Wer ein Pferd kaufen möchte, sollte vor der Vertragsunterzeichnung eine Ankaufsuntersuchung machen lassen. Das kostet zwar zusätzlich, soll aber vor bösen Überraschungen schützen. Hier die wichtigsten Fakten zum Pferde-TÜV.
Manchmal ist die Suche nach dem eigenen Pferd wie eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Doch dann endlich stimmt alles: Das Probereiten war toll, der Charakter gefällt Dir, kurz: Du hast Dein Traumpferd gefunden. Dann bleibt eigentlich nur noch eine Hürde: die Ankaufsuntersuchung, kurz AKU.
Und auf die solltest Du nicht verzichten. Denn sie klärt, ob Dein zukünftiger Partner auf vier Hufen wirklich so fit ist, wie Du glaubst. Früher wurde dieser Pferde-TÜV meist nur bei hochpreisigen Sportpferden gemacht. Doch auch wenn Du einen Freizeitpartner möchtest, macht die Untersuchung Sinn. Aber was gehört zu einer Ankaufsuntersuchung? Und was kostet sie? Hier die wichtigsten Fakten:
1. Ankaufsuntersuchung – Sicherheit, aber keine Garantie
Die AKU wird auch als Pferde-TÜV bezeichnet. Heißt: Das Pferd bekommt den "Stempel", ob es die Untersuchung bestanden hat. Und wie beim TÜV hat auch die Ankaufsuntersuchung feste Regeln und Inhalte, die zur Untersuchung gehören. Dabei kannst Du als Käufer aber auch spezielle Wünsche äußern, zum Beispiel mehr Untersuchungen oder nur bestimmte Untersuchungen beauftragen. Das Ergebnis der Untersuchung mit tiermedizinischen Befunden sowie einer Zusammenfassung wird dann in einem Untersuchungsprotokoll festgehalten. Dieses Protokoll bekommt der Auftraggeber.
Dass eine Ankaufsuntersuchung sinnvoll ist, zeigte eine Studie aus England. Das Forscher-Team, darunter Dr. David Bolt, leitender Dozent für Pferdechirurgie am Royal Veterinary College in London, analysierte 133 Ankaufsuntersuchungs-Protokolle einer gemischten Pferdepopulation (ohne Rennpferde) von drei renommierten Pferdepraxen in England. Ergebnis: 57,1 Prozent der untersuchten Pferde hatten nachteilige Befunde, der häufigste Befund war Lahmheit (55,3 Prozent).
2. Ankaufsuntersuchung oder Verkaufsuntersuchung?
Grundsätzlich steckt hinter beiden Begriffen jeweils die Untersuchung des Pferdes vor dem Verkauf. Der Unterschied: Bei der Ankaufsuntersuchung gibt der Ankäufer die Untersuchung in Auftrag, bei der Verkaufsuntersuchung gibt der Verkäufer sie in Auftrag. Einige potentielle Käufer wollen lieber ihren eigenen Tierarzt aufs Pferd gucken lassen, weil sie ihm beziehungsweise ihr voll vertrauen.
Wenn Du Dich gegen den "Haustierarzt" entscheidest, solltest Du mit dem Verkäufer besprechen, dass er seinen Tierarzt von der Schweigepflicht entbindet. So kann Dein Tierarzt von dem Kollegen die notwendigen Informationen einholen.
3. Was kostet eine AKU fürs Pferd?
Grundsätzlich gilt: Wer sie in Auftrag gibt, zahlt sie auch. Dabei können die Kosten für eine Ankaufsuntersuchung je nach Pferd extrem variieren. Je nach Kaufpreis des Pferdes und abhängig davon, was untersucht werden soll, können die Kosten zwischen 200 bis 2.000 Euro liegen.
Übrigens: Oft werden zwischen Käufer und Verkäufer individuelle Absprachen getroffen. Eine Möglichkeit: Der Käufer zahlt, wenn das Untersuchungsergebnis ohne Befund ist. Liegt dagegen ein Befund vor, zahlt der Verkäufer.
4. Kleine AKU – die Grundlage
Bei der Ankaufsuntersuchung wird zwischen kleiner und großer AKU unterschieden. Die kleine Variante beinhaltet dabei klinische Untersuchungen, bei der großen AKU kommen Röntgenaufnahmen hinzu sowie gegebenenfalls Endoskopie, Ultraschall und weitere Untersuchungsmethoden.
Bei der kleinen Ankaufsuntersuchung wird zuerst die Identität des Pferdes festgestellt. Danach wird der Allgemeinzustand überprüft. Es folgen:
- Abhören von Herz und Lunge
- Kontrolle von Haut und Fell
- Messen von Temperatur, Atemfrequenz und Puls
- Untersuchung des Nervensystems, der Augen, des Atmungssystems und des Kots
- Abtasten von Beinen und Rücken
Anschließend muss das Pferd auf gerader Strecke und in einer engen Wendung vorgetrabt werden. Die Beine werden zum Abschluss noch einzeln gebeugt. Bei dieser Untersuchung und der Beugeprobe zeigt sich, ob das Pferd schmerzfrei läuft.
5. Große AKU – der Röntgenblick
Bei der großen Ankaufsuntersuchung wird das Pferd zusätzlich noch geröntgt. Üblich sind dabei 18 Röntgenaufnahmen, unter anderem von Huf und Fessel, Sprunggelenken und Knie. Bei diesem Standardsatz an Röntgenbildern können vor allem Spat, Hufrollen-Veränderungen, zystoide Defekte und "Chips" (OCD) erkannt werden. Hinzu kommen bei der großen AKU gegebenenfalls weitere Untersuchungen, zum Beispiel mittels Endoskopie oder Ultraschall.
6. Extras bei der Ankaufsuntersuchung
Pferdekauf ist Vertrauenssache. Trotzdem gilt leider: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Das heißt: Sowohl zur kleinen, als auch zur großen Ankaufsuntersuchung solltest Du auch eine Blutprobe in Auftrag geben. Diese kann der Arzt auf Schmerzmittel und andere Medikamente untersuchen, und sie wird oft für sechs Monate eingelagert.
Weitere zusätzliche Untersuchungen sind zum Beispiel Samenproben bei einem Hengst, Ultraschall-Untersuchungen, endoskopische Untersuchungen sowie eine Untersuchung auf Kehlkopfpfeifen. Ist das Pferd im Rücken empfindlich, können die Dornfortsätze geröntgt werden. So kann zum Beispiel eine Neigung zu Kissing Spines erkannt werden. Ebenfalls sinnvoll ist ein Check der Halswirbelsäule auf mögliche Facettengelenksarthrose.
7. Röntgenklassen? Gibt es nicht mehr
Früher wurden die Pferde nach der großen AKU einer Röntgenklasse zugeordnet – von Klasse I (ideal, also ohne besonderen Befund) bis Klasse IV (Risikozustand, also Befunde, die erheblich von der Norm abweichen). Dazu gab es noch Zwischenklassen. Doch diese Röntgenklassen waren umstritten, weil Befunde von Ärzten unterschiedlich interpretiert wurden und so manchmal aus einem Idealpferd plötzlich ein Risikofall wurde. 2018 wurden sie dann abgeschafft, seitdem gilt der Röntgenleitfaden der "Gesellschaft für Pferdemedizin" (GPM).
Statt der Klassen gibt es jetzt Befunde. Danach werden Röntgenbilder, die eine normale Anatomie oder anatomische Varianten ohne funktionelle Bedeutung haben, als "o.b.B." eingetragen – ohne besonderen Befund. Alle Befunde, die davon abweichen, werden eingetragen – auch Risikobefunde. © Pferde.de
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