Der Wirtschaftsweise Achim Truger rechnet bei einer Reform des Ehegattensplittings mit einer deutlichen Verringerung des Fachkräftemangels. Die derzeitige Regelung verringere durch eine "hohe steuerliche Grenzbelastung für Zweitverdienende – zumeist Frauen - die Anreize zur Aufnahme von Erwerbsarbeit und zur Ausweitung der Stundenanzahl", sagte Truger der "Rheinischen Post" vom Donnerstag. Schätzungen kämen rechnerisch auf 200.000 Vollzeitstellen, "teilweise noch deutlich mehr", um die die Erwerbstätigkeit durch das Splitting derzeit gemindert werde.

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Außerdem würden Frauen dadurch geringe eigene Ansprüche in der Sozialversicherung erwerben und gerieten in starke wirtschaftliche Abhängigkeit vom Partner. Bei einer Trennung hätten sie oft das Nachsehen, sagte Truger. "Eine Reform des Ehegattensplittings ist daher aus meiner Sicht überfällig."

Beim Ehegattensplitting werden die Einkünfte beider Ehepartner zusammengerechnet und dann halbiert. Für diesen Wert wird die Einkommensteuer berechnet und dann verdoppelt - das ist die Steuerlast des Ehepaars. Das Ehegattensplitting ist vor allem für Paare vorteilhaft, deren Einkommen weit auseinanderklaffen. Zuletzt hatte ein Vorstoß von SPD-Chef Lars Klingbeil zur Abschaffung des Ehegattensplittings für Diskussionen gesorgt.

Komplett abschaffen lasse sich das Splitting aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht, sagte Truger der "Rheinischen Post". Ein Reformmodell könne aber das Realsplitting sein, bei dem ein Freibetrag zwischen den Ehepartnern steuermindernd übertragen werden könne. Mittelfristig seien Mehreinnahmen zwischen fünf und 15 Milliarden Euro pro Jahr denkbar, die größtenteils von den oberen 20 Prozent in der Einkommensverteilung getragen würden.  © AFP

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