Der Deutsche Presserat hat Beschwerden über die Berichterstattung der "Süddeutschen Zeitung" zur Flugblattaffäre des stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) als unbegründet zurückgewiesen. Es habe ein erhebliches öffentliches Interesse an dem veröffentlichten Verdacht, Aiwanger habe in seiner Jugend ein antisemitisches Flugblatt verfasst, bestanden, teilte der Presserat am Dienstag in Berlin mit.

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Die Vorwürfe gegen Aiwanger hätten in eklatantem Widerspruch zu dessen Ämtern als Wirtschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident gestanden. Der geschilderte Vorgang habe zwar bereits 35 Jahre zurückgelegen, und Aiwanger sei damals noch nicht volljährig gewesen. Jedoch seien die Vorwürfe so gravierend gewesen, dass darüber habe berichtet werden dürfen, ohne Aiwangers Persönlichkeitsschutz zu verletzen.

Die Mitglieder des Presserats diskutierten demnach auch, ob die nur schrittweise Offenlegung des Sachverhalts durch die Redaktion in aufeinanderfolgenden Artikeln die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt haben könnte. Das Vorgehen sei jedoch nicht zu beanstanden gewesen, weil der Redaktion von Anfang an hinreichende Anhaltspunkte für den geäußerten Verdacht vorgelegen hätten.

Auch eine Vorverurteilung habe nicht vorgelegen, weil die Vorwürfe korrekt als solche und nicht als Tatsachen bezeichnet, dem Betroffenen ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben und entlastende Stimmen zu Wort gekommen seien.

Beim Deutschen Presserat gingen insgesamt 18 Beschwerden über die Berichterstattung ein. Dabei hielten die Beschwerdeführer der Redaktion unter anderem "Kampagnenjournalismus" kurz vor der Landtagswahl in Bayern vor. Der Presserat machte deutlich, dass Redaktionen über den Zeitpunkt von Berichterstattung selbst entscheiden.  © AFP

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