Während Bund und Länder die Kontaktbeschränkungen verschärfen, erleben die Wintersportgebiete einen Massenansturm. Aber darf man die Tagesausflügler*innen und Hobby-Skisportler*innen deshalb verurteilen?

Anja Delastik
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Deutschland, ein Wintermärchen! Von Hamburg bis München bedeckt ein weißer Zuckerguss die Straßen, Bäume und Dächer, macht alles ein bisschen schöner und lädt dazu ein, den Irrsinn der Welt für eine Weile zu vergessen. Ein Spaziergang durch den Schnee, Rodeln mit den Kindern, Skifahren am Wochenende – all das gehört zum Winter wie Eis-Essen und Badesee zum Sommer.

Wintersport ist eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten der Deutschen: Mit über einer halben Million Mitgliedern gehört der Deutsche Skiverband zu einem der größten Sportverbände des Landes. Insgesamt fahren mehr als 14 Millionen Deutsche zumindest gelegentlich Ski oder Snowboard. Sogar im Lockdown.

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Ab auf die Piste!

Warum auch nicht? Bewegung im Freien ist erlaubt, Skifahren keine Kontaktsportart und vermutlich eine richtig gute Therapie gegen den Corona-Koller. Außerdem: Wo sonst findet man dieses Gefühl von Weite und Ungebundenheit aktuell? Im pandemischen Alltag zwischen Homeoffice und Couch sicher nicht. Skifahren, Snowboarden, Rodeln ermöglichen es, endlich mal wieder ein bisschen Freiheit zu spüren, die Nase in den Wind zu halten. Verständlich, dass sich viele Menschen danach sehnen. Zu viele, leider.

Seit Ende Dezember kämpfen Wintersportregionen in ganz Deutschland, von Winterberg bis Oberhof, vom Ostharz bis ins Alpenvorland, mit einem unaufhaltsamen Massenansturm an Skiausflügler*innen – trotz geschlossener Ski- und Rodellifte, trotz fehlender Parkplätze und Toiletten, trotz Appellen von Anwohner*innen, Gemeinden und Polizei.

Viele Menschen, viele Kontakte

Zeitgleich steigt die Zahl der Corona-Toten in Deutschland auf ein neues Rekordhoch. Spätestens jetzt müsste Pistenstürmer*innen klar sein: Eine Pandemie und "business (und auch Freizeit) as usual" sind leider nicht kompatibel. Wo zu viele Menschen sind, kommt es zwangsläufig zu vielen Kontakten.

Deshalb wurden mittlerweile Betretungsverbote für Rodelhänge, Skipisten und Parkplätze erteilt, Zufahrtsstraßen gesperrt oder gleich der gesamte Ort abgeriegelt. Am 5. Januar haben Bund und Länder einen sogenannten 15-Kilometer-Radius beschlossen – für Regionen mit besonders hohen Infektionszahlen. Diese drastische Maßnahme schränkt die Bewegungsfreiheit der Bürger*innen ein, soll jedoch insbesondere touristische Ausflüge reduzieren. Auch in die Wintersportgebiete.

Kopf in den Schnee stecken?

Darüber darf man sich ärgern, den Kopf in den Schnee stecken jedoch nicht. Wir alle haben von Corona-Limbo, Lockdowns und Kontaktverboten gehörig die Nase voll – und würden sie viel lieber in den Wind halten. Wir alle sehnen uns nach etwas Freiheit, Weite und Unbeschwertheit; vermissen Partys, Reisen, Live-Konzerte oder eben Skifahren.

Doch eine Pandemie verschwindet nicht einfach, nur weil wir uns danach sehnen oder ein neues Jahr angebrochen ist. Sie verschwindet, indem wir sie aussitzen. Zuhause.

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