In einer Kolumne schrieb Hengameh Yaghoobifarah darüber, die Polizei auf den "Müll" zu verfrachten und sorgte für Empörung. Nun macht die "taz"-Autorin Werbung für das Luxuskaufhaus KaDeWe. Für die Gewerkschaft der Polizei ist die Aktion ein gefundenes Fressen.
Die umstrittene "taz"-Kolumnistin Hengameh Yaghoobifarah macht jetzt Werbung für das Berliner Luxuskaufhaus KaDeWe. Als Model in einer Porträt-Strecke zeigt sie sich in einem Ledermantel für 3.900 Euro und Stiefeln für 459 Euro.
Die KaDeWe-Werbung, in der die Kolumnistin eines von mehreren Models ist, schlägt einige Wellen. "Es ist schon verwunderlich, dass eine Dame, die sich den antikapitalistischen Kampf auf die Fahne geschrieben hat, für durchaus kostspielige Mode modelt", sagte Benjamin Jendro, Sprecher des Landesverbandes Berlin der Gewerkschaft der Polizei (GdP), dem "Tagesspiegel" vom Donnerstag.
"Mal abgesehen von dieser Scheinheiligkeit sollte sich das KaDeWe schon fragen, ob es nicht vielleicht auch Polizistinnen und Polizisten gibt, die dort einkaufen, und die dann die Person im Schaufenster sehen, die sie allesamt auf dem Müll entsorgen wollte."
Die Kolumnistin hatte bei Twitter Anfang der Woche selbst den Blick auf die KaDeWe-Kampagne gelenkt und gefragt: "Denkt ihr,
Man brauche dafür ja nicht zwangsläufig Style, nur Geld. Sie fände es schade, wenn er das Schaufenster mit ihrem Bild verpassen würde. Als die Debatte über ihren Auftritt losging, bezeichnete sie diesen als "linke Propaganda im Luxuskaufhaus".
Scharfe Kritik von Seehofer an Kolumne
Yaghoobifarahs Kolumne über die Polizei ("All cops are berufsunfähig") hatte diesen Sommer bundesweit große Aufmerksamkeit erregt und für Empörung bei Vertretern der Polizei gesorgt.
In dem Text stellte die Autorin ein Gedankenspiel an, wo Polizisten arbeiten könnten, wenn die Polizei abgeschafft würde, der Kapitalismus aber nicht.
Zum Schluss hieß es in dem Text: "Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten."
Auch Bundesinnenminister Horst Seehofer hatte nach Veröffentlichung der Kolumne scharfe Kritik an der Autorin geäußert und zeitweise sogar erwogen, Strafanzeige gegen die Verfasserin zu stellen, was er letztlich aber nicht tat.
Der Presserat, der fast 400 Beschwerden zu dem Text erhielt, sah die darin getroffenen Aussagen aber von der Meinungsfreiheit gedeckt. Nach Ansicht des Gremiums ist der Artikel demnach kein Verstoß gegen den Pressekodex, an dessen ethischen Standards sich die Medienbranche orientiert.
Presserat gibt Yaghoobifarah nach Empörung Rückendeckung
"Die Mitglieder kamen mit überwiegender Mehrheit zu dem Schluss, dass der Text nicht gegen die Menschenwürde von Polizistinnen und Polizisten nach Ziffer 1 des Pressekodex verstößt, da sich die Kritik auf eine ganze Berufsgruppe und nicht auf Einzelpersonen bezieht", hieß es.
Auch falle die Polizei anders als etwa Angehörige von religiösen oder ethnischen Minderheiten nicht unter den Diskriminierungsschutz des Kodex, weil die Polizei eine gesellschaftlich anerkannte Berufsgruppe sei. Der Presserat erklärte zudem: "Die Satire bezieht sich im Kern auf die gesellschaftliche Debatte über strukturelle Probleme bei der Polizei wie Rechtsradikalismus, Gewalt und Rassismus." (dpa/thp)
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