Die Autos werden immer schwerer, die Gewinne immer kleiner. Die Spirale bei Mercedes dreht sich in die falsche Richtung. Aber wie im wahren Leben könnte es Jahre dauern, bis die überflüssigen Pfunde weg sind.
2.526 Kilogramm – darauf beläuft sich das Gewicht des Mercedes EQE SUV 350 4matic im aktuellen auto motor und sport-Vergleichstest gegen BMW i5 xDrive40 und VW ID.7 GTX. Der Kilopreis des 129.990 Euro teuren Testwagen liegt dabei mit 51,46 Euro auf dem Niveau eines sehr guten Stücks Fleisch aus dem Fachhandel.
In China will keiner die EQ-Modelle
Darüber könnte man schmunzeln, wenn es nicht so traurig wäre: Denn mit Autos, die zu groß und zu schwer sind, entwickelt Mercedes am Markt vorbei: Das Konzernergebnis ist im vergangenen Jahr um 28 Prozent auf 10,4 Milliarden Euro gesunken. Vor allem, weil der Absatz in Europa rückläufig ist und in China deutlich weniger Autos verkauft werden als in der Vergangenheit. Im Monat Oktober 2024 ist in der Volksrepublik mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern kein einziger EQE nachgefragt worden. Die Zahl der Verkäufe belief sich auf NULL. Schwacher Trost: Im Juli waren es neun Einheiten, im August zwei und im September sieben. Trotz Rabatten von über 40 Prozent konnten hier nur 291 Einheiten abgesetzt werden.
Ola Källenius will als Konsequenz auf den Gewinneinbruch nun schlanker, schneller und stärker werden. Gemeint sind allerdings nicht die Autos. Es geht um Produktion, Entwicklung und Belegschaft. Es stehen keine Werksschließungen an, aber Produktionskapazitäten gehen nach Ungarn. Die Motoren für den Nachfolger des CLA (siehe Bildergalerie), so er nicht elektrisch betrieben ist, kommen aus China – von Partner Geely. Für ein deutsches Unternehmen, das sein Geld weitgehend mit Benzinern und Dieseln macht, ein überaus kurioser Umstand. Besonders für eine Marke, die sich – seitdem Luxus ein Unwort geworden ist – zumindest als Premiumhersteller positioniert.
Kann Mercedes noch gute Autos bauen?
Ja – und zwar sehr gute. Ein EQS beispielsweise führt als 580 4matic die auto motor und sport-Bestenliste der getesteten Autos an, gefolgt vom E 400 e 4matic. Nicht zu vergessen die Mercedes G-Klasse als Ikone der Marke. Der neue CLA wird in der E-Version hohe Reichweiten mitbringen, schnell laden können und eine ganz neue digitale Fahrzeugarchitektur bieten. Aber trifft das die Herzen der Kunden?

Das, was sich für die nächsten Jahre in der Pipeline befindet, ist (zu) groß, (zu) schwer und (zu) teuer. Und diese Spirale muss Ola Källenius durchbrechen. Mit der Vision EQXX hat die Marke schon 2022 gezeigt, dass sie luftwiderstandsarme Autos (cW-Wert 0,17) auf einer Länge von 4.975 Millimetern und einem Leergewicht von 1.755 Kilogramm bauen kann. Dass sie genau weiß, wie man sparsam mit Ressourcen umgeht – gemäß der Gottlieb Daimler-Maxime "Das Beste oder nichts". Mutig wäre, solche Autos auf die Straße zu bringen, denn dann wäre Mercedes wirklich schlanker, schneller und stärker als die Konkurrenz. © auto motor und sport