• Das Messerattentat in einem Regionalzug bei Brokstedt kostete zwei Menschen das Leben.
  • Nun werden Forderungen nach strengeren Sicherheitsmaßnahmen laut.
  • Doch welche Konzepte gibt es überhaupt, um die Sicherheit von Passagieren und Angestellten zu verbessern?

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Zwei Tote, mehrere Verletzte: Das ist die traurige Bilanz nach dem schweren Messerangriff in einem Regionalzug bei Brokstedt. Ähnliche Angriffe – glücklicherweise ohne Todesfälle – hatte es bereits im November 2021 in einem ICE nach Nürnberg und 2016 in einem Regionalzug bei Würzburg gegeben. Dabei stellt sich die Frage, wie solche Taten in Zukunft verhindert werden können.

"Hier hilft aus unserer Sicht nur ein ganzes Bündel von Maßnahmen", sagt Oliver Kaufhold von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Im Gespräch mit unserer Redaktion nennt der Gewerkschaftsvertreter vier wesentliche Punkte. "Ganz oben steht, dass die Aufgabenträger ihrer Verantwortung gerecht werden müssen."

Darunter versteht Kaufhold, dass Unternehmen im Schienenpersonennahverkehr auch für Sicherheit sorgen müssen. Mit Maßnahmen wie einer Doppelbesetzung von Zügen mit Zugbegleitpersonal oder dem Einsatz von Sicherheitskräften.

Diese Sicherheitsmaßnahmen fordert die Bahngewerkschaft nach Messerattacke in Brokstedt

"Zweitens fordern wir eine verstärkte Präsenz von Bundespolizei in den Zügen", sagt Kaufhold. Die Erfahrung zeige, dass der gezielte Einsatz von Bundespolizei wohltuend wirke und das subjektive Sicherheitsgefühl von Beschäftigten und Passagieren gesteigert werde.

Dass diese Forderung nicht einfach zu erfüllen sein wird, zeigt eine Aussage des stellvertretenden Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Andreas Roßkopf. Im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte Roßkopf: "Die Bundespolizei ist an den Bahnhöfen zu schwach aufgestellt. Es fehlt an 3.000 Stellen. Und es fehlt auch an Sicherheits­kräften bei der Bahn."

Die dritte Maßnahme, die Kaufhold aufführt, ist eine konsequente Strafverfolgung. Dabei "können technische Hilfsmittel wie Überwachungskameras und Bodycams positiv unterstützend wirken." Bereits seit 2008 gibt es Feldversuche mit Bodycams.

Attentat in Brokstedt: Müssen Zugbegleiter bewaffnet werden?

Als vierten Punkt nennt Kaufhold eine klare öffentliche und zivilgesellschaftliche Ächtung von Übergriffen gegen Beschäftigte. Gerade in der Pandemie mussten Bahnmitarbeiter mit einem erhöhten Gewaltpotenzial und einer gestiegenen Zahl an Übergriffen umgehen.

Nicht erst seit dieser Zeit durchlaufen Zugbegleiter Deeskalations- und Selbstbehauptungstrainings. Allerdings geschieht dies nicht flächendeckend. Müssen wir uns in Zukunft etwa an bewaffnete Zugbegleiter gewöhnen? Aus der Sicht der EVG sollten diese "maximal mit Pfefferspray zur eigenen Abwehr ausgestattet werden". Schließlich handle es sich um "Servicepersonale und keine Sheriffs", sagt Kaufhold.

Wie Sicherheitsmaßnahmen bereits vor dem Betreten der Züge greifen, zeigt ein Blick nach Spanien. Dort durchlaufen Passagiere vor dem Einstieg in Fernzüge Kontrollen mit Scannern, wie man es etwa vom Flughafen kennt. "Das wünschen wir uns nicht", sagt Kaufhold. "Die Offenheit und Zugänglichkeit des Systems Eisenbahn auch für Spontanreisende ist eine seiner großen Stärken, die wir auch erhalten möchten."

Mehr Sicherheit in der Bahn: Kommen die Sky Marshals für Züge?

Auch dem Einsatz von verdeckten Sicherheitsbeamten, ähnlich der Sky Marshals in Flugzeugen, kann der Gewerkschaftssprecher nicht viel abgewinnen. "Es gab dazu Überlegungen, die sich aber nicht durchgesetzt haben. In Zügen sind in erster Linie die Abschreckung, Prävention und die Steigerung des Sicherheitsgefühls wichtig, BEVOR etwas passiert.

Sicherheitspersonal in Zivil ist für die Reisenden nicht erkennbar, insofern sehen wir hier keine abschreckende Wirkung beziehungsweise Steigerung des Sicherheitsempfindens insgesamt. Wichtiger ist hier die sichtbare Präsenz von Bundespolizei und Sicherheitspersonal."

Die zahlreichen Forderungen nach mehr Videoüberwachung unterstützt Kaufhold jedoch explizit: "Ja, Videoüberwachung ist sinnvoll, insofern sie eine konsequentere Strafverfolgung ermöglicht. Technik kann aber Menschen nicht ersetzen und wir plädieren eher für die deeskalierende Wirkung von Sicherheitspersonal."

Über den Experten: Oliver Kaufhold ist Pressesprecher der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Verwendete Quellen:

  • Interview mit Oliver Kaufhold
  • rnd.de: Bluttat in Regionalzug. Gewerkschaft der Polizei fordert mehr Personal zum Schutz der Bahn
  • tagesschau.de: Angriffe in Zügen. Mehr Sicherheitsmaßnahmen gefordert
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