Das Bündnis von Donald Tusk hat zwar die PiS bereits vor einigen Wochen abgelöst: Dennoch kann sie noch immer nicht ungestört an ihren Zielen arbeiten. Den Staatschef Duda, der der PiS nahesteht, erschwert ihr die Regierungsgeschäfte. Für das Land bedeutet das unruhige Zeiten.

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Der Machtkampf zwischen der neuen pro-europäischen Regierung und dem rechtsnationalistischen Präsidenten sorgt in Polen für juristisches Chaos und politische Instabilität. Regierungschef Donald Tusk versucht die Rechtsstaatlichkeit wiederherzustellen, doch der mit der abgewählten Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) verbündete Staatschef Andrzej Duda leistet Widerstand. Zudem kontrollieren die Nationalisten weiterhin wichtige Staatsorgane.

In den acht Jahren, in denen die PiS regierte, "wurden die Institutionen und die Rechtsstaatlichkeit in Polen mithilfe des Präsidenten verletzt, und jetzt versucht die neue Regierung, sie wiederherzustellen", sagt Marcin Zaborowski vom Thinktank Globsec. Aber Duda verteidige weiterhin "sowohl seine eigene Position als auch die seines Lagers".

Seit 2017 hatte die regierende PiS die Justiz nach ihren Vorstellungen umgebaut. Brüssel warf Warschau vor, die Rechtsstaatlichkeit in Polen zu untergraben und verweigerte Polen deshalb Milliarden Euro an Finanzhilfen.

Duda bremst Tusks Koalition aus

Bei der Wahl im Oktober hatte die PiS zwar die meisten Stimmen erhalten, die absolute Mehrheit aber verfehlt. Tusks liberalkonservative Bürgerkoalition und ihre beiden Partner verfügen hingegen über eine klare Parlamentsmehrheit. Trotzdem hatte Duda Ministerpräsident Mateusz Morawiecki zunächst mit der Regierungsbildung beauftragt und der PiS damit zwei weitere Monate an der Macht gesichert, bis Mitte Dezember Tusk schließlich die Regierung übernahm.

Seit den ersten Entscheidungen des neuen Kabinetts, vor allem in den Bereichen Justiz und Medien, wächst die Spannung zwischen Regierung und Staatschef. Zwar sind die Befugnisse des Präsidenten in Polen relativ begrenzt, doch Duda kann mit seinem Vetorecht jedes neue Gesetz blockieren. Zudem sind das Verfassungsgericht und teilweise auch der Oberste Gerichtshof nach wie vor in der Hand von PiS-Getreuen

Die Weigerung der früheren Regierungspartei, eine Reihe neuer Nominierungen für wichtige Institutionen zu akzeptieren, hat zu einer verwirrenden Situation geführt. Nach Ansicht vieler Beobachter hat Polen in der Praxis zwei Führungen der öffentlich-rechtlichen Medien, zwei Generalstaatsanwälte und zwei Oberste Gerichte, die sich gegenseitig nicht anerkennen und sich bekämpfen.

"Wir haben de facto einen juristischen Dualismus", sagt Zaborowski. "Am Obersten Gerichtshof haben wir eine Kammer, die entscheidet, dass der Präsident Recht hat, und eine andere, die entscheidet, dass der Präsident im Unrecht ist." Tusk beschuldigte Duda am Freitag in einem Fernsehinterview, "Urheber dieses verfassungsrechtlichen und rechtlichen Wirrwarrs" zu sein.

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Streit um verurteilte Ex-Abgeordnete: "Der Präsident gießt Öl ins Feuer"

Beispielhaft für dieses juristische Chaos war die Verhaftung von zwei ehemaligen PiS-Abgeordneten vergangene Woche. Duda hatte Ex-Innenminister Mariusz Kaminski und dessen früheren Staatssekretär Maciej Wasik Zuflucht bei sich geboten, obwohl die beiden wegen Amtsmissbrauchs verurteilt sind. Ein Großaufgebot der Polizei nahm die Politiker schließlich im Präsidentenpalast fest.

"Dies ist eine noch nie dagewesene Situation in einem demokratischen Land, dass der Präsident zwei Personen Unterschlupf gewährt, die von einem Gericht verurteilt wurden", sagt Stanislaw Mocek, Leiter der privaten Universität Collegium Civitas in Warschau.

Die beiden Männer waren 2015 zu Haftstrafen verurteilt worden, weil sie als Leiter der Antikorruptionsbehörde falsche Anschuldigungen gegen einen führenden Politiker erhoben hatten. Duda begnadigte sie noch bevor das Urteil in Kraft trat, was der Oberste Gerichtshof beanstandete. Das Verfassungsgericht widersprach, Dudas Begnadigung blieb wirksam. Im Oktober wurden die beiden Politiker ins Parlament gewählt, doch inzwischen sind die Urteile gegen sie bestätigt und sie mussten ihre Mandate abgeben. In Haft traten Kaminski und Wasik dann in Hungerstreik, Duda will sie erneut begnadigen.

"Der Präsident gießt Öl ins Feuer, während er behauptet, er wolle einen Kompromiss finden. Es gibt nur einen Kompromiss – den der Rechtsstaatlichkeit", sagt Mocek. Duda spricht inzwischen vom "Terror der so genannten Rechtsstaatlichkeit", für Tusk ist sie hingegen das "Grundprinzip", das es zu befolgen gilt.

Das Kräftemessen zwischen der pro-europäischen Regierung und der populistisch-nationalistischen Opposition mit ihrem Fürsprecher im Präsidentenpalast hat gerade erst begonnen. Und es wird eine Weile dauern: Duda ist noch bis 2025 im Amt. (afp/thp)


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