Der "Internationale Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie" soll auf Gewalt und Diskriminierung gegen Homosexuelle aufmerksam machen. Zwar steigt die Zahl der Staaten, in denen Homosexualität gesellschaftlich akzeptiert wird - aber noch immer droht in sieben Staaten bei gleichgeschlechtlicher Liebe die Todesstrafe.

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Erst am 17.Mai 1990 beschloss die Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation etwas, was vielen heute selbstverständlich erscheint. Homosexualität wurde von der Liste der psychischen Krankheiten gestrichen.

Danach dauerte es noch einmal vier Jahre bis der berüchtigte Paragraph 175 aus dem deutschen Strafgesetzbuch entfernt wird. Der sogenannte "Schwulenparagraph" hatte sexuelle Handlungen zwischen männlichen Personen unter Strafe gestellt. Damit endete die juristische Verfolgung der gleichgeschlechtlichen Liebe in Deutschland.

Homosexualität als Provokation

Die Einführung der "Homo-Ehe" und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) waren weitere wichtigen Etappen einer Entstigmatisierung, die immer noch nicht überall vollendet ist. Gewalt und Anfeindungen gehören nach wie vor zur Erfahrung vieler Schwuler und Lesben, wie das Aktionsbündnis "Maneo - Das schwule Anti-Gewalt-Projekt" in Berlin zum "Tag gegen Homophobie" auf seiner Homepage schreibt.

Die stärkere Sichtbarkeit homosexueller Paare in der Öffentlichkeit empfänden viele Menschen noch immer als Provokation. Immer wieder käme es deshalb zu Handgreiflichkeiten, Pöbeleien und Gewalt.

Dabei ist Deutschland vergleichsweise weit bei der gesellschaftlichen Akzeptanz der homosexuellen Liebe. "In vielen Ländern drohen Schwulen und Lesben Gefängnisstrafen, Folter und mitunter sogar die Todesstrafe. Politische und auch religiöse Führer schüren ein Klima des Hasses", sagt Markus Ulrich vom Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) im Gespräch mit unserer Redaktion.

Viele Homosexuelle lebten noch immer "in ständiger Gefahr und Angst". Wer sich für die Menschenrechte engagiere, riskiere viel: Denn "Gewalttaten bleiben ungeahndet, oftmals sind Polizei und Staatsorgane an Übergriffen beteiligt", so Ulrich.

Homosexuellen droht in sieben Ländern die Todesstrafe

Unter Berufung auf die Daten der "International Lesbian and Gay Association" (ILGA) hat die gemeinnützige Hirschfeld-Eddy-Stiftung den rechtlichen Status von homosexuellen Menschen weltweit auf ihrer Homepage dokumentiert.

Die Experten benennen derzeit 76 sogenannte "Verfolgerstaaten", in denen Homosexualität oder andere Varianten jenseits der heterosexuellen Liebe teilweise drakonisch bestraft werden.

In sieben Staaten werde Homosexuellen sogar mit dem Tod bestraft. Laut ILGA sind das der Iran, Jemen, Mauretanien, Saudi-Arabien, Sudan und Teile von Nigeria und Somalia.

In vielen anderen Ländern droht zwar nicht die Todesstrafe, dafür wird die gleichgeschlechtliche Liebe zum Beispiel mit Peitschenhieben, Gefängnisaufenthalten, Berufsverboten und gesellschaftlicher Ächtung bestraft. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung unterscheidet dabei verschiedene "Verfolgerstaaten"-Gruppen.

Einen "homogenen homophoben" Block bilden zum Beispiel die muslimischen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens sowie Nordafrikas. Ebenfalls ein mehrheitlich "homophobes Strafrecht" weisen nach diesen Zahlen ehemalige britische und französische Kolonien auf, die oft die gesetzlichen Regelungen aus der Kolonialzeit übernommen haben. Im sogenannten "Afrikanischen Block" kommen laut ILGA in 36 Staaten homophobe Gesetze zur Anwendung.

In Asien gehen 22 Staaten noch immer gerichtlich gegen Homosexualität vor. Außerdem werden in zehn englischsprachigen Karibik-Staaten homosexuelle Handlungen per Gesetz verfolgt.

Osteuropa: Keine homophoben Gesetze, aber auch keine Gleichstellung

In 115 weiteren Staaten gibt es laut ILGA kein homophobes Strafrecht, dafür allerdings auch keine Gesetze, die der nach wie vor weit verbreiteten Diskriminierung von Homosexuellen entgegenwirken könnten.

Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung nennt hier unter anderem die Staaten des ehemaligen Ostblocks in Europa, in denen es beispielsweise immer wieder zu Verboten von Veranstaltungen zum Christopher Street Day komme.

Nicht verfolgt, aber auch nicht gesellschaftlich anerkannt werde Homosexualität in 16 afrikanischen, 21 asiatischen Staaten sowie den Ländern der ehemaligen UDSSR.

Positive Entwicklung in der nördlichen Hemisphäre - und in Lateinamerika

Aber die ILGA hat zum "Tag gegen Homophobie" auch Positives zu berichten: Demnach kenne ganz Lateinamerika keine homophoben Strafgesetze mehr. In immer mehr Staaten oder Regionen gebe es zudem Partnerschaftsgesetze und Gesetze zum Schutz vor Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität.

In einigen Ländern ist ein Diskriminierungsverbot sogar in der Verfassung verankert. Die Hirschfeld-Eddy-Stiftung nennt hier Ecuador, Bolivien, Uruguay, Kolumbien, Mexiko und Regionen Brasiliens.

Südafrika habe als rühmliche Ausnahme auf dem afrikanischen Kontinent die Ehe für homosexuelle Paare geöffnet. Die Verfassung schützt dort bereits seit 1997 Lesben und Schwule vor Diskriminierung.

Bleibt zuletzt der Blick auf die sogenannte nördliche Hemisphäre, zu der die Europäische Union, Norwegen, die Schweiz und Teile Nordamerikas gezählt werden. Hier gibt es laut ILGA keine homophoben Strafgesetze mehr, sondern Partnerschafts- sowie Schutzgesetze für Lebensgemeinschaften jenseits der Heterosexualität.

Dass es neben der rechtlichen Gleichstellung jedoch auch weiterhin um eine Bekämpfung von tief sitzenden Ressentiments in Teilen der Bevölkerung geht, daran erinnert der "Tag gegen Homophobie" - auch in Deutschland.

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