Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts der schweren russischen Angriffe auf die ostukrainische Großstadt Charkiw dringend weitere internationale Unterstützung für die Ukraine bei der Luftverteidigung verlangt. "Die Lage ist hochdramatisch, nicht nur mit Blick auf Charkiw, sondern auch an vielen anderen Orten in der Ukraine", sagte die Grünen-Politikerin am Freitag vor einer Sitzung des Ministerkomitees des Europarats im französischen Straßburg. "Wir sehen deutlich, wie sehr die Ukraine weitere Unterstützung, insbesondere bei der Luftverteidigung, braucht."
Die Lage in Charkiw zeige auch, wie wichtig es sei, dass russische Nachschubwege gekappt werden könnten, sagte die Außenministerin. Deswegen seien auch mittel- und langstreckenfähige Waffensysteme notwendig. Bei der von ihr mit Kanzler Olaf Scholz und Verteidigungsminister Boris Pistorius (beide SPD) gestarteten internationalen Initiative für mehr Luftunterstützung zugunsten der Ukraine habe Deutschland ein weiteres Patriot-System zur Verfügung gestellt, sagte
"Aber klar ist, wir brauchen weitere große Systeme" wie Patriot-Batterien, forderte Baerbock. Etliche europäische Partner prüften, ob sie Systeme verlegen könnten. "Andere tun das nicht öffentlich, sondern tun das hinter verschlossenen Türen. Deswegen war die Initiative so wichtig", sagte die Außenministerin und fügte an: "Es reicht noch nicht aus, was da zusammengekommen ist. Das sehen wir jeden Tag."
Die Lage in Charkiw in der Ostukraine sei auch deshalb hochdramatisch, weil die Russen die rund 40 Kilometer von der Grenze entfernt liegende Stadt von ihrem Territorium aus angreifen könnten, sagte Baerbock. Als sie die Stadt besucht habe, habe sie erlebt, dass Teile der Luftverteidigung nicht greifen könnten. Ihr sei gesagt worden: "Zählen Sie bis 60. Und wenn sie dann noch zählen können, dann ist alles gut. Aber in 60 Sekunden einen Schutzbunker zu erreichen, ist kaum möglich." Aus diesem Grund lebten in der Stadt Kinder, die seit fast zwei Jahren nicht mehr zur Schule gegangen seien. Es sei eine unterirdische Schule gebaut, damit die Kinder wieder in die Schule gehen könnten. © dpa
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