Washington - Der umstrittene Wunschkandidat des designierten US-Präsidenten Donald Trump für das Amt des Verteidigungsministers gerät angesichts schwerwiegender Vorwürfe immer stärker in Bedrängnis. Der Fernsehmoderator Pete Hegseth ging am Mittwoch angesichts möglicherweise fehlender Stimmen für seine Bestätigung im Senat in die Offensive. Der 44-Jährige gab Interviews, sprach im US-Kongress in Washington mit Senatoren - und sogar seine Mutter meldete sich im Fernsehen zu Wort. Ob das genügt, um den offenbar fehlenden Rückhalt in der eigenen Partei wettzumachen, bleibt ungewiss.
Seit Hegseths Nominierung für den wichtigen Ministerposten wurden nach und nach immer neue Anschuldigungen gegen ihn bekannt: unter anderem zu angeblichen sexuellen Übergriffen gegen Frauen, rassistischen Äußerungen und Alkoholmissbrauch. Der Ex-Soldat weist die Vorwürfe zurück. "Die Presse geht mit einer anonymen Geschichte nach der anderen hausieren, um mich zu verleumden und niederzumachen", schrieb er in einem Meinungsbeitrag im "Wall Street Journal".
Mutter Hegseth: "Pete ist ein neuer Mensch"
Vor einigen Tagen war eine E-Mail seiner Mutter bekanntgeworden, in der diese ihrem Sohn vorwarf, Frauen schlecht zu behandeln. Hegseths Mutter bestreitet nicht, die Mail vor einigen Jahren geschrieben zu haben. Allerdings habe sie kurz darauf eine Entschuldigungsmail an ihren Sohn verschickt, sagt sie. Beim rechtskonservativen Sender Fox News verteidigte Penelope Hegseth ihn nun: "Pete ist ein neuer Mensch", betonte sie. Ihr Sohn missbrauche Frauen nicht.
Hegseth selbst kündigte in einem Interview an: "Wir werden kämpfen wie die Hölle. Es gibt keinen Grund, klein beizugeben. Warum sollten wir klein beigeben?" Ob er bei seiner Werbetour in Washington mit Ehefrau Jennifer Rauchet an seiner Seite jedoch ausreichend Senatoren von sich überzeugen konnte, ist offen.
Wer Minister werden will, muss im Senat bestätigt werden.
Kein "Tropfen Alkohol" als Verteidigungsminister
Deutlich mehr als drei republikanische Senatoren haben aber zuletzt ihr Unbehagen über die Personalie zum Ausdruck gebracht. Auch deshalb gelobte Hegseth in aller Öffentlichkeit, er werde als Pentagon-Chef nicht mehr trinken: "Dies ist der größte Einsatz meines Lebens. Dabei werde ich keinen Tropfen Alkohol auf den Lippen haben." Der Senator Roger Wicker sagte, dies habe ihm Hegseth auch im persönlichen Gespräch versprochen. "Er hält den Job für so wichtig, dass er das von sich aus vorgeschlagen hat." Hegseth sagte, dass ein Treffen mit dem künftigen republikanischen Mehrheitsführer im Senat, John Thune, "großartig" verlaufen sei. Dieser äußerte sich selbst nicht.
Viele Senatoren halten sich aus Angst, Trump zu verprellen, mit öffentlichen Äußerungen zurück. Umso beachtlicher ist es, dass der Widerstand gegen Hegseth dennoch so groß ist, dass dieser nun alle Register ziehen muss, um überhaupt Chancen bei der Abstimmung im Senat zu haben. Die beiden eher moderaten republikanischen Senatorinnen Lisa Murkowski und Susan Collins wollen Hegseth erst kommende Woche treffen - sie gelten als mögliche Abweichlerinnen. Collins forderte, dass Hegseth sich einer Überprüfung der Bundespolizei FBI unterziehen müsse.
Zweifel an Hegseths Qualifikation für den mächtigen Posten an der Spitze des Verteidigungsministeriums und der schlagkräftigsten Streitmacht der Welt gab es von Anfang an. Er ist vor allem Zuschauern des rechtskonservativen TV-Senders Fox News als Moderator bekannt. Hegseth war zwar selbst Soldat und in der Vergangenheit bei Militäreinsätzen im Ausland, aber nie in hochrangigen militärischen Leitungspositionen. Er hat auch keinerlei politische Erfahrung oder tiefergehende Expertise in nationaler Sicherheit.
Namen für Hegseth-Ersatz kursieren bereits
Mittlerweile wird schon spekuliert, wer Hegseth ersetzen könnte, sollte Trump seine Nominierung zurückziehen. Dabei fällt der Name seines einstigen innenpolitischen Widersachers Ron DeSantis, der einst selbst ins Weiße Haus einziehen wollte. Im Gespräch ist auch die Senatorin Joni Ernst aus Iowa, die selbst im US-Militär diente. Auch der Name des Senators Bill Hagerty aus Tennessee kursiert. Ihn hatte Trump während seiner ersten Amtszeit als Botschafter nach Japan geschickt.
Trump dürfte es gar nicht schmecken, dass sein Wunschkandidat heftigem Gegenwind ausgesetzt ist. Berichten zufolge soll er aber auch nicht glücklich darüber sein, welche Vorwürfe gegen Hegseth zuletzt ans Tageslicht kamen - und sich von dem 44-Jährigen schlecht informiert gefühlt haben. Vor wenigen Wochen musste Trump bereits einen der Kandidaten für sein Wunschkabinett austauschen: Der wegen seiner radikalen Ansichten und Agitation im Kongress auch in den eigenen Reihen umstrittene Republikaner Matt Gaetz, den Trump als Justizminister vorgesehen hatte, zog sich angesichts der geballten Kritik und des öffentlichen Drucks zurück. © Deutsche Presse-Agentur
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.