Die SPD hat die Bürgerschaftswahl in Hamburg laut vorläufigen offiziellen Zahlen trotz Verlusten klar gewonnen. Auf die Partei von Regierungschef Peter Tschentscher mit 33,5 Prozent folgten die CDU mit 19,8 Prozent und die Grünen mit 18,5 Prozent.
SPD und Grüne können trotz Stimmenverlusten ihr seit 2015 bestehendes Bündnis in Hamburg fortsetzen. Bei der Bürgerschaftswahl in dem Stadtstaat wurde die SPD von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher mit Abstand erneut stärkste Kraft. Die CDU legt deutlich zu. Tschentscher erneuerte seine Präferenz für Rot-Grün. Er kündigte Gespräche zunächst mit dem bisherigen Partner, danach aber auch mit der CDU an.
Die Linke wird erstmals in Hamburg zweistellig. Die AfD legt ebenfalls zu. FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) scheiterten deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde und wurden sogar von der Europartei Volt überholt. Die Abstimmung in der Hansestadt ist nach derzeitigem Stand die einzige Wahl auf Landesebene in diesem Jahr.
SPD fällt auf 33,5 Prozent
Auf die Sozialdemokraten von Regierungschef Peter Tschentscher mit 33,5 Prozent folgten einer von der Landeswahlleitung veröffentlichten vereinfachten Auszählung der Zweitstimmen zufolge die oppositionelle CDU mit 19,8 Prozent und die mitregierenden Grünen mit 18,5 Prozent.
Die Linke erreichte demnach 11,2 Prozent vor der AfD mit 7,5 Prozent. Die FDP und das BSW verpassten mit 2,3 Prozent beziehungsweise 1,8 Prozent den Einzug in das Landesparlament.
Die SPD verlor 5,7 Prozentpunkte verglichen mit ihrem Ergebnis bei der Wahl 2020, die Grünen schnitten ebenfalls 5,7 Punkte schlechter ab als vor fünf Jahren. Die CDU steigerte sich im Vorwahlvergleich um 8,6 Punkte. Die Linke legte 2,1 Punkte zu, die AfD 2,2 Punkte.
Laut Landeswahlleitung kommt die SPD in der Bürgerschaft voraussichtlich auf 45 Sitze, die CDU auf 26. Die Grünen stellen 25 Abgeordnete, die Linke 15 Parlamentarier und die AfD zehn. SPD und Grüne hätten eine Mehrheit - ebenso ein Bündnis aus SPD und CDU.
Die Wahlbeteiligung stieg laut vereinfachter Auszählung der Landeswahlleitung auf 68 Prozent. Vor fünf Jahren hatte sie bei 63 Prozent gelegen.
SPD und Grüne können wieder in eine Koalition
Die Zeichen in Hamburg stehen auf Fortsetzung von Rot-Grün. Bürgermeister Tschentscher sagte im ZDF, eine Neuauflage der Koalition bleibe erste Priorität und er sei diesbezüglich zuversichtlich. Es habe eine große Zustimmung zur Regierungsarbeit gegeben, inhaltlich wie im Stil. Tschentscher kündigte an, zuerst mit den Grünen zu sprechen, dann aber auch mit der CDU.
Die Regierungsmehrheit von Rot-Grün wäre weniger komfortabel als bisher. Seit 2020 verfügten beide Fraktionen im Rathaus sogar über eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Das ist nun nicht mehr so.
Thering bereit für Rot-Schwarz
Tschentscher steht seit 2018 an der Spitze der Hamburger Politik. Er folgte auf den heutigen Bundeskanzler Olaf Scholz, der ins Finanzministerium nach Berlin wechselte. Die Scholz-Jahre in Hamburg waren noch goldene Jahre für die Sozialdemokraten. Von 2011 bis 2015 reichte es sogar für eine Alleinregierung.
Der bisherige Juniorpartner büßt zwar Stimmen nach dem Rekord von 2020 ein, ist aber stärker als bei der Bundestagswahl. Die Grünen-Bundesvorsitzende Franziska Brantner sagte im ZDF, sie sehe in Hamburg einen "klaren Regierungsauftrag für Rot-Grün". Fegebank zeigte sich erleichtert. Ihr sei nach der Prognose eine Last von der Schulter gefallen.
CDU-Spitzenkandidat Thering (40) hat die Chance auf eine Koalition mit der SPD nicht aufgegeben. "Wir stehen für eine stabile Regierung mit positiven Veränderungen vor allem in den Bereichen Sicherheit, Wirtschaft und Verkehr zur Verfügung", erklärte er. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sagte im ZDF, es wäre Zeit für ein neues Aufbruchsignal in Richtung Rot-Schwarz.
Was bedeutet die Hamburg-Wahl für die Bundespolitik?
Eine Woche nach der Bundestagswahl ist die Aussagekraft über Hamburg hinaus begrenzt. Im Bundesrat – Hamburg hat hier 3 der 69 Stimmen – ändert sich nichts, sollte es bei Rot-Grün bleiben. SPD und Grüne dürften trotz Stimmenverluste darauf verweisen, dass Rot-Grün kein Auslaufmodell ist. Die Hamburger SPD konnte sich vom Bundestrend ein Stück weit abkoppeln und ist im Stadtstaat doppelt so stark wie im neuen Bundestag. CDU, Linke und AfD freuen sich über Stimmenzuwachs auch auf Landesebene.
Sollten Union und SPD im Bund zu einer Koalition zusammenkommen, müssen sie bis weit ins kommende Jahr keine Rücksicht mehr auf Landtagswahlen nehmen. 2026 folgen Landtagswahlen in fünf Bundesländern mit zusammen rund 23 Millionen Einwohnern, und zwar in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt gewählt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Am Montag sollen die Sondierungen zwischen Union und SPD auf Bundesebene weitergehen. (dpa/afp/bearbeitet von fra)