In der Debatte um den Diesel sind auch drohende Fahrverbote weiter im Spiel. In Stuttgart hatte das dortige Verwaltungsgericht den Weg dafür frei gemacht - das wirft ebenfalls Fragen für Diesel-Fahrer in anderen Städten auf. Was ist nun wichtig zu wissen?
Für Diesel-Fahrer sind derzeit viele Fragen offen. Antworten erhoffen sich viele vom Diesel-Gipfel am Mittwoch, wenn sich Vertreter von Bundesregierung und Autoindustrie treffen. Bereits am Freitag hatte das Stuttgarter Verwaltungsgericht den Weg für Fahrverbote für ältere Dieselautos in Stuttgart frei gemacht. Doch was heißt das konkret für die Diesel-Fahrer? Dürfen sie nicht mehr in die Stadt? Welche Typen sind betroffen? Was bedeutet das für die Autofahrer in anderen Städten? Matthias Knobloch vom ACE Auto Club Europa gibt Einschätzungen auf wichtige Fragen:
Was bedeutet das Urteil von Stuttgart?
"Das Urteil bedeutet konkret, dass das Gericht schnell Taten sehen will und Versprechungen der Autoindustrie 'man könnte...' nicht akzeptiert wird", sagt Knobloch. Kommt es nicht zu anderen Übereinkünften, etwa auf dem Diesel-Gipfel in Berlin, könnten Konsequenzen rasch folgen. Dann wäre laut ACE mit einer gewissen Umsetzungszeit ab 2018 in Stuttgart mit Fahrverboten zu rechnen. Allerdings: "Das Gericht selber legt hier kein Datum fest, sondern fordert eine schnellstmögliche Reduzierung der NOx-Emissionen."
Zwar will das Land das Urteil noch prüfen und dann sehen, welche Schritte einzuleiten sind, sagte ein Sprecher am Freitag. Doch ist davon auszugehen, dass der Streit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig weitergeht.
Welche Dieselautos sind davon betroffen?
Voraussichtlich würden Fahrverbote alle Diesel mit der Abgasnorm Euro-5 und älter betreffen. Ob softwaremäßig nachgerüstete Autos ausgenommen bleiben, dürfte laut Knobloch davon abhängig sein, welche Verbesserungen hier tatsächlich zu erwarten sind. "Hier liegen aber noch keine Erkenntnisse vor", sagt er. "Sollte sich in der Realität herausstellen, dass lediglich zehn Prozent Reduzierung erreicht werden können, wird dies sicher nicht ausreichen."
Was ist mit den modernen Euro-6-Dieseln?
Selbst hier ist noch einiges unklar. Das hat auch mit den Abgastricksereien der Hersteller zu tun. "Sollte ein modernes Dieselfahrzeug im Realbetrieb trotz guter Messwerte deutlich zu hohe NOx-Werte haben, wäre auch theoretisch ein Fahrverbot für solche Fahrzeuge nicht auszuschließen", sagt Knobloch, der das allerdings für unwahrscheinlich hält. Für die Praxis hieße das wohl, dass Euro-6-Fahrzeuge und auch ältere mit Katalysatoren nachgerüstete Diesel vermutlich nicht von Fahrverboten betroffen wären.
Drohen in anderen Städten nun auch Fahrverbote für Diesel?
Das Stuttgarter Urteil hat Signalwirkung und könnte richtungsweisend für andere Urteile werden. Am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig liegt schon ein ähnlicher Fall aus Düsseldorf zur Entscheidung vor. Das Stuttgarter Urteil zeige zumindest die Grundlinie auf, dass Gesundheit Vorrang vor freier Fahrt habe, sagt Knobloch. Allerdings ist in jeder Stadt die Situation individuell anders. "Es geht darum, dass lokal die Grenzwerte eingehalten werden". Das eröffnet anderen Städten grundsätzlich auch andere Lösungen für das Problem. "Klar ist allerdings, dass das Verbot von Dieselfahrzeugen die beste Lösung ist, um die Emissionen schnell zu reduzieren", sagt Knobloch.
Wie lange müssten solche Fahrverbote vorher angekündigt werden?
Ein gesetzliches "Muss" gebe es hier nicht. Der ACE schätzt aber, dass die Städte die Fahrverbote angemessen ankündigen würden. "Da sie im Sinne der Bürger auch Ausweichlösungen beispielsweise einen verbesserten oder vergünstigten öffentlichen Nahverkehr anbieten möchten."
Wie könnten Autos für Fahrverbote gekennzeichnet werden?
Zum einen ist eine entsprechende Plakette denkbar. Ein andere Möglichkeit wäre, über das Autokennzeichen zu gehen. "Zumindest deutsche Autos könnten dann auch über eine automatische Kennzeichenerfassung kontrolliert werden", sagt Knobloch. Eine manuelle Erfassung sei bei der hohen Autoanzahl in der Stadt kaum denkbar. "Ein Steuerungsinstrument wie die 'Blaue Plakette' könnte es aber ermöglichen, dass Fahrverbote nicht in der ganzen Stadt, sondern nur eingeschränkt für bestimmte sehr stark belastete Straßen möglich wären."
Welche Maßnahmen könnten Fahrverbote für Fahrer vom älteren Diesel noch verhindern?
Ziel ist es laut ACE, die NOx-Emissionen möglichst schnell möglichst weit zu senken. Das könnte entweder durch eine schnelle und deutliche Verbesserung bei den Autos selber erfolgen oder durch einen flächendeckenden Umstieg auf andere saubere Verkehrsmittel. Das Stuttgarter Urteil weise laut Knobloch in die Richtung, dass Fahrverbote kurzfristig kaum vermeidbar sind, um die Gesundheit der Menschen in den Städten zu sichern. Ob sich politisch beim Diesel-Gipfel am Mittwoch noch etwas anderes ergeben wird, bleibt abzuwarten und zu hoffen. Allerdings sind auch hier keine kurzfristige Lösungen zu erwarten, die schnell wirksam werden würden.
Sind auch Ausnahmeregelungen von Diesel-Fahrverboten denkbar?
Grundsätzlich kann sich das der ACE etwa für Notärzte und andere wichtige Fahrzeuge vorstellen. Das werde aber sicher sehr streng gehandhabt. "Eine zu weiche Ausnahmeregelung würde dazu führen, dass die Ziele des Verbotes nicht erreicht werden." © dpa
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