Nach einem erschütternden Notruf findet die Polizei in der Ortschaft Weitefeld die Leichen einer dreiköpfigen Familie. Noch immer ist unklar: Wer flüchtete kurz nach dem Verbrechen vom Tatort?

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Das beschauliche Dorf Weitefeld im Westerwald steht unter Schock: In den frühen Sonntagmorgenstunden entdeckt die Polizei in einem Einfamilienhaus drei Leichen. Alle drei Personen sind Opfer einer Gewalttat.

Inzwischen wissen die Ermittler: Es handelt sich um eine dreiköpfige Familie. Die Toten seien ein 47 Jahre alter Mann, eine 44 Jahre alte Frau und ein 16-jähriger Jugendlicher, teilte die Polizei am Sonntagabend mit.

Es deute vieles darauf hin, dass sich die Tat im familiären Umfeld abspielte, hatte es zuvor geheißen. Am Sonntag waren die Straßen am Tatort mit rot-weißem Flatterband abgesperrt und mehrere Spurensicherer der Polizei in weißen Schutzoveralls zu sehen.

Eine Straße rings um den Tatort ist abgesperrt. © picture alliance/dpa/Thomas Frey

Der oder die Täter sind noch nicht gefasst

Am Montag steht die Suche nach dem flüchtigen Täter oder den Tätern im Mittelpunkt. "Die Ermittlungen dauern an, wir können keine Festnahme vermelden", sagte ein Polizeisprecher am frühen Morgen. Es seien sehr viele Hinweise eingegangen, denen die Polizei nun nachgehe.

Die Fahnder suchen seit Sonntag nach dem Täter oder den Tätern, unter anderem mit einem Helikopter über einem angrenzenden Wald. Die Suche werde so lange weitergehen, bis der Täter oder die Täter gefasst sind, hieß es. Das Verbrechen löste in der kleinen Ortschaft im Kreis Altenkirchen große Betroffenheit und Fassungslosigkeit aus.

Eine Person flieht zu Fuß

Für ein Motiv im familiären Umfeld spreche neben dem Einfamilienhaus als Tatort auch die frühe Uhrzeit, erläuterte ein Polizeisprecher. Die Beamten seien gegen 3:45 Uhr am Sonntagmorgen mit einem Notruf informiert worden.

Die Polizei kann nach eigenen Angaben nicht ausschließen, dass ein sterbendes Opfer noch selbst den Hilferuf abgesetzt hat. Es habe eine schreiende Frau angerufen, womöglich die 44-Jährige.

Als die Beamten eintrafen, sei eine Person, wohl ein Mann, zu Fuß vom Tatort geflohen, ergänzte der Sprecher. "Wir können aber nicht ausschließen, dass es im Hintergrund weitere Personen gab." Nach unbestätigten Hinweisen könnten Schuss- oder Stichwaffen bei der Tat eingesetzt worden sein. Der Polizeisprecher wollte sich am Montagmorgen nicht zur Tatwaffe äußern: "Aus ermittlungstaktischen Gründen können wir dazu keine Angaben machen."

Zu den Spekulationen über die Hintergründe der Tat und möglichen Tatwerkzeugen teilte die Polizei am Sonntagabend mit: "Derzeit kursierende Gerüchte, insbesondere was mutmaßliche Täter-Opfer-Beziehungen oder Tatwerkzeuge betrifft, werden von der Polizei nicht bestätigt."

Die Ermittler waren mit sehr vielen Beamten im Örtchen Weitefeld im Kreis Altenkirchen hoch im Norden von Rheinland-Pfalz im Einsatz, darunter auch ein Spezialeinsatzkommando (SEK). Die scheinbare Idylle der Gegend steht an diesem Frühlingstag mit strahlendem Sonnenschein in hartem Kontrast zu der Gewalttat: In den Vorgärten nahe dem Tathaus blühten Forsythien und Obstbäume.

Polizei und Spurensicherung stehen in Weitefeld im Westerwald. © picture alliance/dpa/Thomas Frey

Keine konkrete Gefahr für die Bevölkerung

Für die fast 2.300 Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes gebe es keine konkrete Gefahr. Dennoch bat die Polizei darum, in der Region keine Anhalter mitzunehmen. Die Beamten sperrten Weitefeld ab, an den Ortseingängen wurden Streifenwagen postiert. Jedes Auto, das hinein- oder hinausfahren wollte, wurde kontrolliert. Es waren Polizisten mit Schutzhelmen und Maschinenpistolen zu sehen.

Ein direkter Anwohner berichtete, er habe kurz nach 6:00 Uhr einen Hubschrauber über seiner Straße fliegen sehen. Ein anderer Anwohner sagte, sein Sohn habe sein Auto außerhalb parken und zu Fuß ins Dorf gehen müssen.

Ortsbürgermeister Karl-Heinz Keßler (parteilos) zeigte sich von der Tat tief betroffen. "Das nimmt einen mit. Man kennt ja die Menschen hier im Ort. So eine Tat hätten wir uns nie vorstellen können", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Polizei habe ihn am frühen Morgen gegen 5.00 Uhr gebeten, die lokale Schule für das SEK aufzuschließen. "Seitdem ist die ganze Zeit was los", so der 68-Jährige.

Der Ort sei vollkommen abgeriegelt. "Die Leute aus dem Dorf rufen ja nicht die Polizei an, die rufen mich an und wollen wissen, was los ist", berichtete Keßler. Zunächst waren die Straßen wie leer gefegt, die Bürger von Weitefeld blieben trotz des strahlenden Sonnenscheins in ihren Häusern.

Die Polizei sperrt den Ortseingang von Weitefeld im Westerwald. © picture alliance/dpa/Thomas Frey

Anwohner: "Es ist kaum zu glauben"

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Daaden-Herdorf, Helmut Stühn (parteilos), sagte: "Das ist schrecklich. Ich kann mir vorstellen, dass die schreckliche Tat schon zu einer großen Betroffenheit geführt hat und nicht fassbar ist."

"Es ist kaum zu glauben, es ist furchtbar und schrecklich", sagte ein 43 Jahre alter Dorfbewohner, der am Vormittag mit seinem Hund unterwegs war. Auch er berichtete von einem Hubschrauber in den frühen Morgenstunden. Im Ort herrsche eine Art Ausgangssperre. Das Dorf mit zwei Ortsteilen gilt als älteste Gemeinde im Kreis Altenkirchen, der Ortsname wurde erstmals 848 urkundlich erwähnt. (dpa/bearbeitet von fra und ank)

Teaserbild: © Markus Klümper/dpa