Mit seinen Äußerungen über ältere Corona-Patienten hat Boris Palmer für Empörung gesorgt - nicht zum ersten Mal in seiner politischen Laufbahn. Die Geduld der Parteispitze ist nun endgültig erschöpft.

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Früher galt Boris Palmer einmal als Hoffnungsträger der Grünen, doch mit einer jahrelangen Serie von Provokationen hat sich Tübingens Oberbürgermeister ins politische Abseits manövriert.

Nachdem der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck bereits eingeräumt hatte, dass seine Geduld mit Palmer "wirklich erschöpft" sei, entzog ihm die Parteispitze am Montag jegliche Unterstützung.

Sollte Palmer im Jahr 2022 in Tübingen zur Wiederwahl antreten, darf er auf keine finanzielle oder logistische Hilfe seiner Partei mehr hoffen. Um einen Parteiausschluss, wie er von vielen Grünen gefordert wurde, scheint er allerdings herumzukommen.

Tübinger OB fühlt sich falsch dargestellt

Mit seinen Äußerungen über die Behandlung von hochbetagten Corona-Patienten hatte Palmer vor wenigen Tagen eine Welle der Empörung ausgelöst.

"Wir retten in Deutschland möglicherweise Menschen, die in einem halben Jahr sowieso tot wären", sagte der 47-Jährige. Der Tübinger OB entschuldigte sich zwar für seine Äußerungen, betonte allerdings auch immer wieder, dass er sich falsch dargestellt fühle.

Palmers Corona-Aussage war aber letztlich nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

In den vergangenen Jahren geriet er immer wieder mit umstrittenen Auftritten in die Schlagzeilen: So legte er sich nachts auf der Straße wegen vermeintlicher Ruhestörung mit einem Studenten an, bezeichnete Parteikollegen als "Meinungstyrannen" und störte sich an dunkelhäutigen Werbeträgern für die Deutsche Bahn.

Schon damals - vor ziemlich genau einem Jahr - war über seinen Rauswurf aus der Partei diskutiert worden. Doch damals wie heute gilt ein Parteiausschlussverfahren als unwahrscheinlich.

Palmer reagiert gelassen auf Entscheidung

Als warnendes Beispiel gilt den Grünen der Fall Thilo Sarrazin. Der Versuch, den ehemaligen Berliner Finanzsenator aus der Partei zu werfen, beschäftigt die Sozialdemokraten seit mehr als zehn Jahren.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock, die in Berlin die jüngsten Beschlüsse zu Palmer verkündete, sagte deshalb lediglich, dass weitere parteirechtliche Sanktionen geprüft würden. In der Satzung sind auch mildere Strafen vorgesehen - etwa eine Verwarnung oder ein Ruhen der Mitgliedsrechte.

Beschlossen wurde vorerst nur, dass Palmer bei weiteren politischen Tätigkeiten nicht mehr von der Partei unterstützt wird - auch nicht bei einer erneuten Kandidatur als Oberbürgermeister von Tübingen.

Palmer selber reagierte gelassen auf die Entscheidung der Parteispitze: "Die Kandidatenfindung für die Tübinger OB-Wahl kann noch eine Weile warten", erklärte der Amtsinhaber. "Dann ist genug Zeit, das in Ruhe zu besprechen." Gewählt wird dort nämlich erst im übernächsten Jahr. (dpa/fte)

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