• Die Warn-App leuchtet rot auf oder ein Freund, den man gestern noch getroffen hat, ist plötzlich positiv.
  • Was tun? Ist es sinnvoll, sich gleich zu testen?
  • Experten klären Missverständnisse auf und erläutern, wie wir uns wirklich nach einem Corona-Kontakt testen sollten.

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Die sich rasant ausbreitende Omikron-Variante sorgt weltweit für vierstellige Inzidenzen, auch wenn der Scheitelpunkt zumindest hierzulande langsam erreicht zu sein scheint.

Das Risiko, Kontakt mit dem Coronavirus zu haben – ob in Schule, Büro oder Freundeskreis – ist damit weiter hoch. Die Nachricht, dass der Arbeitskollege infiziert ist, sich die Fälle im Kindergarten häufen oder nach der Geburtstagsfeier mehrere Tests positiv ausfielen, dürfte aktuell viele erreichen. Auch die rote Warnmeldung in der Corona-Warn-App taucht bei immer mehr Deutschen auf dem Handy auf.

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Omikron: Im Schnitt wohl kürzere Inkubationszeit

Wichtig zu wissen ist deshalb, wie man sich nach dem Kontakt mit einer nachweislich Corona-positiven Person verhalten sollte. Wann können die ersten Symptome auftreten? Und gibt ein negativer Schnelltest am Folgetag bereits Entwarnung?

Hinsichtlich dieser Fragen ist die sogenannte Inkubationszeit ein wichtiger Faktor. "Allgemein sprechen wir bei der Inkubationszeit von der Zeit zwischen der erstmaligen Infektion und dem Auftreten von Symptomen", erklärt Virologe Andreas Dotzauer. Je nach Virusart kann dieser Zeitraum bei Stunden oder bei Jahren liegen.

Für das Coronavirus nennt das Robert-Koch-Institut eine Inkubationszeit von "vier bis sechs Tagen". Mehrere Tage können also nach dem Kontakt zu einer infizierten Person vergehen, bis man bei sich selbst typische Symptome wie Fieber, Husten oder Halsschmerzen bemerkt.

Ausbruchsuntersuchungen in Norwegen und den USA deuten darauf hin, dass die Inkubationszeit bei der Omikron-Variante verkürzt ist. "Die Inkubationszeiten sind mit den unterschiedlichen Varianten immer etwas kürzer geworden. Ursprünglich lag sie bei sechs bis sieben Tagen, bei der Delta-Variante waren es bereits vier bis fünf Tage und bei der Omikron-Variante sind es nun drei Tage", sagt auch Experte Dotzauer.

Wichtig sei, dass es sich dabei um durchschnittliche Zahlen handelt. "Das Intervall ist viel größer: Wenn man sich einzelne Infizierte anguckt, kann die Inkubationszeit bei einer Infektion mit der Omikron-Variante zwischen null und acht Tagen liegen", sagt Dotzauer. Das ist zumindest das Ergebnis einer Kohortenstudie aus Norwegen.

Auf einer Firmenweihnachtsfeier in Oslo hatten sich etwa drei Viertel der Gäste mit der Omikron-Variante infiziert, fast alle waren vollständig geimpft. "Durch die Mutationen hat sich verändert, wie das Virus in die Zellen eindringt, wie effektiv das passiert und wie schnell sich das Virus vermehrt", erläutert Dotzauer.

Impfung kann Inkubationszeit verzögern

Dass Symptome sehr schnell eintreten und zudem sehr lange anhalten können, erklärt sich aus Sicht von Dotzauer auch mit dem unterschiedlichen Impfstatus. "Es ist entscheidend, wie gut die Impfreaktion auf die Impfung war", sagt der Experte.

Antikörper, die nach einer Impfung oder Genesung gebildet würden, fingen das Virus quasi ab und reduzierten die Anzahl der Viren, die überhaupt aufgenommen werden und die sich nach einer Infektion im infizierten Gewebe ausbreiten können. "Die Immunität beeinflusst die Inkubationszeit – durch eine gute Immunantwort kann sie nach hinten verzögert sein", erklärt Dotzauer weiter.

Vorsicht: Test negativ, trotzdem können Sie ansteckend sein

Virologe Jens Bohne erklärt: "Die Impfung ist definitiv kein Schutz vor einer Ansteckung, aber sie schützt mit einer großen Sicherheit vor einem schweren Verlauf."

Er hält einen Blick allein auf die Inkubationszeit nicht für ausreichend. "Beim Coronavirus ist das Besondere, dass man bereits in der asymptomatischen Phase den Erreger ausscheidet und ansteckend sein kann", betont er. Deshalb sei auch die Zeit zwischen Kontakt und positivem Test relevant – damit spätestens dann Isolationsmaßnahmen erfolgen können.

So wichtig ist regelmäßiges Testen nach Begegnungen

Wann also kann ein Test nach Ansteckung positiv ausfallen? "Allgemein gilt, dass ein PCR-Test deutlich empfindlicher ist als ein Schnelltest", sagt Bohne. Während ein PCR-Test schon nach zwei oder drei Tagen positiv ausfallen könne, schlägt ein Schnelltest nur bei einer höheren Viruslast an. "Sie schlagen nur in einem kleinen Zeitfenster an", sagt der Virologe.

Obgleich die Gefahr, andere zu infizieren, besonders bei hoher Viruslast gegeben ist, halten die Experten Schnelltests für wichtig. Der Großteil der in Deutschland angebotenen Corona-Schnelltests eignet sich nach Angaben des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auch zum Nachweis der neuen Omikron-Variante. Die Prüfergebnisse finden sich online auf den Seiten des PEI.

"Wer am Tag nach dem Kontakt mit einer positiven Person einen negativen Test hat, kann sich aber definitiv noch nicht in Sicherheit wiegen", betont Dotzauer. Der Test könne auch erst am sechsten Tag positiv sein. "Gerade bei Omikron kann sich die Virusmenge innerhalb kurzer Zeit verändern, selbst von vormittags zu nachmittags am selben Tag", sagt er.

Er hält es deshalb für sinnvoll, bereits am Folgetag mit dem Selbsttesten zu beginnen und es dann täglich fortzusetzen. "Nicht, weil man nach einem Tag schon ein aussagekräftiges Ergebnis erhält, sondern um so früh wie möglich eine eventuelle Infektion nachzuweisen und den Zeitpunkt nicht zu verpassen", betont er.

Beginnen Sie also direkt nach dem Kontakt mit dem ersten Schnelltest und führen Sie die Tests über mehrere Tage (aufgrund der Inkubationszeit rund eine Woche) fort.

PCR-Tests nicht mehr für Jedermann

Einen positiven Selbst- oder Schnelltest, so schreibt es das Bundesgesundheitsministerium, sollte man "durch einen PCR-Test bestätigen lassen und vorsichtshalber solange zu Hause bleiben, niemanden treffen und auch Abstand zu anderen Haushaltsmitgliedern wahren, bis das Ergebnis vorliegt".

Weil viele Labore durch die hohen Infektionszahlen überlastet sind, hat die Regierung inzwischen beschlossen, dass bestimmte Gruppen bei PCR-Tests priorisiert werden. PCR-Tests gibt es dann nicht mehr für Jedermann, sondern nur noch unter bestimmten Bedingungen. Eine Selbstmeldung und Isolation sind trotzdem geboten. Die neuen Regulierungen werden aktuell ausgearbeitet.

Über die Experten:
Prof. Dr. Andreas Dotzauer ist Virologe an der Universität Bremen. Seit 2014 leitet er das Laboratorium für Virusforschung. Dort wird erforscht, welche Mechanismen es bei der Entstehung von Viruserkrankungen gibt und wie Viren und Wirtszellen wechselseitig aufeinander einwirken.
PD Dr. Jens Bohne lehrt am Institut für Virologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Seine Arbeitsgruppe arbeitet an einer neuen Form der Gentherapie gegen Coronaviren.

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Andreas Dotzauer
  • Interview mit Jens Bohne
  • Bundesgesundheitsministerium: Fragen und Antworten zu COVID-19 Tests
  • Robert-Koch-Institut: Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19. Stand 26.11.2021
  • Brandal, L. et al (2021): Outbreak caused by the SARS-CoV-2 Omicron variant in Norway, November to December 2021. Eurosurveillance

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