Bei 36 Grad komme einem das Leben gar nicht hart vor, textete einst die Berliner Band Zweiraumwohnung. Im Emsland waren es mehr als sechs Grad mehr - statt zu tanzen, schwitzten die Lingener.
Es ist ein beschaulicher Sommernachmittag in Lingen. Nicht viel los in der Innenstadt an dem Donnerstag, als die größte Stadt des Emslandes Geschichte schreibt. 42,6 Grad Celsius registriert die Messstation an diesem Nachmittag - so heiß war es noch nie in Deutschland. Zu heiß für viele Lingener.
"Es könnten auch ein paar Grad weniger sein", sagt die ältere Dame, die gerade aus dem Einkaufszentrum kommt und ihr Fahrrad besteigt. "Das ist doch zu warm." Im Einkaufszentrum sei es klimatisiert gewesen. Jetzt will die 68-Jährige nach Hause.
"Habe ich schon gehört", sagt eine Radfahrerin, die stadtauswärts die Unterführung am Bahnhof hoch radelt, zur Frage, was sie vom Hitzerekord hält. Sie schwitzt. "Es ist viel zu heiß", sagt sie keuchend. Den ganzen Tag über habe sie arbeiten müssen, nun freue sie sich auf ein kaltes Getränk zu Hause.
Eis schleckend schlendert ein junges Pärchen durch die Innenstadt. "Das ist das beste, was man jetzt machen kann", sagt die 25 Jahre alte Arzthelferin und lacht. Sie musste heute den halben Tag arbeiten, ihr ebenfalls 25 Jahre alter Freund nicht. "Das ist schon viel zu viel" sagt er zur Hitze. Beide wirken vergnügt, aber nicht unbedingt wegen des Hitzerekords.
Zu heiß für Eis
"Das war doch schon oft hier so, dass es sehr heiß war", sagt Lisa Steffens, die am Bahnhof stadtauswärts schlendert. Am Vortag hätten sie und ihre Freunde sich gewundert, dass der Hitzerekord nicht nach Lingen gegangen war. Sie arbeite im Altenheim - die Bewohner gingen mit der Hitze um wie jüngere Menschen auch. "Früh die Zimmer lüften, und immer viel trinken", sagt sie. Bei den Senioren müsse gerade darauf besonders geachtet werden. Am Abend will sie mit ihren Freunden noch zum Lohner See im benachbarten Wietmarschen, sagt die 27-Jährige. "Kühl wird es da bestimmt nicht", lacht sie.
Christiane Wermers ist derzeit mit ihren Kindern aus Berlin zu Besuch bei ihren Eltern in Lingen. Mit Blick auf die Temperaturen dort sagte sie: "Ich hätte nicht gedacht, dass wir besser in Berlin geblieben wären, weil es in Lingen noch heißer ist." Den Freibadbesuch am Vormittag haben sie vorzeitig wegen der Hitze abgebrochen. "Wir verbringen jetzt den Rest des Tages im Haus, obwohl es draußen ja eigentlich schöner wäre."
Flaute herrscht in der Eisdiele Giardino unweit des Marktplatzes. Kaum ein Kunde ist da. "Ist zu heiß", zuckt Chef Buso Bernardi mit den Achseln. Fürs Eisgeschäft seien Temperaturen zwischen 25 und 30 Grad besser. Aber er verkaufe mehr Eis auf die Hand. Viel Umsatz mache er heute aber nicht.
Im Reisebüro gegenüber schwitzt die 53 Jahre alte Angestellte. "Das ist überhaupt nicht gut", kommentiert sie die Hitze. Viele Geschäfte hätten früher geschlossen wegen der Hitze - ihr Geschäft musste geöffnet bleiben. "Es gab keine Mail von der Zentrale, dass wir früher gehen dürfen", sagt sie und fächelt sich Luft zu. In der vergangenen Nacht sei es in ihrer Wohnung 30 Grad warm gewesen, und auf dem Balkon 29 Grad. "Es ist viel zu heiß draußen", sagt sie.
Auch die Stadtverwaltung schickte die meisten ihrer Mitarbeiter in den früheren Feierabend. Schon um 15 Uhr durften sie Hitzefrei machen. Aber Dieter Krone, der parteilose Oberbürgermeister der Stadt, harrte bei 32 Grad Innentemperatur in seinem Büro aus und bearbeitet Akten. (br/dpa)
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