Viele Menschen mit Beeinträchtigung, aber hohem Bildungsgrad, finden in Deutschland keinen Job – und das trotz hohen Fachkräftemangels.
Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, hat kritisiert, dass Tausende von Akademikern mit Beeinträchtigungen keine Arbeit bekommen. "Das hat mit Vorurteilen zu tun", sagte er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Wir haben Tausende von Akademikern mit Behinderungen, die keinen Job kriegen in Deutschland." Das könne das Land sich überhaupt nicht mehr leisten.
Menschen mit Beeinträchtigungen sind häufig benachteiligt
"Es gibt keinen Job in Deutschland, ich wüsste wirklich keinen, der nicht durch einen Menschen mit einer schweren Behinderung gut besetzt werden kann, wenn die Voraussetzungen stimmen", sagte Dusel. Laut ihm sind Menschen mit schweren Behinderungen häufiger arbeitslos und auch deutlich länger als Menschen ohne Behinderung.
Diese Schieflage führe auch zu einer ökonomischen Ungleichheit: Dem dritten Teilhabebericht der Bundesregierung über die Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen zufolge kann ein großer Teil der Menschen mit Beeinträchtigung (43 Prozent) kein Geld sparen oder zurücklegen. Bei Menschen ohne Beeinträchtigungen seien es hingegen nur 28 Prozent. Außerdem unterscheide sich das Nettovermögen von Menschen mit Beeinträchtigungen (im Durchschnitt 91.150 Euro) zu dem von Menschen ohne Beeinträchtigungen (im Durchschnitt 118.063 Euro).
"Sicherlich ist es so, dass Familien, in denen behinderte Kinder leben – und das sind dann oftmals alleinerziehende Mütter – ein höheres Armutsrisiko haben", ergänzte Dusel.
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Fachkräftemangel etwas zurückgegangen
Menschen mit Beeinträchtigungen könnten im Kampf gegen den Fachkräftemangel einiges bewirken. Jedoch lässt dieser nach einer KfW-Auswertung erstmals nach. Die schwache Konjunktur in Deutschland bremste den Fachkräftemangel ab. Nur noch 39 Prozent aller Betriebe hätten im Oktober angegeben, in der Ausübung ihrer Geschäfte behindert zu sein, weil sie nicht ausreichend oder ausreichend qualifiziertes Personal bekommen, teilte die staatliche Förderbank KfW auf der Grundlage ihres aktuellen Fachkräftebarometers mit. Besonders betroffen sind Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Architekturbüros, aber auch Gastronomie und Einzelhandel.
"Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit durch Fachkräftemangel behindert sehen, ist durch die Konjunkturabschwächung zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder unter die 40-Prozent-Marke gefallen", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib der Deutschen Presse-Agentur. Wenn sich die Konjunktur erhole, könne das Problem wieder größer werden. Weiterhin gingen viele sogenannte Babyboomer, also die Generation aus den geburtenstarken Jahrgängen bis Mitte der 60er-Jahre, in Rente. Die nachkommenden Jahrgänge seien zahlenmäßig schwächer.
"2025 wird die Zahl der Erwerbstätigen zu schrumpfen beginnen und für den Fachkräftemangel eine neue Phase einläuten", sagte Köhler-Geib. Längerfristig habe der Fachkräftemangel das Potenzial, das Wachstum in Deutschland auf unter ein Prozent zu begrenzen. (dpa/the)
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