Mit dem Verkauf des Holden-Testzentrums an Vinfast starb ein Stück australischer Auto-Identität. Jetzt verkaufen die Vietnamesen das Lang Lang Testing Centre schon wieder – wohl mit großem Verlust.

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Sollten Sie den dringenden Wunsch verspüren, Ihr eigenes Auto-Testgelände zu besitzen, bietet sich jetzt die perfekte Gelegenheit – allerdings wohl nicht mehr lange: Das Lang Lang Testing Centre steht zum Verkauf. Etwas problematisch könnte allerdings dessen Lage sein: Das Areal befindet sich in Australien. Genauer: im Bundesstaat Victoria, etwa eine Autostunde südöstlich der Metropole Melbourne. Und es ist durchaus ungewöhnlich, dass das Testzentrum derzeit zum Verkauf steht; der letzte Besitzerwechsel ist nämlich noch nicht lange her.

Video: Vinfast VF5, VF6, VF7, VF8 und VF9

Erst Anfang September 2020 bestätigte Vinfast den Kauf des Lang Lang Testing Centre in Australien. Der vietnamesische Autohersteller eröffnete nur kurz zuvor, im Dezember 2019, ein Design- und Entwicklungszentrum in Melbourne; ein nahegelegenes Testgelände bietet da natürlich logistische Vorteile. Doch auch das Design- und Entwicklungszentrum ist bereits wieder Geschichte: Mit Verweis auf die Corona-Pandemie schloss Vinfast seinen australischen Standort im Mai 2021 bereits wieder und verlagerte die dortigen Aktivitäten zurück nach Vietnam. Damit wurde auch das Lang Lang Testing Centre überflüssig.

Weiterverkauf mit großem Verlust

Vinfast kaufte das Gelände 2020 für geschätzte 36 Millionen australische Dollar, aktuell umgerechnet gut 21,6 Millionen Euro. Der australischen Medienberichten zufolge nun gefundene potenzielle Käufer, dessen Identität allerdings bislang nicht bekannt ist, wird aber wohl nur etwas mehr als 25 Millionen Dollar (etwa 15 Millionen Euro) dafür bezahlen.

Mit dem Verkauf an Vinfast war das Ende der eingestellten Traditionsmarke Holden aus Australien und Neuseeland besiegelt; der Kontinent verlor damit ein großes Stück seiner automobilen Identität. Das 1957 eröffnete australische Testgebiet gilt als Geburtsort jedes Holden, der in den vergangenen 60 Jahren in Australien vom Band lief. Das Testareal war zuvor ganz offiziell vom Industrie-Immobilien-Spezialisten CBRE zum Kauf ausgeschrieben worden. Im Vorfeld wickelte dieses Unternehmen bereits die Verkäufe der ehemaligen Holden-Produktionsstätten in Elizabeth und Port Melbourne ab. Erst im Jahr 2018 investierte Holden 15,9 Millionen australische Dollar (nach heutigem Kurs knapp zehn Millionen Euro) in die Modernisierung der Anlage.

Australien-Rückzug trotz Expansionsstrategie

Der Komplex ist 872 Hektar groß, von einem 18 Kilometer langen Grenzzaun umgeben und verfügt über insgesamt 44 Kilometer an reinen Teststrecken. Darunter fallen eine 4,7 Kilometer lange vierspurige Highspeed-Kreisbahn mit einem Durchmesser von 1,5 Kilometern, eine 5,5 Kilometer lange Fahr- und Handlingstrecke, eine 1,8 Kilometer lange Geräuschprüfstrecke und eine Dynamikfläche mit einem Durchmesser von 100 Metern sowie zahlreiche Garagen und Labors. Dazu zählt ein mehrere Millionen teures Emissionslabor, das nach dem Ende der lokalen Fertigung für US-Modelle von General Motors genutzt wurde.

Vinfast teilte im Spätsommer 2020 mit, das Testzentrum dazu zu nutzen, um das technische Know-How Australiens in seine Fahrzeuge einfließen zu lassen und somit die Fahrzeugentwicklung zu beschleunigen. Dafür haben die Vietnamesen seinerzeit auch Ingenieure und andere Mitarbeiter von Holden angeheuert. Trotz ihrer globalen Expansionsstrategie, welche die Marke auch nach Europa bringt, ist das Australien-Kapitel für Vinfast jedoch schneller wieder beendet, als es begonnen hat.

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In der Fotoshow zeigen wir Ihnen die Testgelände weiterer Autobauer sowie Auftragsentwickler und Reifenhersteller. Und im Video nach dem ersten Absatz stellen wir Ihnen das Elektro-SUV-Line-up von Vinfast vor.  © auto motor und sport

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