Jörg Meuthen befürwortet trotz Widerstands aus der Partei weiter den Ausschluss des brandenburgischen Partei- und Fraktionschefs Andreas Kalbitz aus der AfD. Einen Kanzlerkandidaten werde es bei der Bundestagswahl 2021 wahrscheinlich nicht geben, erklärte der AfD-Bundessprecher im ARD-Sommerinterview.

Mehr aktuelle News finden Sie hier

AfD-Chef Jörg Meuthen hat im ARD-Sommerinterview klar gemacht, dass er nicht von seinem Posten als Bundessprecher zurücktreten und die Partei auch nicht verlassen wird, sollte der brandenburgische Partei- und Fraktionschefs Andreas Kalbitz AfD-Mitglied bleiben dürfen.

"Die AfD ist meine erste Partei, sie wird auch meine letzte Partei bleiben", sagte Meuthen am Sonntag in Berlin. Er wolle seine Aufgaben weiter wahrnehmen und plane auch nicht eine neue Partei zu gründen.

Meuthen sieht Parteimehrheit hinter sich

Meuthen hatte aufgrund von Kalbitz` rechtsextremistischer Vergangenheit im Mai im Bundesvorstand mit Unterstützern die Annullierung von dessen Mitgliedschaft beschlossen und später die Spaltung der AfD angeregt. Im Anschluss erklärte das Berliner Landgericht in einem Urteil den Parteiausschluss für unzulässig.

"Auch wenn er in der Partei nicht rechtsextremistisch agiert hat, hat er eine rechtsextremistische Vergangenheit", sagte Meuthen. Auch andere Mitglieder seien aus diesen Gründen ausgeschlossen worden. "Rechtsextremisten dulden wir in unserer Partei nicht", behauptete der 59-Jährige.

Er zeigte sich "sehr zuversichtlich", dass das Schiedsgericht der AfD die Annullierung bestätigt. "Ich weiß sehr genau, dass ich eine deutliche Mehrheit in der Partei hinter mir habe", erklärte Meuthen.

Kalbitz ist neben Björn Höcke einer der führenden Köpfe des laut eigenen Angaben mittlerweile aufgelösten Flügels. Das vor allem in Ostdeutschland einflussreiche Netzwerk zählt um die 7.000 Unterstützer und wird vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Bestrebungen als Beobachtungsfall geführt.

Attacke gegen Verfassungsschutz

Zugleich wehrte sich Meuthen gegen die Aussagen von Moderator Oliver Köhr, wonach der gesamte Flügel rechtsextremistisch sei. "Ich weise das in aller Form zurück."

Das Bundesamt für Verfassungsschutz habe nur einige wenige Personen als Rechtsextremisten bezeichnet, behauptete Meuthen und holte zu einer Attacke auf den Verfassungsschutz aus ("sagt vieles und das wenigste davon stimmt").
Überhaupt störte sich der Wirtschaftsprofessor daran, dass der Moderator die ersten zehn Minuten nur über den Rechtsextremismus in der Partei sprechen wollte. "Haben wir schon über ein einziges politisches Thema gesprochen?", fragte Meuthen sichtlich genervt.

Köhr entgegnete trocken: "Rechtsextremismus ist ein politisches Thema." Offenbar wollte sich die ARD nicht den Vorwurf gefallen lassen, im Sommerinterview allzu zahm mit Meuthen umgegangen zu sein, wie es zuletzt dem RBB nach dem Gespräch mit Kalbitz widerfahren war.

Warum er gegen den Thüringer Partei- und Fraktionschef Björn Höcke nicht ähnlich aktiv werde wie gegen Kalbitz, wollte der Moderator schließlich wissen. Zum einen, weil Parteiausschlussverfahren oft scheitern, so Meuthen. Höcke hatte ein solches Verfahren schon einmal überstanden.

Und: "Herr Höcke hat keinen Anlass für eine Annullierung seiner Mitgliedschaft gegeben." Er habe anders als Kalbitz keine unzutreffenden Angaben bei der Aufnahme in die AfD gemacht.

Wahrscheinlich kein AfD-Kanzlerkandidat

In der zweiten Hälfte des Gesprächs kamen schließlich noch einige Sachthemen zur Sprache. Meuthen kritisierte die Corona-Politik der Bundesregierung, etwa die späte Gründung eines Corona-Kabinetts oder die verzögerte Einführung der Maskenpflicht, als die gesunkenen Fallzahlen die Maßnahme nicht mehr erfordert hätten. Und er kündigte an, den Kompromiss-Leitantrag auf dem geplanten Rentenparteitag zu unterstützen.

An einen Kanzlerkandidaten der AFD hat Meuthen bisher "keinen Gedanken verschwendet". In seinen Augen ist es ohnehin illusorisch, dass die AfD nach der Bundestagswahl 2021 das höchste Regierungsamt stellen wird.

Wahrscheinlicher sei ein zweiköpfiges Team an Spitzenkandidaten. Beschließen müssten das allerdings die Partei-Gremien.
Am Ende versuchte der AfD-Sprecher den Eindruck zu widerlegen, dass die "Alternative für Deutschland" aufgrund der Konflikte zwischen Gemäßigten und Flügel-Unterstützern, zwischen ihm und Kalbitz, gespalten sei.

"Ich garantiere", sagte Meuthen, "dass die AfD nicht zerstritten, sondern sehr geeint in die Wahl geht". Nach dem Grabenkämpfen der letzten Monate scheint das allerdings sehr unwahrscheinlich zu sein.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.