- Mindestens fünf Tote und mehr als 100 Verletzte forderte am Donnerstagabend ein Tornado in Tschechien.
- Von einer "Spur der Verwüstung" und der "Hölle auf Erden" sprechen Betroffene.
- Die Frage an einen Tornado-Experten: Kann so etwas auch bei uns passieren?
Andreas Friedrich vom Deutschen Wetterdienst fackelt nicht lange mit der Antwort auf die naheliegende Frage, ob ein Tornado mit derselben Zerstörungskraft wie in Tschechien auch hierzulande möglich sei. "In der Tat hätte so etwas bei der derzeitigen Wetterlage in Süddeutschland durchaus auch bei uns geschehen können", sagt er. Es sei "reiner Zufall", dass sich der Tornado im tschechischen Mähren gebildet habe und nicht hier – "zum Beispiel über dem Olympiastadion in München."
Entwarnung kann der Tornado-Experte nur insofern geben, als dass das gefährliche Wetterphänomen von einer ganzen Reihe von Begleitumständen abhängig sei. "Dass ein Tornado überhaupt entsteht, ist von vielen Zufällen abhängig", sagt Friedrich, und ob sich am Ende wirklich einer bilde, sei leider auch dann nicht vorauszusagen, wenn alle "Ingredienzien" vorhanden seien.
Am wichtigsten sind Augenzeugen
Blitz und Donner sind für einen Tornado entbehrlich, ein Gewitter muss nicht dabei sein. Zunächst einmal brauchte es vor allem eine Schauerwolke. Deren untere Grenze darf sich höchstens einen Kilometer über der Erdoberfläche befinden und unter ihr sollte es eine sehr feuchte Luftschicht geben. Die Bildung eines Wolkenschlauchs in der feuchten Luftschicht erzeugt enorme Energie. Zum Tornado wird auch diese erst, wenn Winde mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Richtungen aufeinandertreffen – aus ihnen kann dann die schnelle Rotation des Tornados entstehen.
Doch selbst wenn alle diese "Zutaten" beisammen sind, muss kein Tornado daraus werden. Im Gegenteil kommt es dazu nur in etwa zehn Prozent der Fälle. Warum in vergleichbaren Situationen manchmal ein Tornado entsteht – und manchmal eben nicht – ist wissenschaftlich nicht geklärt. Diese Unsicherheit führt dazu, dass die Wetterdienste vor Tornados erst warnen können, wenn Augenzeugen den charakteristischen "Rüssel" am Himmel melden. Der DWD stellt dafür eine kostenlose Smartphone-App zur Verfügung. Sie sorgt dafür, dass nach der Sichtung eines solchen "Rüssels" sehr schnell eine Warnung mit maximal 30 bis 60 Minuten Vorwarnzeit herausgegeben wird – auch wenn sich auch dann nur in manchen Fällen ein wirklicher Tornado entwickelt.
Klimawandel macht Tornados noch zerstörerischer
Die Zerstörungskraft von Tornados wird nach der in Japan entstandenen Fujita-Skala gemessen, die solche Stürme in die Klassen F 0 bis F 5 einteilt. Andreas Friedrich geht davon aus, dass der tschechische Tornado vom Donnerstag zur zweitstärksten Kategorie F 4 gehörte – mit einer Windgeschwindigkeit zwischen 330 und 420 Kilometern pro Stunde.
Wer beim Auftauchen von Tornados an den Klimawandel denkt, liegt im Übrigen nicht ganz richtig, aber auch nicht ganz falsch. Wetterexperte Friedrich berichtet, die Sichtungen von Tornados hätten in den letzten 30 bis 40 Jahren zugenommen. Doch das zeigt nur, dass mithilfe von Smartphones und Webcams viel mehr von ihnen entdeckt werden. Auch aus den USA kennt man das Phänomen. Dort registrieren Zehntausende von so genannten "storm chasers" eine Vielzahl von Tornados, zum Teil werden diese "Sturmjäger" für ihr Hobby sogar bezahlt.
"Weil dort die Beobachtungen viel genauer sind, sind auch die US-Statistiken viel genauer als unsere", sagt Friedrich. Die Zahlen aus Übersee zeigen indessen: "Das Vorkommen von Tornados schwankt von Jahr zu Jahr, aber es werden trotz des beginnenden Klimawandels nicht mehr." Das ist allerdings kein Grund zur Entwarnung – den Tornadoexperten bereitet der Klimawandel aus anderen Gründen Sorgen: "Wir werden in Zukunft viel mehr Trockenheit und Dürre haben als heutzutage", sagt Friedrich. "Und je heißer es ist, desto mehr Energie kann ein Tornado entfalten." Die Folge: Es werde in Zukunft, meint der Experten, nicht mehr Tornados geben als heute, aber wohl mehr gefährlichere.
Deshalb warnt der Experte: Wer einen Tornado beobachtet, dem er nicht ausweichen kann, der sollte schleunigst zu filmen aufhören, sein Smartphone weglegen und sich im Keller in Sicherheit bringen. "Nur ein geschlossener Raum ohne Fenster bietet Sicherheit", mahnt Andreas Friedrich.
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