Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Eine junge Mutter ließ ihren einjährigen Sohn verhungern und verdursten. Lebenslange Haft lautete das Urteil. Das wurde jetzt aufgehoben.

Mehr Panorama-News

Das Landgericht Rostock muss sich erneut mit dem Fall einer jungen Mutter befassen, die im Dezember vorigen Jahres wegen Mordes durch Unterlassen an ihrem einjährigen Sohn zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt wurde.

Der Bundesgerichtshof gab dem Revisionsantrag der zum Zeitpunkt des Urteils 24-jährigen Angeklagten statt und hob das Urteil auf. Allerdings bleiben die zugehörigen Feststellungen laut BGH aufrechterhalten. Bei einer Revision werden ausschließlich mögliche Rechtsfehler geprüft.

BGH rollt Fall erneut auf

Aus Sicht des BGH fehlte es beim Urteil vom 19. Dezember 2023 unter anderem an der erforderlichen umfassenden Abwägung aller für und gegen die Angeklagte sprechenden Umstände. Die Sache bedürfe einer neuen Verhandlung und Entscheidung. Der 6. Strafsenat des BGH verwies den Fall deshalb an eine andere zuständige Strafkammer des Rostocker Landgerichtes zurück.

Zu den nicht beanstandeten Feststellungen gehört indes, dass die Frau aus Güstrow ihren an Durchfall schwer erkrankten einjährigen Sohn am 20. September 2021 in einem Autositz angeschnallt, schlafend und unversorgt in seinem Kinderzimmer zurückließ, um den Abend und die Nacht bei einem Bekannten zu verbringen. "Die hiermit verbundene Lebensgefahr für ihren Sohn erkannte sie und nahm seinen möglichen Tod billigend in Kauf", führte der BGH in seiner Mitteilung auf.

Richter bezeichnet Verhalten der Mutter als "pure Eigensucht"

Das Urteil erließ vor einem Jahr eine Strafkammer unter dem Vorsitz eines inzwischen in den Ruhestand gegangenen Richters. Dieser hatte der Angeklagten bei der Urteilsverkündung "pure Eigensucht" vorgeworfen. Stundenlang habe sie WhatsApp-Nachrichten geschrieben und neben dem Einjährigen auch ihren damals vierjährigen Sohn schwer vernachlässigt. "Die Kinder waren für Sie ein Störfaktor", so der Richter damals. Auch dem Jugendamt hatte der Richter völliges Versagen attestiert.

Während die Mutter die Nacht bei ihrem Freund und Nachbarn nur eine Etage über ihrer Wohnung verbrachte, starb das Kind infolge starken Durchfalls bei hochgradigem Flüssigkeitsverlust an einem Gerinnsel in den Lungenschlagadern. Die Angeklagte sei "selbstsüchtig ihren eigenen Interessen" nachgegangen, steht auch in den Feststellungen, die auch der BGH zitiert. Allerdings halte die vom Landgericht wegen Mordes durch Unterlassen verhängte lebenslange Freiheitsstrafe einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. (dpa/bearbeitet von lag)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.