• Seit Wochen gehen die Menschen im Iran gegen die Regierung auf die Straße.
  • Doch die Reaktion der Behörden auf die Proteste eskaliert zunehmend.
  • Nach Angaben der UN wurden bereits Hunderte Menschen getötet. Nun will der Menschenrechtsrat eine Untersuchung gegen den Iran einleiten.

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Der UN-Menschenrechtsrat hat wegen anhaltender Gewalt des iranischen Sicherheitsapparats gegen friedlich demonstrierende Menschen eine unabhängige Untersuchung beschlossen. Deutschland und Island hatten eine entsprechende Resolution eingereicht.

Der Rat aus 47 Ländern stimmte mit 25 zu 6 Stimmen dafür, bei 16 Enthaltungen. Die hohe Zahl der Zustimmungen sprengte alle Erwartungen der westlichen Länder.

China versuchte in letzter Minute, den Paragrafen, der die unabhängige Untersuchung forderte, aus der Resolution zu streichen. Der Rat stimmte mit großer Mehrheit dagegen. Im Saal brandete nach der Abstimmung Applaus auf.

Bei der Untersuchung sollen Experten Verstöße gegen die Menschenrechte dokumentieren und Beweismaterial sammeln, um Verantwortliche für die Gewalt zur Rechenschaft ziehen zu können, wie Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Genf sagte.

Baerbock: Vereinte Nationen müssen ihre Stimme erheben

Baerbock war eigens angereist, um den Tausenden Menschen, die sich im Iran einzig für ein Leben in Würde und ohne Diskriminierung einsetzten, eine Stimme zu geben, wie sie sagte. Die Welt dürfe nicht tatenlos zusehen, wie "unschuldige Menschen, Mütter, Väter, Schwestern, Brüder und Kinder ermordet werden."

Menschenrechte ließen keinen Spielraum für Interpretationen, sagte Baerbock. Das Recht auf freie Meinungsäußerung sei verbrieft und gelte auch im Iran. "Der Menschenrechtsrat wurde geschaffen, um die Stimme der Menschen zu sein, deren unteilbare Rechte bei ihnen zu Hause verwehrt werden", sagte sie später vor Journalisten.

"Wenn das Recht auf Souveränität missbraucht wird, um die eigenen Menschen zu unterdrücken und damit auch die Charta der Vereinten Nationen mit Füßen zu treten, müssen die Vereinten Nationen ihre Stimme erheben."

Das Bild eines kleinen iranischen Mädchens, das schreiend am Sarg seiner Mutter im Staub kniete und in den Himmel schrie, gehe ihr unter die Haut, sagte Baerbock. Sie sei selbst auf vielen Demonstrationen gewesen, teils mit Kinderwagen. In demokratischen Ländern sei es selbstverständlich, danach heil wieder nach Hause zu kommen.

Hunderte Menschen bei Protesten ums Leben gekommen

Im Iran gehen seit Wochen zahlreiche Menschen gegen die Führung in Teheran auf die Straße. Auslöser war der Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini Mitte September – sie war zuvor von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihr Kopftuch nicht ordnungsgemäß getragen haben soll. Die Behörden reagieren mit zunehmender Härte auf die Proteste.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, sprach von einer Tyrannei im Iran. Nach Angaben seines Büros sind seit Beginn der Proteste Mitte September mehr als 300 Menschen ums Leben gekommen. Die in Oslo ansässige Organisation Iran Human Rights (IHR) geht sogar von mehr als 400 Todesopfern aus, unter ihnen mehr als 50 Kinder.

Menschenrechtshochkommissar Türk forderte die Freilassung von mehr als 14.000 Menschen, die im Zusammenhang mit Protesten festgenommen wurden. Teilnehmer und Journalisten würden "als Agenten von Feinden und ausländischen Staaten" abgestempelt. Das sei das typische Narrativ der Tyrannei.

Iran-Vertreterin kritisiert deutsches "Regime"

Eine Vertreterin der iranischen Regierung kritisierte die westlichen Staaten während der Sitzung als arrogante Heuchler. Sie verletzten die Menschenrechte der Iranerinnen und Iraner durch die Sanktionen, die viele Menschenleben kosteten, sagte Chadidscheh Karimi, stellvertretende Vizepräsidentin für Frauen und Familienangelegenheiten.

Eine Diplomatin Irans behauptete vor der Abstimmung, das "deutsche Regime" und die Sicherheitskräfte unterdrückten selbst friedliche Demonstranten in Berlin, Stuttgart und anderswo, die mehr soziale Gerechtigkeit forderten. (dpa/afp/thp)

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