Manche Hunde besitzen eine Wolfskralle, andere nicht. Warum ist das so und welche Funktion erfüllt die zusätzliche Kralle? In diesem Bericht erfährst Du die Antworten und erhältst Tipps zur optimalen Pflege für dieses Relikt aus der Vergangenheit Deines vierbeinigen Freundes.
Die meisten Fellnasen haben an den Hinterläufen jeweils genau vier Krallen. Insbesondere bei größeren Rassen kommt aber noch eine Extrakralle hinzu: die sogenannte Wolfskralle. Bekannt auch unter den Begriffen "Afterkralle", "Wolfsklaue" oder "Hubertusklaue". Die Wolfskralle liegt an der Innenseite der Hinterläufe der Vierbeiner. Sie ist meistens mit der Haut verwachsen und somit kein selbstständiges Gliedmass. Und obwohl es der Name vermuten lässt, hat die Wolfskralle bei Hunden nichts mit Wölfen zu tun. Denn die großen Verwandte unserer Fellnasen haben diese Extrakralle an den Hinterläufen nicht.
Grundsätzlich kann die Wolfskralle bei allen Hunderassen vorkommen. Am häufigsten findet man sie jedoch bei großen und mittelgroßen Hunderassen. Bernhardiner, Neufundländer, Hütehunde, Leonberger oder auch Mastiffs sind typische Rassen, bei denen die zusätzliche Kralle zu finden ist. Bei alten Hütehunderassen, wie zum Beispiel dem Beauceron ist die Wolfskralle sogar mehrfach ausgelegt, sodass sie als fünfte oder sechste Kralle sichtbar ist. Übrigens: Anders als bei den Hinterläufen bestehen die Vorderläufe bei allen Hunden aus fünf Krallen. Denn die sogenannte Daumenkralle hat jede Fellnase an der Innenseite der Vorderläufe. Aber wozu dient denn jetzt die Wolfskralle eigentlich?
Welche Funktion hat die Wolfskralle?
Die Antwort ist schlicht und einfach: Keine! Ursprünglich, also so vor circa 340 Millionen Jahren hatten alle Wirbeltiere fünf Finger und fünf Zehen — das sogenannte "Fünf-Finger-Prinzip". Da Hunde und Wölfe sich im Laufe der Jahrmillionen zu "Zehentretern" entwickelt haben — das bedeutet, dass sie beim Laufen nicht ihren kompletten Fuß benutzen, sie treten nur eben nur auf ihre Zehen und auf die Vorderballen — benötigten sie den "fünften Finger" nicht mehr.
Die Wolfskralle wurde rudimentär, entwickelte sich zurück und reicht heutzutage nicht mal mehr bis zum Boden. Die Extrakralle hat also keine Funktion, sie ist ein "genetischer Überbleibsel", der dem Vierbeiner weder beim Laufen noch beim Rennen Vor- oder Nachteile bietet.
Im Gegensatz dazu sind wir Menschen übrigens "Sohlentreter". Das heißt, wir rollen beim Laufen den kompletten Fuß ab, von den Zehen bis zur Ferse. Anatomisch gesehen entspricht die Wolfskralle bei der Fellnase unserem großen Zeh.
Warum ist die Pflege der Extrakralle so wichtig?
Auch wenn die Wolfskralle keine Funktion mehr hat, ist ihre Pflege wichtig. Denn insbesondere, wenn die Extrakralle sehr ausgeprägt ist, ist das Risiko einer Verletzung groß. Wird die Kralle zu lang, können beim Rennen über losen Untergrund, beim Streifen durch Wälder und Wiesen oder beim Toben und Spielen schnell Stöcke und Äste hinter der Kralle hängen bleiben. Reißt dann die Kralle ab oder ein, verursacht das bei unseren vierbeinigen Freunden große Schmerzen und starke Blutungen.
Generell gehört "Krallen-Pediküre" zum obligatorischen Pflegeprogramm Deiner Fellnase. Da ja die Wolfskralle nicht den Boden berührt, nutzt sie sich auch nicht ab. Mit einer speziellen, regelmäßig geschärften Krallen-Schere sollte sie — und wenn Du schon dabei bist — auch alle anderen Krallen in regelmäßigen Abständen von sechs bis acht Wochen geschnitten werden. Wird der Rückschnitt versäumt, kann die Extrakralle sichelförmig in die Pfote einwachsen, was Deiner Fellnase dann große Schmerzen bereitet.
Da Hundekrallen im Gegensatz zu unseren Nägeln durchblutet sind, dürfen beim Schneiden keinesfalls Nerven oder Blutbahnen verletzt werden. Manche Nagelscheren haben ein eingebautes Licht, um auch bei schwarzen Nägeln die Ader durchscheinen sehen zu können.
Die Krallen-Spitze sollte daher nur millimeterweise geschnitten werden, dabei stets im rechten Winkel zur Krallen-Achse und niemals schräg. Der Krallen-Schnitt ist beendet, sobald die Blutgefäße sichtbar sind. Wer keine Krallen-Schere nutzen will, kann auch einen Krallenschleifer/Dremel benutzen. Für den Fall, dass Du aus Versehen zu viel abschneidest, habe blutstillendes Puder griffbereit und suche lieber einen Tierarzt auf.
Ist das Entfernen der Extrakralle erlaubt?
Wenn die Wolfskralle keine Funktion hat und sogar ein Verletzungsrisiko darstellt, warum diese dann nicht entfernen? Tatsächlich war die operative Entfernung bis zum 31. Mai 1998 ohne Angabe von Gründen möglich. Erst ab dem 1. Juni 1998 ist es nach § 6 (1) des Deutschen Tierschutzgesetzes verboten, Körperteile von Haustieren "ohne medizinische Indikation gemäß dem Tierschutzgesetz" zu amputieren.
Solange Wolfskrallen keine Beschwerden verursachen, liegen diese "medizinischen Indikationen" nicht vor. Bei Wolfskrallen-Verletzungen, wie Einriss oder Abriss wird es dann zur medizinischen Einzelfallentscheidung. Im Gegensatz dazu erlaubt es das Schweizer Tierschutzgesetz, dass "fachkundige Personen" Welpen im Alter von bis zu vier Tagen die Wolfskrallen an den Hinterläufen entfernen dürfen.
Erste-Hilfe-Maßnahmen bei schweren Verletzungen
Wie wir gesehen haben, ist eine Verletzung der Wolfskralle schnell passiert. Ist diese ein- oder sogar abgerissen und kommt es infolgedessen zu starken Blutungen, sollten die folgenden Erste-Hilfe-Maßnahmen geleistet werden:
- die Fellnase möglichst ruhig halten
- starke Blutungen durch Druckverband stillen
- Pfote vorsichtig reinigen und desinfizieren
- Verletzung mit steriler Wundauflage versorgen und erst danach verbinden
- möglichst selbstklebende Verbände oder Pflaster verwenden
- Vorsicht: Verbände dürfen nicht zu fest anliegen
Ähnlich wie bei uns Menschen solltest Du auch einen Verbandskasten für Deinen tierischen Mitbewohner griffbereit haben. Dieser muss neben Verbandsmaterial und Schere auch Mittel zur Desinfektion und zur Wundreinigung sowie Hundesocken mit Sohle enthalten.
Nach der Erstversorgung, solltest Du einen Tierarzt aufsuchen, da eine unprofessionelle Versorgung solcher Verletzungen für Deinen Vierbeiner schwerwiegende Folgen haben kann. Krallen-Verletzungen können zu Infektionen und Vereiterungen in der Pfote führen und schlimmstenfalls sogar zu einer tödlichen Blutvergiftung. Nur ein Tierarzt kann der Fellnase Schmerzmittel und Antibiotika verabreichen und gegebenenfalls die medizinische Indikation zur Entfernung der Kralle verantworten.
Wolfskralle ist vielfach ein Zuchtmerkmal
Trotz ihrer nicht vorhandenen Funktion ist die Wolfskralle bei einigen Hunderassen ein anerkanntes Zuchtmerkmal. Die"Fédéracion Cynologique International" (FCI) verlangt bei den Rassen Berger de Brie sowie Beauceron sogar eine fünfte Kralle. Die "FCI" ist eine weltweite Organisation, die die Merkmale und Standards von Rassehunden festlegt. Sie sind die Grundlage für Bewertungsrichter auf Shows und Wettkämpfen sowie die Basis für Hundezüchter. Derzeit sind 349 Hunderassen offiziell anerkannt. © Deine Tierwelt
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