Ein RTL-Beitrag sorgte für Riesen-Wirbel um Springreiter Ludger Beerbaum, doch am Ende gibt es keine persönlichen Konsequenzen. Alle Verfahren wurden eingestellt. Folgen hat der Vorfall trotzdem. pferde.de verrät, welche das sind.

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Der 59-Jährige hat in seiner Karriere schon viel erlebt – sportliche Höhepunkte und Niederlagen. Doch in den letzten Monaten gab es besonders viel Wirbel um Beerbaum. Denn dem Springreiter wurde Tierquälerei vorgeworfen. Auslöser war ein Video, das unerlaubte Trainingsmethoden zeigen sollte. Genauer: Beerbaum soll seine Pferde am Sprungbarren – so die Aussage einer Insiderin, die das Material an RTL gab. Der Sender strahlte die Szenen aus.

Zu sehen ist ein Springreiter (angeblich Beerbaum), der sich mit seinem Pferd einem Hindernis nähert. Ein anderer Mann, der Beerbaums Mitarbeiter sein soll, schlägt während des Sprungs mit einer Stange an die Vorderbeine des Pferdes. Der Aufschrei war riesig, Staatsanwaltschaft und die "Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN)" ermittelten. Denn das Barren ist verboten. Nur: Erlaubt war das sogenannte Touchieren. – Und genau darauf berief sich Beerbaum.

Nach 14 Monaten entschied jetzt auch die "FN"

Mit Erfolg: Im Oktober 2022 stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Die Begründung: "Unabhängig von der Frage, ob es sich bei dem Reiter auf der Filmsequenz überhaupt um den Beschuldigten handelt beziehungsweise der Beschuldigte die vorgeworfene Methode veranlasst oder hiervon Kenntnis gehabt hat, lässt sich nach den durchgeführten Ermittlungen nicht nachweisen, dass dem betroffenen Pferd durch den Kontakt mit der Stange – wie es die Strafvorschrift voraussetzt – ,erhebliche‘ Schmerzen oder Leiden zugefügt worden sind."

Doch damit war das Thema für Beerbaum noch nicht beendet, denn die Disziplinarkommission der "FN" arbeitete weiter. Dabei ließ sie sich Zeit: Erst jetzt, 14 Monate nachdem die "FN" das Videomaterial vorliegen hatte, fiel die Entscheidung. Danach wurde das Verfahren eingestellt: "Es liegt kein Nachweis dafür vor, dass dem Pferd in der Videosequenz, die dem Verfahren zugrunde lag, erhebliche Schmerzen zugefügt wurden", so die "FN".

Touchieren ist auch in Deutschland verboten.
Touchieren ist auch in Deutschland verboten. © Foto: Adobe Stock/Azaliya (Elya Vatel) (Symbolfoto)

Schwieriger Fall: "FN" stellt das Verfahren ein

Der "FN" wurden zwar mehrere Videosequenzen vorgelegt. Aber nur eine einzige Sequenz wurde zum Gegenstand des Verfahrens. In den übrigen Sequenzen waren entweder die handelnden Personen nicht zu identifizieren oder es ergab sich aus dem gefilmten Verhalten kein Anfangsverdacht für eine Verletzung der Leistungsprüfungsordnung (LPO), so die "FN".

"Hier handelte es sich um einen rechtlich sehr schwierigen Fall. Es ging allein darum, ob sich aus der Videosequenz eine Verletzung der Leistungsprüfungsordnung (LPO) ergibt und nicht darum, ob die inzwischen verbotene Methode des Touchierens so angewendet wurde, wie sie in den Richtlinien beschrieben war. Diese Frage zu beantworten, hat sich die Disziplinarkommission nicht leicht gemacht", betonte "FN"-Justitiarin Constanze Winter.

Für Beerbaum kam die Nachricht zur rechten Zeit. Denn er liegt nach einem Sturz im Rahmen des Auftakts der diesjährigen Global Champions Tour in Doha gerade im Krankenhaus. Diagnose: Bruch am Oberschenkel. Aus der Klinik schickte er gut gelaunt Grüße. Außerdem nahm er auch zu der "FN"-Entscheidung Stellung: "Ich werte dies als einen klaren Freispruch. Das ganze Verfahren hat viel zu lange gedauert und diese Entscheidung war absehbar."

Touchieren auch in Deutschland verboten

Auch wenn die Akten damit für Beerbaum geschlossen sind – ohne Folgen blieb der Vorfall nicht. Denn mittlerweile hat die "FN" auch das Touchieren als Trainingsmethode verboten. Mit dieser Entscheidung tat sich die "Deutsche Reiterliche Vereinigung" schwer. "Die fachgerechte Anwendung des Touchierens am Sprung im Sinne der Richtlinien ist nach Auffassung der "FN" nach wie vor nicht tierschutzrelevant", so die "FN". Warum das Touchieren trotzdem verboten wurde?

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– Weil das Touchieren so schwierig ist, dass selbst Profis Probleme damit haben: "Für die handelnden Akteure ist es aber sehr schwierig, das Touchieren am Sprung exakt so durchzuführen, wie es laut Richtlinien gemacht werden soll", sagt "FN"-Ausbildungsleiter Thies Kaspareit. "Die Möglichkeit, dass beim Touchieren am Sprung Fehler gemacht werden, besteht. Es gibt bei dieser Methode fast keine Fehlertoleranz. Kleine Abweichungen können negative Folgen für das Pferd haben", der Ausbildungsleiter weiter. Damit zog die "FN" die gleichen Konsequenzen wie der "Weltreiterverband". Der hatte nämlich bereits klar entschieden und laut seinem Regelwerk sowohl Barren als auch das Touchieren am Sprung verboten.  © Pferde.de

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