Innenministerin Nancy Faeser will Ausländer, die Terrortaten billigen, schneller abschieben. Ein einziger Post in sozialen Netzwerken soll künftig als Grundlage für eine Ausweisung genügen. Das Kabinett hat ihren Vorschlag am Mittwoch gebilligt.

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Die Ausländerbehörden der Länder sollen Menschen, die terroristische Taten gutheißen, künftig leichter ausweisen und damit im Einzelfall vielleicht auch eher abschieben können. Das Bundeskabinett billigte am Mittwoch nach Angaben aus Regierungskreisen einen entsprechenden Entwurf von Innenministerin Nancy Faeser (SPD).

Demnach soll eine Ausweisung – also der Entzug einer Aufenthaltserlaubnis – schon nach Billigung einer einzelnen terroristischen Straftat ermöglicht werden. Als Verbreitung eines Inhalts im Sinne des Entwurfs soll dann nicht nur das Erstellen von entsprechenden Inhalten gelten, sondern etwa auch das Markieren eines Beitrags durch "Gefällt mir" in sozialen Netzwerken wie Youtube, Instagram oder Tiktok.

Reaktion auf Hasspostings nach Hamas-Terror und Messerangriff von Mannheim

Faesers Ministerium reagiert damit nach eigenen Angaben auf Hasspostings im Netz nach dem Angriff der Hamas auf Israel oder nach dem tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim. Dabei tötete ein Afghane Ende Mai einen Polizisten. Der 25-jährige Täter war als Jugendlicher nach Deutschland gekommen. Eine Aufenthaltserlaubnis besaß er zuletzt, weil er zwei Kinder mit einer Frau hat, die deutsche Staatsbürgerin ist. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Gesetzesverschärfung nach dem Angriff in einer Regierungserklärung angekündigt.

Ein schwerwiegendes Interesse des deutschen Staates an einer Ausweisung soll laut Faesers Entwurf künftig auch angenommen werden, wenn jemand bestimmte Straftaten in einer Art und Weise billigt und belohnt, die den öffentlichen Frieden stören könnte. In diesem Fall müsste eine strafgerichtliche Verurteilung vor einer Ausweisung nicht erst abgewartet werden.

Um das Vorhaben möglichst rasch ins parlamentarische Verfahren zu bringen, soll der Entwurf als Änderungsantrag an einen Gesetzentwurf zur Stärkung der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung in Planungs- und Genehmigungsverfahren angedockt werden, der inhaltlich nichts damit zu tun hat.

Experte findet Vorhaben fragwürdig

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Migrationsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV), Thomas Oberhäuser, hält den nun vom Kabinett beschlossenen Entwurf für nicht zielführend. "Man muss schon sehr viel juristische Fantasie entwickeln, um das Setzen eines "Likes" als Verbreitung zu definieren", sagte der Rechtsanwalt. Außerdem sei es "völlig wahnsinnig" zu glauben, dass die Ausländerbehörden künftig im großen Stil nach "Gefällt mir"-Posts in sozialen Medien schauen könnten. Besser wäre es aus seiner Sicht, wenn jemand einmal eine Terrortat im Netz bejubelt, dies zum Anlass für ein Gespräch eines Vertreters der Sicherheitsbehörden mit dem Ausländer zu nehmen, "um festzustellen, ob er gefährlich ist".

Positiv beurteilt dagegen Vizekanzler Robert Habeck das Vorhaben. "Es ist eine große Errungenschaft und Stärke unseres Landes, dass verfolgte Menschen in Deutschland Schutz finden können." Wer aber die liberale Grundordnung verhöhne, indem er Terrorismus bejubele und Morde feiere, habe sein Bleiberecht verwirkt. Deshalb werde jetzt das Aufenthaltsrecht entsprechend geändert. "Der Islam gehört zu Deutschland, der Islamismus nicht", fügte Habeck hinzu.

Der Union geht Faesers Vorstoß nicht weit genug

Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU), hätte sich eine weiterreichende Reform gewünscht. Sie sagte: "Angesichts von massenhaftem Antisemitismus und Kalifats-Demos auf deutschen Straßen muss jede antisemitische und antidemokratische Straftat regelmäßig zu einer Ausweisung führen."

Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, begrüßte den Kabinettsbeschluss, den er als klares Signal an Terrorsympathisanten bezeichnete. Er sagte, die Polizei und alle weiteren Behörden müssten aber auch so ausgestattet werden, dass ein spürbarer Verfolgungsdruck aufgebaut werden könne.

Ob die Reform tatsächlich zu mehr Abschiebungen führt, muss sich erst zeigen. Denn diese scheitern häufig daran, dass die Ausreisepflichtigen keinen Pass haben oder untertauchen beziehungsweise daran, dass deren Heimatländer sie nicht zurücknehmen. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Maximilian Kall, wies darauf hin, dass gegen Ausweisungen grundsätzlich vor den Verwaltungsgerichten geklagt werden kann. (dpa/afp/mcf)

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