Die Opfer- und Infiziertenzahlen des Coronavirus steigen rapide. Nun hat die WHO den Ausbruch der Krankheit zum Gesundheitsnotstand erklärt. Doch was bedeutet das genau? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

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Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat Verständnis für die Entscheidung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) geäußert, wegen des neuartigen Coronavirus den internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen. Dies sei "völlig nachvollziehbar", sagte Maas am Freitag dem Bayerischen Rundfunk. Vergangene Woche hatte sich die WHO noch gegen einen solchen Schritt entschieden.

Wie fällt die Weltgesundheitsorganisation solche Entscheidungen und welche Auswirkungen hat der Schritt von Donnerstagabend nun auf die Bekämpfung des Virus? Das müssen Sie darüber wissen.

Wie legt die WHO fest, ob ein Gesundheitsnotstand ausgerufen wird?

Ob ein neu entdecktes Virus eine "gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" – so die offizielle Ausdrucksweise - ist, entscheidet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Absprache mit einem Experten-Rat. In diesen Rat beruft die WHO je nach benötigter Fachkenntnis Experten aus allen Mitgliedsländern.

Die Experten wägen ab, ob eine ernste Lage die öffentliche Gesundheit auch in anderen Staaten bedroht und ob eine international koordinierte Reaktion nötig ist. Sie beraten den WHO-Generaldirektor, der die Entscheidung trifft.

Bei einer Notlage - auch Gesundheitsnotstand genannt - handelt es sich um eine "außergewöhnliche Situation, die mit einer erheblichen überregionalen oder potenziell globalen Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung assoziiert ist", wie das Robert Koch-Institut erklärt.

Warum wurde das Coronavirus nicht bereits letzte Woche zur gesundheitlichen Notlage erklärt?

Die Voraussetzungen waren vergangene Woche noch andere: Zu diesem Zeitpunkt waren im Ausland nur Menschen erkrankt, die aus der betroffenen Region in China kamen. Seitdem haben sich aber Menschen auch ohne Aufenthalt in China im Ausland angesteckt, etwa in Deutschland, Vietnam und in Japan.

Was bedeutet es konkret, wenn der Gesundheitsnotstand ausgerufen wird?

Mit der Erklärung der "gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite" sind Empfehlungen verbunden, wie Länder sich schützen und eine Ausbreitung des Virus verhindern können. Zudem werden in der Regel mehr finanzielle und andere Ressourcen freigegeben.

Bei einer Notlage sind die WHO-Mitglieder vor allem dazu verpflichtet, ihre Maßnahmen zu koordinieren. Das hat einen einfachen und wichtigen Hintergrund, wie WHO-Nothilfekoordinator Michael Ryan erklärt: "Wenn jedes Land seine eigenen Maßnahmen verhängt, kann das das Rezept für ein Desaster sein, etwa wirtschaftlich."

Allerdings kann die WHO grundsätzlich nur Empfehlungen aussprechen. Diese sind nicht rechtlich bindend. Jede Regierung kann souverän entscheiden, ob sie den Empfehlungen folgen will, oder diese ignoriert. Von den UN-Mitgliedstaaten wird aber erwartet, dass sie diesen Empfehlungen - beispielsweise Reisebeschränkungen für ganze Landstriche für gewisse Personengruppen, etwa Schwangere im Fall Zika - folgen. Die WHO gibt auch Empfehlungen darüber ab, welche Maßnahmen nicht ergriffen werden sollten, oder gar überflüssig sind. Insgesamt soll somit ein Über- oder Unterreagieren von Staaten verhindert werden.

Wann wurden die letzten Gesundheitsnotstände erklärt?

Die Mitgliedsstaaten der WHO einigten sich 2005 auf das Instrument des Gesundheitsnotstandes, wenn eine Seuche mehrere Länder bedroht und eine koordinierte internationale Antwort erforderlich ist. Seitdem gab es fünf Fälle:

  • Ebola, 2019: Die lebensgefährliche Krankheit ist in einer Grenzregion des Kongo auch nach über einem Jahr Einsatz von medizinischen Fachkräften noch nicht gestoppt. Neuansteckungen können in der prekären Sicherheitslage nicht verhindert werden. Mehr als 2.200 Menschen sind schon ums Leben gekommen.
  • Zika, 2016: Allein in Brasilien sollen sich damals mehr als eine Million Menschen infiziert haben. Eine Infektion mit dem vor mehr als 70 Jahren erstmals in Uganda entdeckten Virus kann bei Neugeborenen zu Schädelmissbildungen führen.
  • Ebola, 2014: Es war der bisher folgenschwerste bekannte Ausbruch von Ebola-Fieber in der Geschichte. In Westafrika erkrankten mehr als 28.000 Menschen, mehr als 11.000 starben. Vor allem Guinea, Liberia und Sierra Leone waren betroffen.
  • Polio, 2014: Der Notfall wegen der Kinderlähmung dauert - anders als die anderen, die die WHO nach der Eindämmung aufhob - bis heute an. Eine Übertragung der Polio-Erreger gab es 2018 und 2019 nur in Afghanistan und Pakistan.
  • Schweinegrippe, 2009: Der neuartige H1N1-Subtyp verursacht eine Grippe-Epidemie mit etlichen Todesfällen. Ihren Ursprung hat sie in Mexiko. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass damals in Deutschland rund 350 Menschen wegen der Pandemie starben. Heute ist die Schweinegrippe Teil der saisonalen Grippe, für die es Impfungen gibt.

(mgb/dpa/afp)

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