Impf-Infos im Internet:
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