Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg sind auf Spielplätzen scharfe Gegenstände und gefährliche Gegenstände aufgetaucht. Unter anderem wurden Rasierklingen oder Nadeln im Sandkasten vergraben. Die Polizei ermittelt.

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Ist es ein Kinderhasser? Ein geistig verwirrter Mensch? Oder ein Gentrifizierungsgegner? Jemand, der einfach seine Ruhe haben will? Im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg rätselt man über einen Täter, der es offenbar auf Kinder abgesehen hat. Immer wieder finden sich in diesem Sommer scharfe und gefährliche Gegenstände auf einem bestimmten Spielplatz oder in dessen Umgebung. Die Polizei ermittelt und die zuständige Bezirksverwaltung Pankow verspricht besorgten Eltern, sich verstärkt um den Platz zu kümmern.

Der Arnimplatz liegt ein ganzes Stück im Norden von Prenzlauer Berg, jenseits der bekannten Kneipenszene rund um Kollwitzplatz und Mauerpark. Aber die gut verdienende Mittelschicht aus Deutschland und Europa ist längst auch hier angekommen. Es gibt vegane Restaurants und einen Supermarkt mit umfangreicher Fischabteilung.

Im Buddelsand des dortigen Spielplatzes werden Anfang August eine Handvoll Reißzwecken entdeckt. Bisher habe man ab und zu Glasscherben oder Rasierklingen gefunden, sagt eine Frau vom zuständigen Bezirksamt Pankow. "Reißzwecken sind neu."

Zwei Wochen später zieht dann ein 40-jähriger Vater, der mit seinem Sohn spielt, tatsächlich drei Rasierklingen aus dem gleichen Sand. Ende August sind es dann Nähnadeln, die im Buddelkasten liegen. Während die alarmierte Polizei Spuren sichert, kommt ein Nachbar hinzu und berichtet von einem anderen Spielplatz in der Nähe, wo er eine Rasierklinge fand. Das Grünflächenamt lässt den Sand durchsieben. Die Polizei kündigt zusätzliche Rundgänge an.

Nächster Alarm am 29. August: Vor einer Kita nahe dem bekannten Spielplatz findet ein Hausmeister rund 100 Reißzwecken auf dem Gehweg. Letzter Polizeieinsatz am vergangenen Mittwoch: Eine 29-jährige Mutter spielt mit ihren Kindern im Sandkasten auf dem Arnimplatz und tritt in eine Nadel. Erneute Absperrungen. Die Polizei teilt mit: "Die Ermittlungen (...) dauern an." Es geht um versuchte gefährliche Körperverletzung.

Rasierklingen, Reißzwecken oder Messer wurden in Berlin und Umgebung auch schon auf anderen Spielplätzen gefunden, im Juni in Zehlendorf, im Süden der Hauptstadt, im September in Potsdam. Aber solche Vorfälle gibt es auch andernorts: In Nagold bei Stuttgart fand am vorigen Donnerstag eine Mutter beim Spielen mit ihrem zweijährigen Kind ein rund 15 Zentimeter langes Messer, dessen Klinge senkrecht aus dem Sand ragte. Und Ende August gab es einen ähnlichen Vorfall in Freudenstadt.

Motiv ist noch unklar

Doch in Prenzlauer Berg entsteht der Eindruck eines Serientäters. Es habe tatsächlich inzwischen mehrere Vorfälle gegeben, mehr wisse man bisher aber nicht, sagt ein Polizeisprecher. Und fügt hinzu: "Es gibt schon seltsame Menschen in dieser Stadt."

Bezirksstadtrat Daniel Krüger (AfD), verantwortlich für das Ordnungsamt, will nicht über einen möglichen Kinderhasser spekulieren. "Über die Motivation des Täters kann ich nichts sagen. Wir sind jetzt erstmal gefordert, dort wachsam zu sein." Das Ordnungsamt werde mit seinen Kontrolleuren präsenter sein. "Wir gehen davon aus, dass sich dieses Unwesen abends oder nachts abspielt. Wichtig ist daher, dass wir verstärkt ein Auge darauf werfen und auch mal in Uniform über den Platz laufen."

Auch gebrauchte Spritzen sind ein Problem

Häufiger als die gezielten und heimtückischen Verletzungsversuche mit Nadeln oder Rasierklingen sind in der Großstadt allerdings die Gefahren durch gebrauchte Spritzen von Drogensüchtigen. "Das ist sicher ein stadtweites Problem, besonders in den Innenstadtbezirken, sagt der Polizeisprecher. Andere Städte wie Hamburg und Frankfurt kennen das auch. Die Einweg-Spritzen liegen in Hauseingängen, Parks und zahlreichen Spielplätzen.

In Berlin-Kreuzberg trat kürzlich ein Junge in eine Spritze, die durch den Turnschuh stach und ihn verletzte. In Schöneberg, einem alternativ-bürgerlichen Stadtteil im Westen der Stadt, gründete sich eigens die Nachbarschaftsinitiative "Clean Kiez". Die Mitglieder tragen orange Westen mit der Aufschrift "Kehrenbürger" und sammeln regelmäßig auf Spielplätzen Spritzen ein. Ein Ergebnis war nun in der "Berliner Zeitung" als Foto zusehen: etwa 50 Spritzen, gesammelt an einem Nachmittag auf mehreren Spielplätzen.  © dpa

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