Der mutmaßliche Täter im Mordfall Lübcke hat am Freitag den Weg zur Tat geschildert. Besonders ging es in den Fragen des Gerichts um die Rolle und den Einfluss des Mitangeklagten Markus H..
Mehr als drei Stunden hat Stephan Ernst, der mutmaßliche Täter im Mordfall Walter Lübcke, am Freitag auf Fragen der Richter zum Tatablauf geantwortet. Ernst hatte am Mittwoch erstmals vor dem Oberlandesgericht sein Schweigen gebrochen. Über seinen Anwalt ließ er erklären, auf den Kasseler Regierungspräsidenten geschossen zu haben. Der 46-Jährige antwortete am Vormittag auf weitere Fragen der Richter des Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zur Tat, der Planung und Beschaffung der Waffen. Immer wieder ging es auch um die Rolle seines Mitangeklagten Markus H., dem Beihilfe vorgeworfen wird.
Tatverdächtiger belastet Mitangeklagten
Bereits im April hätten die beiden Männer besprochen, "wie das laufen soll", sagte Ernst am Freitag. Das Kirmes-Wochenende an Lübckes Wohnort sei bewusst gewählt worden, weil dann Fremde nicht so auffielen und man nicht hören könne, "dass ein Schuss fällt". Die Tatwaffe besaß Ernst damals schon, wie er sagte. Er habe sie über einen Militaria-Händler bezogen. Damals sei es aber noch nicht um die Planung einer konkreten Tat gegangen, sondern darum, "sich zu bewaffnen."
Ernst hatte am Mittwoch über seinen Anwalt ein drittes Geständnis abgelegt, das der ersten, später widerrufenen Aussage ähnelte. Demnach war er doch der Schütze. Gleichzeitig belastete Ernst Markus H., der ebenfalls am Tatort gewesen sei und eine entscheidende Rolle gespielt habe. H. habe ihn radikalisiert, aufgehetzt und Lübcke als Ziel ins Spiel gebracht.
Auch am Freitag sagte Ernst, H. sei derjenige, der immer wieder von der Notwendigkeit gesprochen habe, dass Deutsche sich bewaffnen müssten. Über H. sei er auch zu einem Schützenverein gekommen, später habe H. immer wieder politische Themen aufgebracht. Er habe den damaligen Arbeitskollegen aber schon 2001 "aus der Szene" von Kameradschaftsabenden gekannt, sagte Ernst, der sich nach eigenen Angaben 2009 aus der rechtsextremen Szene zurückgezogen hatte.
Auch Entsorgung der Tatwaffe geschildert
Der Kasseler Regierungspräsident Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Wohnhauses im Landkreis Kassel getötet worden. Ernst muss sich wegen der Tat vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts verantworten. Der Generalbundesanwalt wirft dem Deutschen rechtsextremistische Motive vor.
Am Freitag wiederholte Ernst nicht nur die Angaben vom Mittwoch über die Tatnacht, sondern sprach auch über die Entsorgung seiner Waffen, die er während seiner Nachtschicht auf dem Firmengelände seines Arbeitgebers vergraben habe. Er schilderte auch, wie er einen befreundeten Kollegen um ein Alibi für die Tatnacht gebeten habe, weil er "sich mit jemand eingelassen und Blödsinn gemacht" habe.
Am nächsten Verhandlungstermin am Montag wollen die Richter Ernst weitere Fragen stellen. Nach seiner Einlassung am Mittwoch hatte Ernst erklärt, Fragen des Senats, der Anklage und der Nebenklage zu beantworten. Offen ist, ob er auch den Verteidigern von Markus H. antworten wird. Bei dem Termin könnte auch die Familie des ermordeten Walter Lübcke über ihren Anwalt Fragen stellen. "Wenn ich schon Ihnen den Ehemann und Vater weggenommen habe, stehe ich bereit, sollten Sie noch offene Fragen haben", hatte Ernst über seinen Anwalt erklären lassen. © dpa
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