Anders als in Beiträgen in sozialen Netzwerken behauptet, sollten Wählerinnen und Wähler ihren Stimmzettel bei der EU-Wahl nicht unterschreiben – denn das macht die Stimme ungültig. Warum? Das erklärt die Bundeswahlleiterin.
In wenigen Wochen findet die EU-Wahl statt. Erstmals können in Deutschland auch 16-Jährige ihre Stimme abgeben. Passend dazu tauchen in sozialen Netzwerken Tipps zur Wahl auf – aber Vorsicht, nicht alle davon stimmen.
"Bitte dran denken: Wahlzettel unterschreiben", heißt es in Kommentaren auf X. Darunter ein Sharepic mit den Worten "Wahlbetrug verhindern" und das AfD-Logo. Ähnliche Beiträge kursieren auf Facebook.
Das stimmt nicht. Wer auf seinem Wahl- beziehungsweise Stimmzettel unterschreibt, macht damit seine Wahl ungültig.
Bundeswahlleiterin: Unterschrift gefährdet Wahlgeheimnis
Allgemein gilt: Jeder Stimmzettel, der "einen Zusatz oder Vorbehalt enthält", ist ungültig. So steht es im Bundeswahlgesetz § 39. Die Bundeswahlleiterin führt auf der Webseite aus: "Rechtlich relevant sind in jedem Fall solche Beifügungen, die das Wahlgeheimnis gefährden oder den ordnungsgemäßen Wahlablauf stören können. [...] neben der Kennzeichnung, Erläuterungen zu den Gründen der Stimmabgabe, Meinungs- oder Gefühlsäußerungen bezogen auf die Wahl, Hinweise auf die Wählerin oder den Wähler."
Das Büro der Bundeswahlleiterin bestätigt auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck: "Der Stimmzettel darf nicht unterschrieben werden. Durch das Unterschreiben des Stimmzettels durch die Wählerin oder den Wähler wird das Wahlgeheimnis gefährdet. Dies führt zur Ungültigkeit des gesamten Stimmzettels."
Davon zu unterscheiden ist der Wahlschein, der Berechtigungsnachweis zum Wählen. Darauf befindet sich bei der Briefwahl eine eidesstattliche Erklärung, die tatsächlich unterschrieben werden muss – das gilt auch bei der EU-Wahl. "Mit dieser Unterschrift versichert man, den Stimmzettel persönlich ausgefüllt zu haben", erklärt Jeanette Reusch-Mlynarik, Referentin bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg auf Nachfrage.
Zur Unterschrift wird auf dem Wahlschein auch explizit aufgerufen (siehe in dem Musterbeispiel einer anderen Wahl rechts) – anders als auf dem Stimmzettel.
Falschmeldungen zur EU-Wahl
Der angebliche "Wahltipp" zur Unterschrift auf den Wahlzetteln kursiert häufig vor Wahlen – oft richtete er sich an AfD-Wählerinnen und -wähler, wohl um sie in die Irre zu führen. Die URL auf einem der Sharepics mit dem AfD-Logo führt auch gar nicht zur offiziellen Webseite. Es finden sich keine Hinweise, dass die AfD ein solches Sharepic auf einem ihrer offiziellen Kanäle veröffentlicht hat. Auf eine Anfrage antwortete die AfD bis zur Veröffentlichung nicht.
Schon bei der Europawahl 2019 kursierten Fakes zum Wahlvorgang. So hieß es, ein zu großes Kreuz mache die Stimme ungültig oder dass die Grünen dazu aufgerufen hätten, den Namen auf dem Stimmzettel zu notieren.
Verwendete Quellen
- bundestag.de: Wahlalter bei Europawahl auf 16 Jahre abgesenkt
- evernote.com: Screenshot Beitrag zur Unterschrift des Stimmzettels
- gesetze-im-internet.de: Bundeswahlgesetz § 39 Ungültige Stimmen, Zurückweisung von Wahlbriefen, Auslegungsregeln
- bundeswahlleiterin.de: Ungültiger Stimmzettel
- bundeswahlleiterin.de: Wahlschein
- bundeswahlleiterin.de: Briefwahl
- correctiv.org: Nein, die AfD ruft nicht dazu auf, Stimmzettel zu unterschreiben
- correctiv.org: Landtagswahl in NRW: Nein, man darf Wahlzettel nicht unterschreiben – das macht die Stimme ungültig
- correctiv.org: Desinformation vor der EU-Wahl? Übersicht über Fakes und Faktenchecks
- correctiv.org: EU-Wahl: Nein, ein zu großes Kreuz macht die Stimme nicht ungültig
- correctiv.org: Nein, die Grünen haben nicht dazu aufgerufen, den Namen auf dem Stimmzettel zu notieren
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