Nach dem Aus von Carlos Tavares bei Stellantis gibt es von den Marken aus den USA harte Kritik. Tavares soll auch den Hemi-V8 "gekillt" haben. Der könnte jetzt ein Comeback feiern.
Plötzlich ging alles ganz schnell. Während der bereits abgesägte Stellantis-Chef Carlos Tavares gerne noch bis 2026 zum Ablauf seines Vetrags im Amt geblieben wäre, kam am 1. Dezember ziemlich überraschend die Ansage seines Abgangs "mit sofortiger Wirkung". Bis zur Findung eines Nachfolgers übernimmt ein Führungskomitee unter dem Verwaltungsratschef John Elkann die Leitung des Auto-Riesen mit seinen 14 Marken.
Video: 2015 Dodge Challenger SRT Hellcat
Wie sich schon wenige Tage nach dem Aus des Konzernchefs Tavares herausstellte, scheint dieser speziell bei den US-Marken mit seinem Führungsstil einiges Porzellan zerschlagen zu haben. Dafür spricht bereits eine sehr auffällige Personalie: Tim Kuniskis, der sich sechs Monate vor dem Tavares-Aus in den "Ruhestand" verabschiedet hatte, kehrt überraschend als CEO der Marken RAM und Dodge an seine frühere Position zurück. In Europa eher weniger bekannt, wird Kuniskis in den USA als "Godfather" des Hellcat-V8 verehrt, dessen Einführung im Dodge Challenger im Jahr 2015 er maßgeblich verantwortet hat.
Tavares wollte persönlich das V8-Ende
Der über 700 PS starke Hellcat-V8, aber auch der geradezu legendäre Hemi-Achtzylinder-Saugmotor mit 5,7 Liter Hubraum fanden sich bei Modellen der Marken Dodge, RAM und Jeep unter der Haube. Sehr zum Missfallen von Tavares, der dem gesamten Stellantis-Konzern einen grünen Stempel aufdrücken wollte, da passen gewaltige Kompressor-Achtzylinder nicht recht ins Bild. Bislang war deshalb das Jahresende 2024 als Stichtag zur Beerdigung der V8-Legenden bei den US-Marken fest.
Das hat offenbar nicht allen Beteiligten gefallen. In einem Beitrag des US-Senders CNBC melden sich aktuelle und ehemalige US-Führungskräfte zu Wort, die Kritik am inzwischen ehemaligen Konzernchef ist hart. "Arrogant" sei er aufgetreten, so eine anonyme Quelle in dem Beitrag, und das ist noch einer der harmloseren Vorwürfe. "Wenn man den Markt nicht kennt, die Kunden nicht kennt, kann man nicht die richtigen Entscheidungen treffen", ein anderer. Tavares habe außerdem mit seinem Druck, die Verkaufspreise zu erhöhen und die Produktionskosten gleichzeitig zu senken, eine Mitverantwortung für die aktuelle Absatzkrise der amerikanischen Stellantis-Marken.
Zu wenig Rücksicht auf nationale Eigenheiten
Generell wird vor allem kritisiert, dass Tavares das Unternehmen aus Europa und aus europäischer Sicht geführt habe, ohne die Eigenheiten des nordamerikanischen Marktes und seiner Kunden zu beachten. Dazu gehörte auch eine Produktplanung am Markt vorbei, unter der aktuell vor allem die Stellantis-Marken Jeep und RAM leiden. Dort stehen ungeliebte Modellvarianten auf Halde, während stark nachgefragte nicht lieferbar sind.
Bei den traditionell sehr patriotischen US-Marken wird offenbar einiges an atmosphärischen Störungen aufgearbeitet werden müssen. Ganz so radikal wie vom Ur-Enkel des Chrysler-Gründers Walter P. Chrysler, Frank B. Rhodes Jr., muss es ja nicht werden. Der sorgte im Herbst für einiges Aufsehen, als er die Trennung der US-Marken von Stellantis forderte. Für den Anfang wären amerikanische Fans sicher schon damit zufrieden, wenn der Hemi-V8 zurückkehrt. Was inzwischen gar nicht einmal so unwahrscheinlich ist. Denn als Crate-Engine (siehe Bildergalerie) sollen die Ballermänner ohnehin im Programm bleiben, da kann man sie auch gleich wieder selbst in die Autos bauen. © auto motor und sport
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