Mit einer Überraschung endet eine Aktion der Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit". Mittels eines vermeintlichen Online-Prangers hatte die Gruppe dazu aufgerufen, Teilnehmer einer rechten Demonstration zu identifizieren. Doch nun gab die Truppe bekannt, das Ganze sei eine Falle, ein sogenannter "Honeypot", gewesen.
Vor allem in den sozialen Medien hatte es in den vergangenen Tagen heftige Diskussionen um einen vermeintlichen Online-Pranger zur Identifizierung von Teilnehmern rechter Aufmärsche in Chemnitz gegeben. Initiiert worden war die Aktion von der Künstlergruppe "Zentrum für politische Schönheit" (ZPS).
Auf der Website "Soko Chemnitz" waren Teilnehmer der rechten Aufmärsche in Chemnitz abgebildet worden. User wurden aufgerufen, sie zu identifizieren und sie bei ihren Arbeitgebern anzuzeigen.
"Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofortbargeld", hieß es dazu auf der Webseite.
Online-Pranger als "Falle" für Rechtsextremisten
Nun haben die Aktivisten die Seite abgeschaltet und zugleich erklärt, die Aktion sei in Wirklichkeit eine Falle für Rechtsextreme gewesen.
Neonazis hätten durch Namenseingaben in der Suchfunktion der Internetseite "Soko Chemnitz" unwissentlich selbst Hinweise auf die rechte Szene geliefert, heißt es auf der Website.
Es habe sich um einen "Honigtopf" gehandelt - also eine Internetseite, mit der gezielt Gegner angelockt werden.
"Wir bauten eine Webseite mit einem einzigen Ziel: Ihr liefert uns Euer gesamtes Netzwerk selbst aus und zwar ohne es zu merken", heißt es an die Adresse der "lieben Nazis". "Das wichtigste Element dieser Seite: die Suchfunktion. Über die Suche habt Ihr uns mehr mitgeteilt, als öffentlich zugängliche Quellen je verraten hätten."
Die durch die Auswertung der Suchanfragen erlangten Datensätze hätten "die einmalige Möglichkeit" geboten, "das 'Netzwerk Chemnitz' auszuleuchten".
Laut "Berliner Morgenpost" habe es 2,5 Millionen Besucher auf der Seite gegeben. "Wir werden nun diesen riesen Datensatz gemäß der Datenschutzgrundverordnung auswerten" wird ZPS-Aktivistin Zora Kich zitiert.
Nach dem gewaltsamen Tod eines Manns Ende August in Chemnitz, der mutmaßlich von Flüchtlingen erstochen wurde, war es zu fremdenfeindlichen Übergriffen und Demonstrationen auch rechter Gruppen gekommen, die teils in Gewalttätigkeiten mündeten.
Rund drei Monate später hatte das ZPS online die "Fahndung" nach rechten Demonstrationen gestartet.
Scharfe Kritik an der Kunstaktion
Die Aktion war vor allem in den sozialen Medien teils scharf kritisiert worden. Faschismus würde hier mit faschistischen Methoden bekämpft werden, hieß es unter anderem.
Auch die Polizei war auf die Aktion aufmerksam geworden und hatte Fahndungsplakate, die in Chemnitz aufgehängt worden waren, entfernen lassen. Zudem verwies sie darauf, dass in sozialen Netzwerken zu Sachbeschädigungen und sogar zu Brandstiftungen in den Büroräumen des ZPS aufgerufen worden sei.
Das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus hatte den Politaktivisten die Nutzung seiner Fotos für die Aktion "Soko Chemnitz" untersagt. Eine Kooperationsanfrage zu dieser Aktion habe das Forum im Vorfeld ausdrücklich abgelehnt.
Nicht die erste umstrittene Aktion
Das "Zentrum für politische Schönheit" sorgte bereits in der Vergangenheit mit provokanten Aktionen für Aufmerksamkeit. So hatten sie ein Holocaust-Mahnmal vor dem Privathaus des AfD-Politikers Björn Höcke aufgestellt. (afp/dh)
Verwendete Quellen:
- MDR: Soko-Chemnitz - Ladenbüro dicht, Anzeigen erstattet
- Morgenpost: "Nazis sollten sich selbst identifizieren"
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