VWs Werk im sächsischen Zwickau ist einer der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren für die Region – aber aktuell hat es mit Auslastungsproblemen zu kämpfen. Volkswagen sichert jetzt die Zukunft des Standortes: Das nach hinten auf 2028 verschobene Modell Trinity soll nicht in einem noch zu bauenden Werk im Wolfsburger Stadtteil Warmenau entstehen, sondern eben in Zwickau. Das hat der VW-Aufsichtsrat beschlossen.

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Damit scheint der Neubau einer bis zu zwei Milliarden Euro teuren Fabrik in Warmenau vom Tisch zu sein. Das Stammwerk in Wolfsburg soll hingegen den neuen Elektro-Golf bekommen. Der nun in Zwickau zu bauende neue Trinity soll weitgehend autonom fahren und eine rein elektrische Reichweite in Höhe von 600 Kilometern bieten. Und auch die Befürchtung der Sachsen, Audi könnte die Produktion des Q4-e-tron-Nachfolgers in sein Werk nach Brüssel verlegen, ist vom Tisch – das Modell kommt weiterhin aus Zwickau.

Der Vorstandsvorsitzende der VW AG, Oliver Blume, und der Vorstandschef der Marke Volkswagen, Thomas Schäfer, mussten nach dem Weggang von Blume-Vorgänger Herbert Diess die Modellfahrpläne neu ordnen. Grund: Die dem für 2026 angekündigten Modell Trinity zugrunde liegende Elektronik-Architektur der neuen SSP-Plattform (Scalable Systems Platform) hat sich deutlich verzögert. Das mit weitgehenden Autonom-Fähigkeiten angekündigte erste Modell der Trinity-Familie wird erst 2028 fertig. Allein diese Tatsache ließ bereits die Pläne für einen Werkneubau wackeln. Zur Kompensation der Verzögerungen bei der neuen Plattform plant VW eine Modernisierung des MEB (Modularer E-Antriebs-Baukasten) und eine Rettung des kräftigen Markennamens Golf in die Welt der E-Autos. Der absatzstarke Kompakt-SUV Tiguan soll ebenfalls in die Elektrowelt gerettet werden.

Erst MEB-Update, dann SSP

Den aktuellen MEB möchte VW nicht erst 2026 durch den SSP allmählich ablösen, sondern schon vorher deutlich modernisieren – schließlich möchte man bei VW nicht gegenüber der beispielsweise südkoreanischen Konkurrenz aus Hyundai und Kia zurückfallen. Die Koreaner haben mit dem Hyundai Ioniq 5, dem Genesis GV60 und dem Kia EV6 überzeugende Elektroautos auf den Markt gebracht. Außerdem gibt es da auch noch Tesla mit seinem vorbildlichen Lademanagement und den hohen Reichweiten. Angeblich möchten die VW-Verantwortlichen 1,5 Milliarden Euro investieren, um den MEB leichter zu machen, die dauerhafte Ladeleistung auf 175 bis 200 Kilowatt (aktuell zwischen 135 und 150 kW) anzuheben und die Reichweite der Autos erheblich zu steigern. Für die Reichweite arbeiten die VW-Ingenieure an einer Einheitszelle genannten Batterie, die in 80 Prozent der E-Autos des Konzerns zum Einsatz kommen soll und ursprünglich auch zentraler Bestandteil der SSP werden sollte. Den Einsatz der Einheitszelle zieht VW vor – sie dient dann schon in modernen MEB-Fahrzeugen als Antriebs-Batterie und nicht erst im MEB-Nachfolger SSP.

Trinity wird SUV

Eine von VWs größten Baustellen ist die Software-Entwicklung. Da es mit ihr immer noch Probleme gibt, verzögert sich auch die Limousine Trinity massiv – um mindestens 18 Monate von 2026 auf 2028. Zudem folgt VW dem Markt, der nach wie vor SUV bevorzugt – so könnte das erste Trinity-Modell eher ein SUV als eine Limousine werden, was wiederum Auswirkung auf ähnlich gelagerte Modell bei Audi und Porsche haben könnte.

Die kürzlich von der EU beschlossene Emissionsnorm EU7 hat auch den VW-Entscheidern klargemacht, dass Autos mit Verbrennungsmotoren noch eher vor dem Aus stehen könnten als bisher angenommen. Bei Modellen wie dem VW Polo gilt es als unwahrscheinlich, dass es kostendeckend mit einem Verbrennungsmotor herstellbar ist. Die Verzögerungen bei Trinity könnte dafür sorgen, dass dann im Stammwerk in Wolfsburg schon Verbrenner-Kapazitäten für E-Autos frei werden und somit der Neubau in Warmenau überflüssig werden könnte. Die Umstellung der Produktion im Stammwerk gilt allerdings als hochkomplex – hier verhandeln Blume und Schäfer mit den entsprechenden Abteilungen in den Werken. Der Entfall des Verbrenner-Polos heißt nicht, dass dessen Name verschwindet – als Elektromodell dürfte auch er wieder auferstehen.

Neuer E-Golf mit Golf 7 als Vorbild

Der für 2026 avisierte elektrische Tiguan soll aus Wolfsburg kommen und eine Reichweite von zirka 700 Kilometer haben. Auch die Kritik am ID.3 nimmt VW ernst – schon 2023 steht eine umfangreiche Überarbeitung an, die den ID.3 vor allem im Interieur bei Anmutung und Qualitätseindruck wieder auf das gewohnte VW-Niveau heben soll. Außerdem sind größere Bildschirme geplant und natürlich eine endlich performante Software.

Der ID.2 bekommt ein vollkommen neues Design – und soll trotzdem 2025 auf den Markt kommen. Den Golf könnte es ebenfalls als Elektroauto geben. Die Qualität und das Alleskönnertum des legendären Kompaktwagens möchte VW in die Elektromobilität retten. Bezeichnenderweise gilt hierbei nicht der aktuelle Golf 8 als Vorbild, sondern dessen Vorgänger aus der Generation 7. Außerdem nimmt sich VW der massiven Kritik an den Bediensystemen an. So soll es wieder Lenkräder mit Bedientasten geben – als Erstes für den kommenden Passat und den Tiguan.

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Zudem möchte die FAZ erfahren haben, dass vielen VW-Verantwortlichen auch das 2019 erneuerte VW-Logo nicht gefällt. Es gilt als dröge, kontur- und schmucklos. Auch hier könnte es kurzfristig eine deutliche Änderung zurück zu mehr Prägnanz und Pracht geben.  © auto motor und sport

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