Am 1. Juli verschärft die Schweiz den Schutz von Minderjährigen gegen sexuelle Ausbeutung. Damit erfüllt sie die Auflagen einer entsprechenden Europaratskonvention. Wir erklären die Änderungen im Detail.
Bisher war in der Schweiz Sex mit minderjährigen Prostituierten erlaubt, solange diese mindestens 16 Jahre alt waren, oder der Altersunterschied zum Freier nicht mehr als drei Jahre betrug. Dies ändert sich mit Inkrafttreten neuer gesetzlicher Bestimmungen, die ab dem 1. Juli gelten. Bereits vergangenes Jahr einigten sich National- und Ständerat darauf, das Schutzalter für Prostituierte auf 18 Jahre zu erhöhen.
Das Parlament stimmte dem Vorschlag vergangenen Herbst zu. Künftig droht damit Freiern, die gegen Entgelt sexuelle Dienste von unter 18-Jährigen in Anspruch nehmen, bis zu drei Jahre Haft. Die Prostituierten selbst machen sich nicht strafbar.
Was ist neu?
Neu ist, dass nun auch die Förderung von Prostitution Minderjähriger unter Strafe gestellt wird. Wer versucht, mit sexuellen Dienstleistungen von unter 18-Jährigen Geld zu verdienen, muss mit einem Freiheitsentzug von bis zu zehn Jahren rechnen. Strafbar ist nicht nur die Anstellung von minderjährigen Prostituierten, sondern auch die Vermietung von Zimmern an solche. Mit dieser Verschärfung zielt der Gesetzgeber vor allem auf Bordellbetreiber, Zuhälter und Escort-Unternehmen ab. Aber auch vor Ausbeutung durch Verwandte und Freunde sollen die Minderjährigen geschützt werden.
Das höhere Schutzalter umfasst auch den Bereich der Pornografie. Wer Minderjährige an pornografischen Darstellungen mitwirken lässt oder sie dazu anwirbt, macht sich strafbar. Gleiches gilt für Besitzer von entsprechenden Materialien. Mit der neuen Gesetzesänderung geht man jedoch noch einen Schritt weiter und stellt nun auch den bloßen Konsum von Pornografie unter Mitwirkung Minderjähriger unter Strafe. Bis zu drei Jahren Haft drohen in einem solchen Fall.
Schwierige Grenzziehung
Ausgangspunkt für die Neuerungen war die Unterzeichnung der Europaratskonvention zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch. Dabei handelt es sich um das erste internationale Übereinkommen, welches verschiedenste Arten des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen unter Strafe stellt. Die Schweiz unterzeichnete das Abkommen bereits im Juni 2010 und verpflichtete sich damit, ihre Gesetzgebung entsprechend der Anforderungen der Konvention anzupassen. Mit den neuen Bestimmungen wird diesem Umstand Rechnung getragen.
Grundsätzlich gibt es eine breite politische Zustimmung zur Verschärfung der bisherigen Gesetzeslage. Doch wurde auch eine Petition eingereicht, die unter anderem die weitere Straffreiheit des bloßen Konsums von Pornografie unter Mitwirkung Minderjähriger forderte. Die Strafbarkeitsgrenze würde mit dem neuen Gesetz zu niedrig sein, so die Befürchtung. Der Änderungsvorschlag wurde zwar abgelehnt, gleichzeitig unterstrich man aber, dass nur der vorsätzliche Konsum strafbar sei. Damit wollte man verunsicherten Bürgern die Angst nehmen, dass sie sich unter Umständen durch Unachtsamkeit strafbar machen. Wer also entsprechendes Material konsumiert, ohne zu wissen, dass daran Minderjährige mitwirken, müsste nach dieser Logik keine Strafverfolgung befürchten. Eine genaue Grenze zwischen unbewusstem und vorsätzlichem Konsum wurde jedoch nicht festgelegt. Darüber müssen im Zweifelsfall die Gerichte entscheiden.
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