Nach dem Fund eines Massengrabs unweit der Stadt Iguala im Südwesten Mexikos stellt sich die Frage: Wie gefährlich ist das fünftgrößte Land auf dem amerikanischen Kontinent? Und warum gelingt es immer noch nicht, die Gewalt einzudämmen?

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Mexiko befindet sich nicht im Krieg und doch fällt jeden Tag eine Vielzahl von Menschen der exzessiven Gewalt zum Opfer. Am 9. Januar 2010 wurden laut mexikanischen Tageszeitungen wie "El Universal" innerhalb von nur 24 Stunden in ganz Mexiko 69 Menschen ermordet. Davon allein 25 in der Stadt Ciudad Juarez. Bis dahin lag der traurige Rekord aus dem Jahr davor bereits bei 57 Toten. Für das Jahr 2011 erreichte die Anzahl mit über 12.360 gezählten Mordopfern im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität einen weiteren erschütternden Höhepunkt. Seitdem sinkt die Mordrate allerdings kontinuierlich. 2013 waren trotzdem noch rund 7.160 Ermordete zu verzeichnen. Wobei Experten die Dunkelziffer als weit höher einschätzen.

Laut einer Studie der mexikanischen Nichtregierungsorganisation Consejo Ciudadano para la Seguridad Pública y Justicia Penal (CCPS) aus dem Jahr 2013 zählt Mexiko an zweiter Stelle zu den 50 gefährlichsten Staaten weltweit. Spitzenreiter ist demnach Brasilien. Als gefährlichste mexikanische Stadt benennt CCPS den beliebten Ferienort Acapulco de Juárez im Bundesstaat Guerrero, in dem 2012 auf 100.000 Einwohner knapp 113 Morde kamen. Guerrero gilt in dem Bericht mit fast 62 Morden je 100.000 Einwohner als der insgesamt gefährlichste der 32 Bundesstaaten.

Dass Mexiko im Sumpf der Gewalt versinkt, liegt an den zahlreichen Kartellen und Banden, die das Land unter sich aufgeteilt haben und weder am helllichten Tag noch an überlaufenen, öffentlichen Plätzen vor offenen Schießereien zurückschrecken. Recherchen der 2010 gegründeten amerikanischen Stiftung Insight Crime zufolge zählen die folgenden drei Kartelle zu den einflussreichsten:

  • Das Sinaloa-Kartell besteht aus Mexikos Top-Kriminellen und wird häufig als das größte und mächtigste Drogen-Kartell der westlichen Hemisphäre bezeichnet. Die Mitglieder beschützen sich gegenseitig – auch dank Verbindungen zu höchsten Amtsträgern in Politik und Wirtschaft sowie der Polizei.
  • Das Golf-Kartell ist das älteste Kartell und galt lange als einflussreichste kriminelle Organisation in Mexiko. In den letzten Jahren hat die Gruppe aufgrund rivalisierender Neuankömmlinge und Splittergruppen wie etwa den Zetas jedoch viel Land und Einfluss eingebüßt.
  • Die Zetas, ehemals der Söldner-Trupp des Golf-Kartells, gehören seit ihrer Abspaltung 2010 zu den gewalttätigsten mexikanischen Kartellen. Ihr Name entstammt einem Funk-Code für ranghohe Militärs und steht mittlerweile auch in Guatemala als Synonym für ungeheure Brutalität. Die US-amerikanische Drogenbehörde nennt die Zetas die "technologisch am weitesten entwickelte, bestorganisierte, paramilitärische Gruppe".

Die allgegenwärtigen Drogenkartelle lassen nicht nur die mexikanische Polizei völlig hilflos wirken. Auch das Militär bekommt die Situation nicht unter Kontrolle. Anfang November 2013 besetzte es zwar die Hafenstadt Lázaro Cárdenas, die als Drogenumschlagplatz bekannt ist, ohne jedoch die Kriminalität eindämmen zu können. Über 425.000 Polizisten arbeiten in den Kommunen, 34.500 zählt die Bundespolizei – zusammengefasst in über 2000 mehr oder weniger selbstständigen Einheiten, weil jeder Bundesstaat und jede Gemeinde ihr eigenes Corps hat. Insgesamt 70.000 Polizisten ließ Mexikos vorheriger Präsident Felipe Calderón für seinen Anti-Drogen-Feldzug abstellen, um gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen. Doch vergebens. Die häufig schlecht ausgebildeten und ebenso schlecht entlohnten Gemeindepolizisten gelten als besonders korrumpierbar. Nicht wenige Polizisten und Behördenmitarbeiter sind – den richtigen Preis vorausgesetzt – selbst in kriminelle Machenschaften verwickelt.

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