Sie sind Polizisten, Lehrer, Juristen, arbeiten bei der Feuerwehr oder der Steuerverwaltung, in Bundesämtern, Ländern und Gemeinden: 1,8 Millionen Beamte gibt es in Deutschland. Sie alle haben einen Sonderstatus, etwa bei Sozial- und Krankenversicherung. Das weckt Neid. Und kostet viel Geld.

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Beamte erhalten keine Renten, sondern Pensionen, und die bezahlt der Staat. Sie sind privat krankenversichert und erhalten im Krankheitsfall eine Kostenbeihilfe.

Für Staat und Länder sind Beamte deshalb teuer. Zu teuer, sagt der Bund der Steuerzahler. Doch die Situation sei historisch gewachsen und nicht leicht zu ändern, meint eine Gewerkschafterin.

Die Sonderstellung der Beamten hat eine lange Geschichte. Als unter Reichskanzler Otto von Bismarck die ersten Sozial­gesetze für Arbeiter erlassen wurden, waren die Beamten längst bestens abgesichert: Schon im 18. Jahrhundert erkaufte sich der Staat die Treue seiner Bediensteten durch deren lebenslange "Alimentation". Erwartet wurde dafür "absolute Hingabe" an den Arbeitgeber.

Dass Beamte eine besondere Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber haben, gilt noch heute. Artikel 33 des Grundgesetzes sieht vor, "hoheitliche Befugnisse" seien "Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen".

Aus der großen Bedeutung dieser Befugnisse für die Organisation des Staates resultiert ein besonderes "öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis": Beamte schwören deshalb im Diensteid, das Grundgesetz und alle Gesetze zu wahren und ihre Amtspflichten zu erfüllen.

"Ein Stachel im Gerechtigkeitsempfinden"

Doch was sind hoheitliche Aufgaben? Experte Sebastian Panknin, beim Bund der Steuerzahler (BdSt) zuständig für Haushalts- und Finanzpolitik, ist überzeugt, es werde heutzutage "übertrieben verbeamtet".

Dass beispielsweise Lehrer unbedingt Beamte sein müssen, fordert nicht einmal deren Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).

Daniel Merbitz, im Vorstand der GEW zuständig für Beamtenpolitik, gibt zu, es würden "viele Gruppen verbeamtet, die nicht hoheitlich tätig sind" und sieht in der Beamtenversorgung einen "tief sitzenden Stachel im Gerechtigkeitsempfinden der Bevölkerung".

Doch es ist für die Bundesländer nicht leicht, dieses System zu reformieren – selbst wenn es nur um die Lehrer ginge.

In der Hauptstadt etwa werden Pädagogen schon seit 20 Jahren nicht mehr verbeamtet. Das paradoxe Ergebnis, so Merbitz: "Das kostet die Berliner erst mal eine Menge Geld."

Denn das Land muss seither nicht nur für die angestellten Lehrer – wie bei allen Arbeitnehmern üblich – die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge übernehmen. Gleichzeitig muss es auch noch jahrzehntelang für die Altersversorgung der verbeamteten Lehrerschaft aus früheren Zeiten aufkommen.

Den hohen Kostenaufwand der Umstellung mache "kein Finanzminister gerne mit", sagt der Gewerkschafter und resümiert: "Einfache Antworten gibt es bei diesem Thema nicht."

Beim Bund der Steuerzahler hat man komplexere Antworten auf ein Problem, das Sebastian Panknin als "demographisch-ökonomische Zwangslage" beschreibt: Die Beamtenschaft ist stark überaltert, immer mehr Pensionäre, die immer länger leben, belasten die öffentlichen Haushalte mit immer höheren Summen.

Ein Nachhaltigkeitsfaktor, so der BdSt, würde helfen, das Verhältnis von gezahlten Beiträgen und Pensionen ins Gleichgewicht zu bringen.

Mithilfe einer "demographischen Komponente" könnten die öffentlichen Arbeitgeber dafür sorgen, dass der Anstieg der Altersbezüge gebremst würde, ohne dass die Pensionen gesenkt werden müssten.

Beim Durchschnittsverdiener kommt Neid auf

Langsamer wachsende Pensionen wären verkraftbar, so Panknin, weil diese bisher deutlich höher sind als die Renten in der gesetzlichen Versicherung: Im Jahr 2016 betrug die durchschnittliche im Westen ausgezahlte Monatsrente 857 Euro pro Monat, die durchschnittliche Pension dagegen 2780 Euro. Solche Zahlen lassen bei Normalverdienern Neid aufkommen.

Doch die Berechnung geht von ungleichen Grundlagen aus. In der Beamtenschaft, so Daniel Merbitz, gebe es einen "sehr viel höherer Prozentsatz an gut ausgebildeten Leuten, die relativ gut bezahlt werden und die auch in der freien Wirtschaft viel verdienen würden".

Die Höhe der Pensionen müsste man also mit den Renten ähnlich gut ausgebildeter Angestellter und Arbeiter vergleichen, die zumeist auch eine zusätzliche Betriebsrente erhalten.

Auch falsch, entgegnet wiederum der BdSt: Die Höhe der Beamtenpension nämlich errechne sich aus "der hohen Besoldung am Ende des Arbeitslebens".

Gerechter, so Sebastian Panknin, "wäre eine Berechnung nach der durchschnitt­lichen Besoldung während des gesamten Arbeitslebens" wie in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Ein ähnliches Gerechtigkeitsdefizit sieht der BdSt bei der Mindestpension: Ein Bundesbeamter erhält - etwa im Fall einer anhaltenden Krankheit - schon nach fünfjähriger Dienstzeit Anrecht auf eine Mindestpension in Höhe von aktuell knapp 1.660 Euro. Ein Rentner im Westen mit Durchschnittslohn bekommt dagegen nach 45 Arbeits- und Beitragsjahren nur 1.396 Euro.

Es mag selten vorkommen, dass ein Beamter nach fünf Berufsjahren dienstunfähig ausscheidet - unbestreitbar ist, dass er ungleich besser gestellt und abgesichert ist als in der freien Wirtschaft tätige Arbeiter oder Angestellte. Hinzu komme, so Panknin, ein "Dschungel" aus Sonderzahlungen und Stellenzulagen.

Lehrer müssten nicht Beamte sein

Dass historisch gewachsene Vergütungs- und Versorgungsstrukturen nicht von heute auf morgen zu ändern sind, gibt man beim BdSt durchaus zu. Realistische Ansatzpunkte sieht Sebastian Panknin neben dem Nachhaltigkeitsfaktor auch bei der "Einschränkung der Klientel".

In den kommunalen Bauverwaltungen etwa leisteten "Angestellte die gleiche Arbeit wie Beamte".

Beamter müsse nur sein, wer echte hoheitliche Aufgaben erfülle. Mitarbeiter der Finanzverwaltung, Polizisten und Mitglieder der Justiz gehören seiner Ansicht nach dazu, "aber definitiv nicht Lehrer".

In den neuen Bundesländern seien schon heute die meisten Lehrer nicht verbeamtet, sondern Angestellte im öffentlichen Dienst.

Dass bei einer Umstellung des Systems für eine Übergangszeit auch Kosten entstehen, sei nicht zu vermeiden – davor zurückzuschrecken sei typisches staatliches "Kurzfristdenken."

Zukünftig solide Staats- und Landeshaushalte dagegen seien nur mit mutigen Reformschritten zu erreichen.

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