PS fuhr die Modellpflege 2025 der BMW S 1000 R und M 1000 R. Heftige Gefühlsschwankungen inklusive.
BMW spendiert seinen Tausender-Nakedbikes eine Modellüberarbeitung. Die neue Lampenmaske, Euro 5+ und einiger Feinschliff an Elektronik und Ausstattung stellen eine sinnvolle Aufwertung dar. Im Kern bleiben Power-Roadster S 1000 R und Hyper-Naked M 1000 R, was sie immer waren: hoch entwickelt, effizient und arg schnell. Genauer gesagt fürchterlich schnell.
BMW S 1000 R – wie nach Hause kommen
Auf der S 1000 R Platz zu nehmen, das ist wie nach Hause zu kommen. Alles ist im Modelljahr 2025 da, wo man es gewohnt ist und wo es bei einem starken Nakedbike für die Landstraße hingehört: moderate Höhen, Breiten und Tiefen – sportlich, aber nirgends verkrampft, involviert, dennoch nicht nervend.
Motor mit 170 PS
Zündung. Noch ein alter Bekannter. Unter Euro 5+ gibt sich BMWs 999er-Reihenvierzylinder akustisch präsent, zumindest in jenen Drehzahl- und Lastzuständen, die gleich wirken. Knurrig, rau, rotzig, zunächst mechanisch hochfein – bis in der zweiten Drehzahlhälfte derbe Vibrationen das Fahrerlebnis "elektrisieren", der Screamer wirkt exakt so, wie er in Erinnerung war.
Das ist, abgesehen von der auf der Renne echt kribbligen Nicht-Laufkultur, ein Kompliment, denn die Motorsteuerung ist nach wie vor mit das Beste, was der Markt hergibt. Die Charakteristik kraftvoll, die Topend-Power ist beachtlich – oder grausam, wenn man gerade aus der 48-PS-Klasse käme.
Video: Im Video: BMW S 1000 R und M 1000 R (2025)
Kurzer Hub an der Hand hilft
Schon das Vorgängermodell mit nominell 165 PS haben wir regelmäßig mit 170 PS gemessen – die Mehrleistung mag da sein, sie als Kaufgrund zu betrachten, wäre töricht. Der neu applizierte Quickshifter arbeitete in allen Drehzahl- und Lastzuständen perfekt, eine Fehlbedienung ist ausgeschlossen. Den M-Kurzhubgasgriff haben wir in Cartagena als sinnvoll empfunden, die Präzision in der Motorsteuerung stellt, zumal zahmere Fahrmodi da wären, mit kürzerem Drehwinkel vollends zufrieden.
Elektronik an allen Ecken
Sonst? Bestimmt die Elektronik das Erleben. Anfänger wählen für den Track "Dynamic", das ist bei Trockenheit bombensicher, für Nicht-Anfänger kommt nur der (immer noch bombensichere, aber schärfere) "Dynamic Pro" in Frage. Empfehlung: Die Wheelie-Kontrolle ganz deaktivieren, denn sie regelt schon bei den 170 PS der S nicht selten – dabei aber höchst feinfühlig – Leistung weg.
Wie auch das semi-aktive Fahrwerk (versuch mal, eine Test-BMW ohne DDC zu bekommen …) ist diese Elektronik für das Straßenfahren brillant appliziert und für gelegentliche Trackday-Ausflüge geeignet – vor allem das gute ABS ist hier hervorzuheben. Wer jedoch noch mehr Rennstrecken-Performance will, aber partout kein Sportmotorrad, müsste eigentlich seine Wünsche hinterfragen – oder halt zur M 1000 R greifen.
M 1000 R – Einfach brutal
210 PS, je nach Ausstattung deutlich unter 200 Kilogramm, keinen Hauch Windschutz, ein Hockeyschläger von Lenkstange, Schmiede- oder Carbonräder, Bridgestone RS11, vor allem aber eine deutlich straffere Grundabstimmung und die drei sehr weitreichend konfigurierbaren Race-Pro-Fahrmodi: Die BMW M 1000 R ist das Nakedbike für die Rennstrecke – daran ändert sich 2025 nicht das Geringste.
Unterschiede zur S spürbar
Im Ernst: Weltbewegendes im Vergleich zum Vorgängermodell gibt es hier nicht zu berichten, das Wesentliche ist bekannt. Aufschlussreicher ist der direkte Vergleich zur zivilen S: Das serienmäßige E-Fahrwerk der M ist straffer als jenes der S, lässt sich zudem elektronisch straffen (oder, für die Straße, soften), wo die S auf die bekannte Vereinfachung "Normal" und "Sport" setzt.
Das, und sicher die Winglets, lassen die M in schnelleren Passagen wesentlich satter liegen. Wobei sie lange nicht die Stabilität eines Sportmotorrads bietet, denn dazu leitest du, Fahrer als Fähnchen im Wind, fast zwangsläufig Unruhe ins Motorrad.
Überlegene Bremse
Bremsseitig ist die Überlegenheit der M erheblich. Nicht, dass die Basis hier nicht gut aufgestellt wäre, doch wie crisp und fadingfrei der M-Anker agiert, hat noch eine andere Klasse. Richtig erdrückend ist der Vorsprung des M-Modells jedoch in der Elektronik.
Besagte Race-Fahrmodi lassen Traktionskontrolle, Wheelie-Kontrolle, ABS, Motorschleppmoment und DDC freier und viel aggressiver einstellen – hier erst ließe sich das Gripniveau von Rennreifen freischalten, die ehrlicherweise bei dieser Leistung kein Fehler wären. Hier erst mit weitreichender Deregulierung, offenbart die M 1000 R ihre wirkliche Schärfe und Qualität.
Nochmal mehr Elektronik
Selbst wenn weder sie noch die S 1000 R über die neueste Lenkwinkelsensorik der aktuellen Doppel-R-Modelle verfügen, macht dieses Elektronik-Paket das sehr schnelle Fahren, selbst auf arg geschundenen Straßenreifen, gespenstisch sicher. Erst die Entfesselung lässt die 210 PS des Schaltnockenmotors in ihrer Peitschenhiebhaftigkeit erlebbar werden.
Hier ist es die Wheelie-Kontrolle, die, solange sie aktiviert ist, in den unteren Gängen zwar geschickt, aber eben ständig regelt. Ist sie aus, kommt die Leistung. Dann steigt das Vorderrad. Man ist ja einiges gewohnt, aber leck-o-mio, steckt hier Musik drin. Speed-Metal, um genau zu sein.
Heftiges Fahrerlebnis
Wohl dem, der Arme und Nacken hat, das zu benutzen – es hat Gründe, warum Sportmotorräder Windschutz bieten. Dennoch: Das Fahrerlebnis auf einer M 1000 R auf der Rennstrecke gehört zum Heftigsten, was die Motorradwelt gerade so anzubieten hat.
Fazit
Mit dem überschaubaren, aber sinnvollen Modellupdate sind S 1000 R und M 1000 R fit für die nächsten Jahre, sie bleiben im Kern aber die, die wir kennen. Für Landstraßenfahrer stellt die S 1000 R mit dem komfortableren Fahrwerk und der kommoderen Sitzposition sicherlich die sinnvollere Wahl dar, eine Wanderschikane ist die mit 170 PS nun auch nicht. Wer sein Nakedbike für die Rennstrecke kauft, oder einfach das krasseste Überhaupt braucht, muss zur bitterbösen M 1000 R greifen. Abgesehen von recht derben Motorvibrationen im oberen Drehzahlbereich näher sich BMWs extrem potente, dabei leicht fahrbare Tausender der Perfektion an. © Motorrad-Online