In Frankreich wird demnächst eine interessante Citroën-Sammlung versteigert. Neben den üblichen Klassikern stehen einige Exoten zum Verkauf.

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Auf Fans französischer Autokultur wartet am Samstag (28. September 2024) ein Pflichttermin in der nordfranzösischen Ortschaft Fleury-sur-Andelle. Das Auktionshaus Interencheres versteigert an diesem Tag fast 100 Fahrzeuge der Marke Citroën, die alle aus privatem Besitz stammen und für diese Versteigerung zusammengetragen wurden. Darunter natürlich zahlreiche Angehörige der Klassiker-Baureihen DS und ID, SM sowie 2CV ("Ente") oder aus der Traction-Avant-Serie. Und zahlreiche Modelle aus allen Epochen, die vielleicht nicht im Topzustand angeboten werden, bei denen sich aber vielleicht das ein oder andere Schnäppchen machen lasst.

Video: Fahrbericht

Besondere Aufmerksamkeit verdienen einige Auktionslose, die auf unterschiedliche Weise herausstechen. Seien es ultraseltene Sportmodelle, Exoten mit Wankelmotor, interessante Nutzfahrzeug-Umbauten oder Sehnsuchtsmodelle, welche die markentypische Avantgarde verkörpern und deshalb heute sehr begehrt sind.

1. Citroën BX 4TC – Estimate: 30.000 bis 45.000 Euro

Citroëns Mitwirken in der legendären Gruppe-B-Ära der Rallye-WM ist heute weitgehend vergessen. Kein Wunder: Ein sechster Platz war das beste Ergebnis, das die Franzosen mit ihrem BX 4TC erreichten. Gegen die wilde, harte und brutal leistungsstarke Konkurrenz von Audi, Lancia, Peugeot und Co. war die sonst brave Mittelklasse-Limousine mit ihrem nur gut 300 PS leistenden 2,2-Liter-Turbomotor schlicht chancenlos, zumal die Motorsport-Version auch noch zu schwer war. Und ob die bei der Verwandlung ins Rallyeauto im BX verbliebene Hydropneumatik den Fahrern in den finnischen Wäldern, auf den Serpentinien Korsikas oder auf den Wüstenpisten der Sahara-Rallye geholfen hat, darf stark bezweifelt werden. Nach nur 15 Auftritten zogen sich die frustrierten Franzosen vorzeitig aus der Rallye-WM zurück.

Um überhaupt antreten zu können, mussten sie zuvor ein Homologationsmodell auflegen. 200 Exemplare hätten es dem Reglement zufolge sein müssen – ein Ziel, das Citroën bis zum abrupten Ende der Gruppe B nicht erreichte. Aus Furcht vor einem Imageschaden zerstörte Citroën viele Autos, bevor sie verkauft wurden, oder kaufte sie zurück – um auch diese Charge plattzumachen. Nur etwa 30 Exemplare sollen überlebt haben, was den BX 4TC für die Straße heute zu einem gefragten Sammlerauto macht. Er verfügt über den Turbomotor in einer 200-PS-Spezifikation, ebenfalls Allradantrieb und eine rundum verbreiterte Karosserie. Eine beim angebotenen Auto an mehreren Stellen gerissene Frontschürze, Nebelleuchten, Dekoraufkleber, Heckspoiler und Sportsitze runden den Rallye-Look ab. Trotz über 125.000 Kilometern soll das 1985 gebaute Auto fahrbereit sein; die Hydropneumatik soll ebenfalls funktionieren.

2. Citroën Visa 1000 Pistes 4x4 – Estimate: 30.000 bis 40.000 Euro

Der Visa 1000 Pistes 4x4 war so etwas wie der Vorgänger des BX 4TC. Wer ihn einsetzte, trat ebenfalls in der Gruppe B an, allerdings in einer kleineren Hubraumklasse. Dort war der kleine Franzose durchaus erfolgreich unterwegs; 1983 gewann ein Prototyp sogar die Rallye de 1000 Pistes. Um daraufhin offiziell an Rallye-Wettbewerben teilnehmen zu können, entstanden später 200 gleichnamige Homologationsmodelle für die Straße, für die sich der Hersteller – anders als beim BX 4TC – nicht schämen musste. 112 PS aus einem 1.360-Kubikzentimeter-Motor bei nur 850 Kilogramm Lebendgewicht sowie Allradantrieb versprachen nicht nur im Wettbewerbsmodus Fahrspaß. Das Auktions-Exemplar wurde im Oktober 1985 gebaut, hat nur 4.653 Kilometer auf dem Tacho und befindet sich Interencheres zufolge in einem guten Originalzustand mit etwas Patina.

3. Citroën GS Birotor – Estimate: 12.000 bis 18.000 Euro

Der von 1970 bis 1979 gebaute GS war eine Dauerbrenner-Baureihe bei Citroën. Von der Modellvariante GS Birotor lässt sich das nicht gerade behaupten. Die Version mit Zweischeiben-Wankelmotor – eine Weiterentwicklung des NSU-Ro80-Motors – entstand gerade einmal von September 1973 bis Oktober 1975. Obwohl er mit 107 PS deutlich stärker war als der Standard-GS mit Boxermotor, war der Birotor bei der Kundschaft sehr unbeliebt: In gut zwei Jahren Bauzeit entstanden nur 874 Exemplare. Der Misserfolg und das schnelle Ende des Wankel-GS hatten mehrere Gründe: Hier kamen sein großer Durst (wahrlich kein Pro-Argument mitten in der Ölkrise), die NSU-Übernahme durch VW und die Hochzeit von Citroën und Peugeot zusammen. Aus Angst vor hohen Kosten durch Reparatur- und Service-Verpflichtungen kaufte Citroën so viele GS Birotor wie möglich zurück – und verschrottete sie. Deshalb haben nur wenige Autos überlebt; optimistische Schätzungen nennen 270 heute noch existierende Autos.

Eines von ihnen ist das angebotene Auto, das sich seit 1985 ununterbrochen im Besitz des Verkäufers befand und insgesamt 42.179 Kilometer bewegt wurde. Das Auto wurde zwischendurch neu lackiert, zeigt außen und innen einige Alterserscheinungen und muss erst wieder zum Laufen gebracht werden.

4. Citroën CX Citissier Six Roues – Estimate: 10.000 bis 18.000 Euro

Mögen sie heute auch noch so skurril anmuten, waren die dreiachsigen Transporterumbauten auf Citroën-CX-Basis doch ein gewohnter Anblick im Straßenbild der Siebziger- und Achtzigerjahre – nicht nur in Frankreich. Sie wurden seinerzeit vorrangig eingesetzt, um möglichst flott Presseerzeugnisse innerhalb Europas zu transportieren. Als ein solcher Schnelltransporter verbrachte auch dieses von der Firma Tissier umgebaute Exemplar die ersten Jahre seiner Existenz. 1992 wurde es erst zum Back-to-Basics-Camper umgebaut und später der Verrottung überlassen. Wer den extralangen CX mit skurrilem Heckspoiler kauft, muss viel Geld, Zeit sowie Liebe hineinstecken – und ohnehin erst mal den Dieselantrieb zum Arbeiten bringen.

5. Citroën A ZU "Glaçauto" – 10.000 bis 12.000 Euro

Dieser 2CV-Transporter ist quasi das Enten-Pendant zum sechsrädrigen CX. Bei der Interencheres-Auktion lässt sich ein sehr frühes Exemplar ersteigern: Es stammt von 1956 – in diesem Jahr hatte die Firma Glaçauto erst mit ihren 2CV-Lieferwagen-Umbauten begonnen. Im Rahmen einer Restaurierung erhielt das Auto ein verbessertes Fahrgestell, eine überholte Technik, eine neue Lackierung und einen modernisierten Innenraum. Das seltene Modell befindet sich dem Auktionshaus zufolge in einem sehr guten allgemeinen Betriebszustand.

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6. Citroën Mehari – Estimate: 9.000 bis 11.000 Euro

Unter einigen angebotenen Meharis sticht dieses Exemplar heraus. Es weist den besten Zustand der offenherzigen Truppe auf und ist folgerichtig das teuerste Exemplar. Das auf der Dyane basierende Cabrio mit Kunststoffkarosserie ist ein Exemplar aus dem Jahr 1978 und verfügt seit 1987 über nachgerüstete Fondsitze. "Ein gesundes Auto, in sehr gutem Betriebszustand, mit einer Gebrauchspatina, wie man sie liebt", schreibt Interencheres über diesen 33.394 Kilometer gefahrenen Mehari. Von den anderen feilgebotenen Modellgeschwistern lässt sich das nicht gerade behaupten.

7. Citroën HY Pompiers – Estimate: 4.000 bis 6.000 Euro

Der Typ H oder HY ist noch so eine Citroën-Legende, die in Fleury-sur-Andelle in allerlei Darreichungsformen angeboten wird. Besonders cool ist dieses im Originalzustand erhaltene Feuerwehrauto, das noch über die ursprüngliche Leiter, Rundumleuchte und die über der Ladefläche hängende Trage verfügt. Es biete "eine sehr schöne Grundlage für eine Restaurierung. Verschiedene Korrosionsstellen und die Mechanik müssen erneuert werden", schreibt Interencheres in der Fahrzeugbeschreibung. Da scheinen die Franzosen jedoch arg zu untertreiben; vor allem beim Blick ins Interieur bekommt man ein Gefühl davon, wie groß der Restaurierungsaufwand beim Feuerwehr-HY wirklich sein könnte. Dafür scheint der erwartete Auktionspreis eher niedrig angesetzt zu sein.  © auto motor und sport

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