Die Abfahrt der Herren wird nicht nur ein Spektakel - sondern wohl auch eins der spannendsten Rennen überhaupt. Favoriten gibt es zuhauf. Aber sie alle müssen auf dem Weg zum Titel an einem Lokalmatadoren vorbei.

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Die Zahlen sind beängstigend: Bei 100 Prozent Gefälle oder 45 Grad Neigung stürzen sich die Athleten am Samstag aus dem Starthaus ins Gelände, die Wagemutigen bei der Abfahrt der Herren erwartet der sogenannte Freie Fall. Die Fahrer beschleunigen dann innerhalb von rund sechs Sekunden von Null auf cirka 130 km/h. Ein Irrsinn, aber eben auch: Die Königsdisziplin im Alpin-Bereich.

Es gibt nichts Größeres, als der schnellste Mensch des Ski-Zirkus zu sein. Und der wird nun einmal bei einer Weltmeisterschaft ermittelt. Am Samstag ab 12 Uhr steigt das große Spektakel in St. Moritz und Favoriten auf den Titel gibt es en masse.

Feuz gilt als Topfavorit

Ein Blick auf den bisherigen Saisonverlauf zeigt, wie schwierig es ist, einen klaren Favoriten auszumachen. Fünf Rennen im Weltcup brachten fünf verschiedene Sieger hervor: Kjetil Jansrud, Dominik Paris, Max Franz, Travis Ganong und Hannes Reichelt.

Und in der Liste ist der beständigste Abfahrer und der mit der angeblich besten Form derzeit noch gar nicht dabei. Beat Feuz trägt die Hoffnungen einer ganzen Nation auf seinen Schultern. Im Super-G verhaute der Schweizer seinen Lauf, was den Druck jetzt in seiner Paradedisziplin und vor heimischem Publikum nur noch mehr nach oben schraubt.

Und ob sich der Doppelsieg der Mädels Wendy Holdener und Michelle Gisin in der Superkombi der Damen als Brustlöser auch für die Schweizer Männer eignet, bleibt abzuwarten. Feuz jedenfalls bringt das beste Gesamtpaket mit, ist körperlich topfit, kennt die Strecke und genießt den Heimvorteil.

Aber: Rennen dieser Güteklasse werden nicht unbedingt in den Beinen gewonnen. Sondern im Kopf. Und da haben Drucksituationen schon für die merkwürdigsten Dinge gesorgt.

Norweger? Italiener? Oder die verrückten Kanadier?

Natürlich muss man vor allem die Norweger als Siegkandidaten auf dem Zettel haben. Jansrud und Aleksander Kilde sind immer vorne mit dabei, das haben sie nicht zuletzt im Super-G schon bewiesen. Dort wurden sie aber einigermaßen überraschend von den wilden Hunden aus Kanada in Grund und Boden gefahren.

Erik Guay und Altmeister Manuel Osborne-Paradis zeigten den Europäern, wie man zum richtigen Zeitpunkt das Optimum an Leistung herauskitzelt. Beide hatten das dritte und letzte Training am Freitag ausgelassen und sich schon voll auf den Samstag konzentriert.

Die Italiener sind bärenstark, allen voran Peter Fill und Hahnenkamm-Triumphator Paris. Der war in den letzten beiden Jahren auch im Gesamtweltcup immer vorne mit dabei, keiner hat in den letzten zwölf Monaten mehr Rennen gewonnen (drei). Jetzt hofft Paris nach seiner Silbermedaille von Schladming vor vier Jahren auch bei einem Großereignis auf den ganz großen Wurf.

Die ÖSV-Stars zocken

Davon können die deutschen Starter wohl allenfalls träumen. Auch wenn Andreas Sander im Super-G eine starke Vorstellung hingelegt hat - in der Abfahrt und bei dieser Konkurrenz wäre eine Top-Ten-Platzierung schon richtig gut. Sepp Ferstl und Thomas Dreßen dürften gemäß dem olympischen Motto „Dabei sein ist alles“ ihre Fahrt genießen. Alles andere wäre eine große Überraschung.

Und die Österreicher? Haben sich rechtzeitig zur WM-Saison in den Speed-Disziplinen wieder zurückgemeldet. Franz und Reichelt wollten sich am Freitag nicht in die Karten schauen lassen. Franz schwang im Training auf einer stark verkürzten Strecke eher den Berg runter als dass er aggressiv fuhr und wurde mit 2,44 Sekunden Rückstand lediglich 35.

Reichelt verzichtete ebenso wie der Fünfte vom Super-G Vincent Kriechmayr auf einen Start. Und Olympiasieger Matthias Mayer, der sich erst am Donnerstag im internen Duell mit Romed Baumann durchgesetzt hatte, wusste als 32. ebenfalls nicht zu überzeugen. Aber: Im Training ist noch keiner Weltmeister geworden.

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