Angebliche Magie, eine Entführung, Schüsse in einer Plattenbausiedlung: Was klingt wie ein TV-Krimi, hat sich in Leipzig zugetragen. Dort scheiterte ein Fall von wundersamer Geldvermehrung. Und mündete in einen Prozess um Selbstjustiz gegen fünf Männer.
Rund eineinhalb Jahre nach der Entführung eines selbst ernannten Voodoo-Zauberers aus Leipzig sind am Donnerstag fünf Männer zu Bewährungsstrafen verurteilt worden. Das Geschehen habe sich "trotz der Dramatik milder dargestellt als zunächst angeklagt. Es war ein eher untypischer Fall von Selbstjustiz", begründete Bernd Gicklhorn, Vorsitzender Richter am Landgericht Leipzig, die Entscheidung.
Vier Männer erhielten Freiheitsstrafen von zwei Jahren wegen Freiheitsberaubung, gefährlicher Körperverletzung und versuchter Nötigung. Ein weiterer Angeklagter wurde wegen Beihilfe zu sechs Monaten verurteilt. Alle Strafen wurden zur Bewährung ausgesetzt.
Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft kündigte an, Rechtsmittel zu prüfen.
Selbsterklärter Magier behauptete, Geld vermehren zu können
Der Fall ist äußerst skurril: Anfang vergangenen Jahres ging eine Familie aus Syrien, die in Magdeburg lebt, einem Mann aus Kamerun auf den Leim. Er behauptete, mittels Zauberei Geld vervielfachen zu können.
Leichtgläubig übergab die Familie dem Mann 15.000 Euro. Wie zu erwarten war, gelang die Vermehrung trotz geheimnisvoller Flüssigkeit und Beschwörungsformeln nicht. Das Geld und der Magier waren weg.
"Die Familie hat sich von einem Betrug täuschen lassen, wie es der Kammer noch nicht untergekommen ist", erläuterte der Richter. Aufgrund "fehlenden Realitätssinns, einer unglaublichen Dreistigkeit und hanebüchenen Angaben des Opfers" sei die Familie um ihr angespartes Geld gebracht worden.
Dass die Mitglieder nicht zur Polizei gegangen waren, habe laut Kammer auch daran gelegen, dass sie aus "Ehrschutzgründen nicht sagen wollten, für wie dumm man sich hat verkaufen lassen". Der Familienvater habe sich in der Pflicht gesehen, das Geld wiederzubekommen.
Filmreife Entführung in Leipzig
Mit seinen beiden Söhnen und Freunden machte er den Betrüger in einem Plattenbau in Leipzig ausfindig. Die Männer maskierten sich und entführten den angeblichen Voodoo-Zauberer.
Dabei wurden in der dicht bewohnten Plattenbausiedlung auch Schüsse aus einer Schreckschusspistole in die Luft abgegeben, um Zeugen abzuschrecken. Weil die Entführer kein Geld entdeckten, nahmen sie den Mann mit nach Magdeburg, schlugen und fesselten ihn.
Eine Lösegeldforderung an den Onkel des Opfers scheiterte, weil dieser nicht zahlen wollte. So kehrten die Männer zwei Tage später nach Leipzig zurück, um die Wohnung des falschen Zauberers erneut zu durchsuchen. Dabei wurden sie von der Polizei, die die Wohnung überwacht hatte, festgenommen.
Im Prozess hätten sich die ursprünglich angeklagten Vorwürfe der Geiselnahme und des erpresserischen Menschenraubes nicht nachweisen lassen, erläuterte Staatsanwalt Sebastian Batzer. "Für eine Geiselnahme hätte sich das Opfer mit dem Tode bedroht fühlen müssen. Dafür hatten sich nicht ausreichend Beweise ergeben."
Das Opfer hatte in dem Prozess nicht ausgesagt. Der Mann hatte aber zuvor bei einer Ermittlungsrichterin angegeben, von den Männern zwar geschlagen, aber nicht mit dem Tode bedroht worden zu sein. Und für die Kammer kam erpresserischer Menschenraub nicht infrage, weil die Familie "nicht mehr gefordert hatte als das ergaunerte Geld".
Gegen den angeblichen Zauberer wird ermittelt
Der Staatsanwalt hatte für drei Männer eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und vier Monaten sowie für zwei andere eine Bewährungsstrafe gefordert. Die Verteidigung forderte hingegen für einen Angeklagten Freispruch für die anderen Bewährungsstrafen.
Die Angeklagten hatten sich in ihren letzten Worten entschuldigt und den Richter "um eine zweite Chance gebeten". Gegen den angeblichen Voodoo-Zauberer wird indes derzeit noch ermittelt. (André Jahnke, dpa/ank)
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