In Freiburg führt ein schwerer Fehler des Bochumer Torwarts zu einem Foul, dann zu einem Elfmeter und letztlich zum spielentscheidenden Tor. Der Schlussmann zweifelt die Berechtigung des Strafstoßes jedoch an – und liegt damit daneben. Auch im Spitzenspiel entscheidet der Schiedsrichter in einer wichtigen Situation korrekt.
Die zweite Hälfte des Spiels zwischen dem SC Freiburg und dem VfL Bochum (1:0) hätte für die Gäste kaum schlechter anfangen können: Schon nach wenigen Sekunden scheiterte ihr Torhüter Manuel Riemann im strömenden Regen nach einer weiten Flanke in seinen Strafraum beim Stand von 0:0 beim Versuch, den Ball zu fangen.
Riemann ließ die Kugel durch die Handschuhe rutschen, und als der in der Nähe befindliche Freiburger Roland Sallai sie erobern wollte, hielt ihn Riemann kurzerhand an der Hose fest. Sallai ging zu Boden, der Bochumer Dominique Heintz beförderte den Ball unterdessen aus dem Strafraum. Und Schiedsrichter Marco Fritz ließ weiterspielen.
Doch dabei blieb es nicht, denn Video-Assistent Guido Winkmann meldete sich zu Wort und riet dem Unparteiischen zum On-Field-Review. Anscheinend hatte Fritz den Griff des Bochumer Keepers an die Hose von Sallai gar nicht wahrgenommen.
Der Referee erkannte nach dem Gang zum Monitor völlig zu Recht auf Elfmeter für die Hausherren. Denn auch wenn Sallai theatralisch fiel: Riemanns offensichtliches Halten führte dazu, dass der Freiburger keine Möglichkeit mehr hatte, an den Ball zu kommen – und das auch noch in der Nähe des Tores. Wie Sallai stürzte, ist deshalb nebensächlich. Selbst wenn er auf den Beinen geblieben wäre, hätte ein Foulspiel vorgelegen.
Riemann ist uneinsichtig
Manuel Riemann mochte das allerdings nicht einsehen. Nach dem Spiel gab er auf seiner Instagram-Seite zwar zu, einen Fehler begangen zu haben, als er den Ball fallen ließ. Die Berechtigung des Elfmeterpfiffs stellte er jedoch infrage.
Sallai sei "mit beiden Beinen" abgesprungen und nach vorne gefallen, obwohl er nach hinten gezogen worden sei. Das sei "kein normaler Bewegungsablauf für ein Foulspiel". Riemann findet es "falsch, für so etwas Elfmeter zu geben", mit der Entscheidung sei "ein falsches Zeichen für unseren so tollen Sport" gesetzt worden.
Dabei war es offenkundig, dass der Torhüter versucht hatte, nach seinem kapitalen Fehler das Schlimmste – also ein Gegentor – auch mit unfairen Mitteln abzuwenden. Mit dem Entschluss, das nicht zu erwähnen und stattdessen Gegner und Schiedsrichter zu kritisieren, hat Riemann selbst ein falsches Zeichen gesetzt.
Strafbares Handspiel von Sallai? Kommt darauf an
Die Szene beinhaltete aber noch weiteren Diskussionsstoff. Denn bevor Riemann Sallai festhielt, hatte der Freiburger den Ball mit der Hand berührt. Dieses Handspiel war jedoch erst einmal nicht strafbar: Die Armhaltung war in dieser Situation natürlich, der Spieler vergrößerte seine Körperfläche nicht unnatürlich und war vielmehr erkennbar darauf aus, einen möglichen Zusammenstoß mit Riemann abzufedern.
Der Ball, den der Torwart überraschend nicht festhielt, fiel Sallai von oben auf die Hand, Absicht wird man ihm hier nicht unterstellen können. Damit gab es keinen Grund, das Handspiel zu bestrafen.
Anders hätten die Dinge allerdings gelegen, wenn Sallai den Ball erreicht und gleich danach ein Tor erzielt hätte. Dann wäre das Handspiel doch strafbar gewesen – weil es im unmittelbaren Zusammenhang mit der Torerzielung desselben Spielers gestanden hätte, dem das Handspiel unterlaufen ist.
Das heißt auch: Eine offensichtliche Torchance von Sallai hat Manuel Riemann schon deshalb nicht vereitelt, weil der Freiburger ein gültiges Tor nicht unmittelbar hätte erzielen können.
Überdies hatte Sallai vor dem Foulspiel keine Kontrolle über den Ball, und mit Dominique Heintz war ein Gegner in der Nähe. Das waren ebenfalls Argumente gegen eine Bewertung des Foulspiels als "Notbremse". Marco Fritz beließ es dann auch bei einer Verwarnung.
Was sonst noch wichtig war:
- Im Spitzenspiel zwischen dem FC Bayern München und Borussia Mönchengladbach (1:1) hielt der herausragende Gästetorwart Yann Sommer fast alles, aber in der 34. Minute hatte auch er das Nachsehen, als Sadio Mané nach einem genauen Zuspiel von Thomas Müller ins Tor traf. Den zunächst gegebenen Treffer annullierte Schiedsrichter Daniel Schlager jedoch nach einem Eingriff von VAR Tobias Reichel und dem folgenden On-Field-Review. Denn Leroy Sané war bei Müllers Pass im strafbaren Abseits: Dadurch, dass er eine Ausweichbewegung weg vom Ball unternahm und dabei ins Hohlkreuz gehen musste, um nicht getroffen zu werden, wurde er regeltechnisch eindeutig aktiv. Zudem verdeckte er im entscheidenden Moment die Sichtlinie der gleich neben ihm befindlichen Gegenspieler Nico Elvedi und Ko Itakura zum Ball. Beides beeinflusste die Möglichkeit der beiden Gladbacher, den Ball spielen zu können. Damit war die Entscheidung, das Tor abzuerkennen, richtig.
- Bereits nach vier Minuten gab es in der Begegnung RB Leipzig – VfL Wolfsburg (2:0) einen Handelfmeter für die Gastgeber. Mancher dürfte sich dabei gewundert haben, warum Schiedsrichter Bastian Dankert, der zunächst ein Abseits gegen Leipzig gepfiffen hatte, diese Entscheidung auf einen Hinweis von VAR Daniel Siebert korrigierte, ohne zuvor den Monitor am Spielfeldrand aufgesucht zu haben. Für Aufklärung sorgten zwei Tweets des offiziellen Accounts der DFB-Schiedsrichter. Dankert habe "das strafbare Handspiel durch den Wolfsburger Verteidiger" – gemeint war Maxence Lacroix – "wahrgenommen, aufgrund des Fahnenzeichens seines Assistenten jedoch auf Abseits entschieden", hieß es dort. Bei der Überprüfung habe der VAR dann festgestellt, dass keine strafbare Abseitsposition vorlag. "Die Handspiel-Entscheidung wurde hingegen bestätigt, sodass kein On-Field-Review durch den Schiedsrichter erforderlich war."
- Vor dem Saisonbeginn wurden die Schiedsrichter im bezahlten deutschen Fußball von ihrer sportlichen Leitung angewiesen, gegen Unsportlichkeiten von Spielern und Teamoffiziellen konsequenter vorzugehen als zuletzt. Die Referees setzen diese Direktive bislang gut um. Beispiele von den Partien am Sonntagabend: In der phasenweise hektischen Begegnung des 1. FC Köln gegen den VfB Stuttgart (0:0) verwarnte der ausgezeichnete Unparteiische Harm Osmers den Stuttgarter Trainer Pellegrino Matarazzo in der 57. Minute und verwies ihn eine Viertelstunde später mit Gelb-Rot von der Bank. Der Coach hatte jeweils heftig und außenwirksam gegen Osmers‘ Entscheidungen protestiert. Darüber hinaus wurde der Stuttgarter Enzo Millot in der Nachspielzeit wegen Ballwegschlagens verwarnt. Im spektakulären Spiel Werder Bremen – Eintracht Frankfurt (3:4) zeigte der souveräne und sichere Schiedsrichter Patrick Ittrich dem Frankfurter Kevin Trapp in der 75. Minute die Gelbe Karte wegen Spielverzögerung. Auch den Eintracht-Trainer Oliver Glasner ereilte diese Sanktion in der Nachspielzeit, nachdem er seine Coachingzone verlassen hatte, um zu reklamieren. Es ist gut und richtig, dass die Referees bei solchen Verhaltensweisen klare Grenzen setzen.
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