Das Pferd im eigenen Garten – für die meisten Reiter ist es ein Traum. Schließlich dürfen Pferde nicht in Wohngebieten untergebracht werden. Doch in Rheinland-Pfalz gibt es ein "Dorf der Pferde". Dort lebt auch Ana Järke. pferde.de sprach mit ihr über das Wohnen mit Pferd – und warum auch das Paradies nicht für jeden das Richtige ist…
Pferde? "Habe ich schon immer geliebt", sagt Ana Järke lachend. Mit acht Jahren saß sie zum ersten Mal im Sattel, es folgte der Reitunterricht, das kleine Hufeisen. "Alles ganz klassisch", sagt sie. Früh stand für sie auch fest, dass sie beruflich mit Pferden arbeiten will. "Trotzdem wollte ich erst einmal was Vernünftiges lernen."
So studierte sie Rehabilationspädagogik und Psychologie. Und schloss dann gleich eine Ausbildung zur Pferdefachwirtin an der Kölner Pferdeakademie an, ließ sich dazu zur Reitlehrerin und Pferdesportmanagerin ausbilden. 2007 machte Ana Järke sich selbstständig, bot pferdegestützte Intervention an. Ihr Pferd stand damals auf dem Hof der Großeltern. "Das war perfekt für mich", so Järke. Doch dann verliebte sie sich, zog mit ihrem Mann nach Flensburg. "Dort war ich dann die klassische Einstellerin."
Leben mit Pferden – gar nicht so einfach…
Und das hieß: Wollte sie zum Pferd, musste sie erst einmal hinfahren. Dazu galten die Regeln des Stallbesitzers, ihre eigenen Vorstellungen konnte sie nicht umsetzen. "Es war okay, aber eben nicht mehr so perfekt, wie ich es bei meinen Großeltern erlebt hatte." Als ihr Mann dann nach Rheinland-Pfalz versetzt wurde, stand für sie fest: Dort bleiben wir – und wir suchen uns ein Baugrundstück, auf dem auch die drei Pferde leben können. Järke lacht: "In meiner Vorstellung war das ganz einfach."
Doch die Realität sah anders aus. "Wir haben uns rund 50 Grundstücke angesehen – ohne Erfolg. Denn auf normalen Grundstücken ist Pferdehaltung unmöglich." Dann hörte sie von dem Projekt "Wohnen mit Pferd". "Zum Glück hatten sie noch genau ein Grundstück", sagt Järke lachend.
Wohnen mit Pferd: Wohnhaus und Offenstall auf einem Grundstück
Die Idee zum Pferdedorf hatte Jens Rombelsheim, Besitzer des Gestüts Drachenhof in Lonnig bei Koblenz. "Welcher Pferdefreund träumt nicht davon, mit seinen Pferden zusammen in der schönsten Natur zu leben?", fragte er sich 1997. Diesen Traum wollte er möglich machen.
Mit Erfolg. Schon zwei Jahre später entstand der erste Bauabschnitt für Leben das Wohnen mit Pferden, aktuell laufen die Erschließungsarbeiten für den vierten Bauabschnitt. Rund 80 Familien leben heute mit ihren Pferden in Lonnig und Rüber. Und seit 2016 gehören auch Ana Järke und ihre Familie dazu. "Wir haben damals ein Grundstück mit 1.500 Quadratmeter gekauft, konnten ein Haus und den kleinen Offenstall darauf bauen." Mittlerweile haben sie noch mehr Land dazu gekauft. Auf 5.500 Quadratmetern haben sie im letzten Winter einen großen Paddock-Trail angelegt. "So haben unsere Pferde rund 1,5 Kilometer Laufweg", sagt Järke.
So sieht das Leben im Dorf der Pferde aus
Diese natürliche Haltung liegt ihr am Herzen. "Das ist das Gute: Hier kann ich alles selbst gestalten." Ebenso die Versorgung. "Ich mache alles selbst", sagt sie. Unterstützung bekommt sie von ihrer besten Freundin, die ihre beiden Pferde bei ihr mit eingestellt hat. Denn auch wenn es ein Pferdedorf ist – nicht jeder Nachbar hat eigene Pferde. "Pferde sind ein kann, kein muss", so Järke. "Und bei Grundstücken unter 800 Quadratmetern darf kein Pferd am Haus gehalten werden."
Ansonsten ist das "Dorf der Pferde" natürlich auch ganz auf die Tiere eingestellt: Direkt am Wohngebiet liegt der Pferdepark Maifeld mit dem Gestüt Drachenhof. Die zwei Reithallen und zwei Dressurplätze können die Bewohner des Pferdedorfs gegen eine Gebühr nutzen. Dazu bietet der Pferdepark noch viele Serviceleistungen – von der Mistentsorgung über die Stroh- und Heulieferung bis zur Urlaubsvertretung. "Das ist alles sehr komfortabel", sagt Järke.
Im Ehrenamt mit Ponys ins Hospiz
Sie selbst hat auch einen Reitplatz am Haus und eine Gewerbeerlaubnis für ihren Garten. Dort bietet sie mit ihrem "Hufeisenweg" vor allem pferdegestützte Therapie für Kinder und Erwachsene. Dabei wird sie von ihren tierischen Mitarbeitern unterstützt: Isländer Klettur (9), Haflinger Chewbacca (4), Shetty Ernie (15) sowie Mini-Shetty Foxy (12).
Durch ihre Arbeit kam Ana Järke auch zu einer ehrenamtlichen Aufgabe: "Ich hatte einen Klienten, der das Zusammensein mit den Pferden sehr genoss. Leider verschlechterte sich sein Gesundheitszustand schnell und er wurde Gast im Hospiz St. Martin in Koblenz", erinnert sich Järke. "Auf seinen Wunsch hin und in Absprache mit seinen Angehörigen und der Hospizleitung, fuhr ich wenige Tage später mit meinem Pony in die Innenstadt von Koblenz zum Hospiz."
Im Hospiz: Ein Wiedersehen, das unfassbar berührend war
Dort angekommen stellte sie fest, dass sie gut vor der Tür parken konnte. Sie lud ihr Shetty aus, ging zur Tür und fragte, wie sie in den Garten käme. "Die Mitarbeiterin teilte mir allerdings mit, dass mein Klient nicht mehr mobilisiert werden könne und ich somit ins Zimmer müsse", so Järke. "Also bin ich samt Pony durch die elektrischen Türen, über den rutschigen Boden und in das doch recht beengte Zimmer bis direkt ans Bett meines Klienten gegangen."
Das Wiedersehen war "unfassbar berührend". Järke: "Freude zeigte er ganz deutlich und mein Pony, das bis dato noch nie in einem Haus war, war völlig entspannt, ließ sich streicheln und später auch füttern. Zur Freude aller aßen mein Klient und die kleine Shettydame gemeinsam die Möhren." Dieser Besuch war der Start zu ihrer ehrenamtlichen Arbeit mit "Hospizpony". © Pferde.de
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