Nun ist sie wieder unterwegs, die Youngtimer-Karawane der Rallye Creme21. Rund 230 Fahrzeuge reisen diesmal von Süden nach Norden durch Deutschland. Wir sind wieder dabei.
Und zwar mittendrin. Eigentlich hatten wir einen automobilen Klassiker für die Fahrt mit der Creme21 ausgewählt. Der zeigte sich beim Start unpässlich, also fahren wir mit einem modernen Testwagen mit im Tross. Wir sind in diesem Fall der Fotograf Hardy und ich, sein Fahrer.
Vier Tage, sieben Etappen, weit über 1.000 Kilometer gilt es zu bewältigen, die meisten Kilometer auf Nebenstraßen. Es geht durch Deutschlands Hinterhöfe, da ist man manchmal sogar dankbar dafür, in einem Fast-Neuwagen unterwegs zu sein – mit funktionierender Klimaanlage, eifrig wischenden Wischern und einem Navi, das auch die Straßen kennt, die sonst nur im lokalen Dorf- zu Dorf-Verkehr befahren werden.
Es gibt kein schlechtes Wetter
Beim Start an der Flugwerft Oberschleißheim nördlich von München regnet es, das nasse Wetter begleitet die Kolonne auf dem Weg nach Ingolstadt. Davon lassen sich die Teilnehmer der wohl größten mehrtägigen Youngtimer-Rallye wenig beeindrucken. Mit dem Fotografen am Straßenrand stehen und einen Teil der Karawane vorbeiziehen zu sehen, wird zur Routine.
Das Teilnehmerfeld ist nicht nur bunt lackiert, sondern nicht weniger bunt gemischt. Von der ursprünglichen Youngtimer.-Idee, Autos, die zwischen 1970 und 1990 das deutsche Straßenbild ausmachten, ist wenig übrig geblieben. Einige sind älter, die meisten deutlich jünger. Hier darfst du mitfahren, ganz gleich, ob du einen topgepflegten Porsche 911 SC von 1978 mit Pascha-Sitzen, einen leicht patinierten VW Polo aus den 90ern oder einen Audi TT von 2001 fährst. Schwieriger ist es, einen der begehrten Teilnehmerplätze zu ergattern. Denn auch das ist eine Tradition dieser Rallye, es gibt weniger Plätze als einschreibungswillige Autofans.
Jede Menge Exoten
So stehen wir also nun im Nieselregen, Rallyeautos fahren vorbei, mehrere Mercedes sind darunter, vom seltenen Strich-Acht Bähr Cabrio bis zum ganz normalen W124, der so wirkt, als würde er ansonsten den Alltag zwischen Arbeitsweg, Supermarkt, Fußballverein und Musikschule bewältigen. Einige BMW sind darunter, vom edlen E9 Coupé bis zum fast neuzeitliche E46 Cabrio. Und natürlich jede Menge Exoten, vom Citroen SM über Lotus Elan oder DeLorean DMC bis zum Cadillac deVille.
Ab und zu stockt die Karawane zu Sonderprüfungen – meist auf Wanderparkplätzen oder ähnlich malerischen Orten. Die ursprüngliche Idee der ersten Creme21-Rallyes, nämlich Spuren und Denkmälern der Industriekultur zu folgen, ist ebenfalls fast in Vergessenheit geraten. Aber es stört keinen Teilnehmer. Die Sonderprüfungen erinnern auch oft eher an Kindergeburtstage als an Klassiker-Rallyes, das hat ebenfalls Tradition. Ob es nun gilt, mit Darts auf Luftballons zu werfen, auto motor und sport-Titelseiten den korrekten Jahren zuzuordnen, Comic-Figuren zu erkennen oder aus dem fahrenden Auto auf Slalomstangen zu drücken, alle sind mit mehr oder weniger intensivem Eifer dabei.
Start bei der Audi Tradition
Am zweiten Tag klart das Wetter etwas auf, zwischendurch kommt sogar die Sonne durch, während der Rallyetroß schön aufgelockert von Ingolstadt nach Neckarsulm zieht. Zum Start finden sich die Teilnehmer bei der Audi Tradition statt. Wer noch Zeit übrig hat, kann vor dem Losfahren einen Teil der Fahrzeugsammlung besichtigen. Und in Neckarsulm kommen die Autos vor dem neuen Audi-Forum an. Dazwischen liegen rund 350 Rallye-Kilometer entlang der Altmühl, an Jagst und Kocher – mit vielen kleinen Straßen, engen Ortsdurchfahrten und Dörfern, in denen die Zeit etwas langsamer ablaufen zu scheint.
Auch das gehört zum Charme der Creme21, du bist mitunter allein mit Auto und Beifahrer, rätselst, ob du den richtigen Abzweig im vergleichsweise vage gehaltenen Roadbook genommen hast. Manchmal wartest du einfach, schaust auf Telefon-Navi, wo zur Hölle du jetzt eigentlich bist. Dann kommt vielleicht ein Golf 1-Cabrio und ein Porsche 944 vorbei gedonnert, die Insassen winken dir zu. Du gibst Gas und folgst ihnen. Bis zum nächsten Waldparkplatz. Oder wie gestern bis zum Ziel an der Burg Frankenstein.
Seit 20 Jahren dabei
Hört sich vielleicht unspektakulär an. Aber es macht Spaß. Es gibt Teilnehmer-Teams, die seit 20 Jahren immer wieder kommen. Wie Marita und Michael aus Neuss, die beim nächsten Mal ihre 21. Mitfahrt feiern können. "Es sind die Leute, die Stimmung, das Miteinander, das macht es für uns aus", sagt Michael. "Vielleicht holen wir zum Jubiläum den orangen Fiat 500 wieder raus, mit dem wir beim ersten Mal mitgefahren sind", ergänzt Marita. Der Fiat ist natürlich orange. Wie auch das BMW E30 Cabrio mit sie heute in Richtung Gießen fahren. Wir sehen uns, am Abend in Gießen oder im nächsten Jahr – womöglich in Gera, Glauchau, Greifswald oder Gütersloh. Mal schauen. © auto motor und sport
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