Mehr Rentner sind armutsgefährdet, als die Zahlen des Statistischen Bundesamts vermuten lassen. Einem Bericht zufolge haben Pensionäre die Statistik bis jetzt aufgebessert. Zwei Experten haben sich die Zahlen der Gruppe genauer angesehen.
Altersarmut ist ein Thema, das viele beschäftigt. Aktuellen Umfragen zufolge fühlt sich fast jeder dritte Deutsche von ihr bedroht. Wie Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, lag die Armutsgefährdungsquote im Jahr 2017 im ganzen Land bei 15,8 Prozent. Dabei ist jede Person armutsgefährdet, die weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdient.
Vor allem Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern und Arbeitslose sind der Statistik zufolge gefährdet. Im Jahr 2017 waren 16 Prozent der Rentner und Pensionäre armutsgefährdet, damit liegt die Gruppe im Durchschnitt.
Jeder Fünfte Rentner von Armut bedroht
Matthias Birkwald, rentenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, und Gerd Bosbach, Professor für Statistik und empirische Wirtschaftsforschung an der Hochschule Koblenz, sind allerdings der Meinung, dass diese Zahl nicht aussagekräftig ist. Das geht aus einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" hervor.
Rentner werden bei der Statistik nicht einzeln aufgeführt. Pensionäre, das sind ehemalige Beamte, bekämen im Alter allerdings deutlich mehr als die meisten Rentner. Deswegen haben Birkwald und Bosbach die Zahlen für die "Süddeutsche Zeitung" korrigiert. Sie haben die Rentner und Pensionäre separat voneinander betrachtet.
Die Zahlen zeigen: Während in den offiziellen Statistiken 16 Prozent der Rentner und Pensionäre armutsgefährdet sind, sind es bei Rentnern alleine genommen 19,5 Prozent. Damit sei jeder Fünfte von Armut bedroht und müsse mit weniger als 999 Euro auskommen. Bei Paaren seien es weniger als 1.499 Euro.
Bei Pensionären hingegen seien es 0,9 Prozent, also ist unter 100 Personen nicht einmal eine davon armutsgefährdet. Deswegen fordere Birkwald "die Einführung einer echten Erwerbstätigenversicherung nach österreichischem Vorbild, in die Beamtinnen und Beamte, Selbständige, Freiberuflerinnen und Freiberufler und natürlich auch Politikerinnen und Politiker einzahlen."
Grundrente kostet rund fünf Milliarden Euro
Damit die Zahl der armutsgefährdeten Rentner verringert wird, plant Arbeitsminister
Auch Teilzeitarbeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen. Wer dann weniger als 896 Euro Rente hat, bekäme bis zu 447 Euro monatlich dazu. Dies kann rund fünf Milliarden Euro im Jahr kosten.
Seinen Angaben zufolge würden drei bis vier Millionen Menschen von dem Konzept profitieren - davon sind drei Viertel Frauen. Die Union kritisiert seine Pläne, da der tatsächliche Bedarf nicht geprüft werden soll. Wer etwa mit einem Partner zusammenlebt, der eine hohe Rente bekommt, würde trotzdem profitieren. Die Bedürftigkeitsprüfung ist aber im Koalitionsvertrag genannt.
Birkwald geht die Grundrente noch nicht weit genug, Heils Pläne seien "nur ein erster Schritt". Er schlägt eine "solidarische Mindestrente" vor.
Kritik an Hubertus Heils Plänen zur Grundrente
CSU-Chef Markus Söder erklärt, dass der Vorschlag "so nicht umgesetzt werden" könne. Er sei weder finanzierbar noch wirtschaftlich vernünftig. "Die große Koalition wird eine gerechte Grundrente machen, denn so haben es CDU, CSU und SPD vereinbart."
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus ist optimistisch, "dass wir da etwas hinkriegen". Die Union wolle zielgenau den Menschen helfen, die hart gearbeitet hätten und am Ende mit der Grundsicherung auskommen müssten, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag).
Der FDP-Bundestagsabgeordnete und Sozialexperte Johannes Vogel forderte die SPD in dem Zuge auf, die Kritik an ihren Grundrente-Plänen nicht stur abzutun. "Das Ziel der sicheren Verhinderung von Altersarmut ist richtig - aber das konkret vorgeschlagene Modell ist einfach nicht überzeugend", kritisierte er.
Verwendete Quellen:
- Süddeutsche Zeitung: Rentner stärker von Altersarmut betroffen als gedacht
- Statistisches Bundesamt: Armutsgefährdung, Armutsgefährdungsquote
- dpa
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