Die Reproduktionszahl in Deutschland steigt rasant an. Wegen lokaler Infektionsherde sieht das Robert-Koch-Institut offenbar noch keinen Grund zur Panik, betont aber, das aktuelle Geschehen zu beobachten.
Lokale Ausbrüche bestimmen weiterhin das Corona-Infektionsgeschehen in Deutschland. Die lokalen Behörden meldeten dem Robert-Koch-Institut (RKI) 537 Corona-Infektionen binnen eines Tages.
Infolgedessen stieg die Reproduktionszahl rasant an - nach Schätzungen des RKI auf 2,88. Am Vortag lag der R-Wert noch bei 1,79.
Somit steckt ein mit dem Coronavirus Infizierter im Mittel zwischen zwei und drei weitere Menschen an. Der R-Wert bildet allerdings jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
Der Wert reagiere jedoch auch auf kurzfristige Änderungen der Fallzahlen, verursacht etwa durch einzelne Ausbrüche, empfindlich, wie das RKI erläutert. Insbesondere bei einer kleinen Anzahl von Neuerkrankungen könne dies zu verhältnismäßig großen Schwankungen führen.
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In meisten Bundesländern ist Zahl der Neuinfektionen gering
Die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen liegt damit weiter deutlich über den Werten, die noch bis etwa Mitte Juni täglich gemeldet wurden. Die höheren Zahlen der vergangenen Tage seien insbesondere auf größere Ausbrüche in Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hessen zurückzuführen, hieß es zuletzt vom RKI.
Im Zusammenhang mit dem derzeit größten lokalen Ausbruch in einer Fleischfabrik von Tönnies im ostwestfälischen Kreis Gütersloh wurden mehr als 1.300 Beschäftigte positiv auf das Coronavirus getestet - gut 200 Ergebnisse von den insgesamt 6.139 getesteten Mitarbeitern stehen noch aus. Der Kreis überschreitet damit den von Bund und Ländern vereinbarten Grenzwert von 50 Corona-Neuinfektionen binnen einer Woche je 100.000 Einwohner klar.
In den meisten Bundesländern ist die Zahl der Neuinfektionen aber weiterhin gering. Auch in Thüringen, das vor etwa einer Woche als erstes Bundesland die Kontaktbeschränkungen aufgehoben hat, bleibt die Lage überschaubar.
In den vergangenen 24 Stunden wurden den Behörden dort lediglich drei neue Fälle gemeldet. Mehr als 140 Landkreise meldeten in den vergangenen sieben Tagen überhaupt keine Neuinfektionen.
Auch Sieben-Tage-R knackt die Zweier-Marke
Seit Mitte Mai gibt das RKI zudem ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Es bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen.
Nach RKI-Schätzungen stieg auch dieser Wert an - auf 2,03, am Vortag lag er noch bei 1,55. Das Sieben-Tage-R zeigt das Infektionsgeschehen von vor 8 bis 16 Tagen.
Somit liegen der aktuelle R-Wert aber auch das Sieben-Tage-R über der angestrebten Ziel-Marke von unter 1. Liegt der Wert unter 1, sinkt die Zahl der Infizierten rechnerisch. Was der Anstieg der Infektionszahlen für das alltägliche Leben nun bedeutet, ob beispielsweise Kontaktbeschränkungen wieder verschärft werden, bleibt abzuwarten.
Für einen Lockdown etwa im Kreis Gütersloh infolge des Tönnies-Ausbruchs sehen die Behörden derzeit dennoch keinen Grund. Insgesamt hält sich die Politik bislang noch bedeckt. "Die weitere Entwicklung muss in den nächsten Tagen beobachtet werden, insbesondere in Bezug auf die Frage, ob es auch außerhalb der beschriebenen Ausbrüche zu einem Anstieg der Fallzahlen kommt", hieß es seitens des RKI.
In Deutschland mehr als 190.000 Menschen mit Coronavirus infiziert
In Deutschland haben sich nun seit Beginn der Coronakrise 190.359 Menschen nachweislich mit Sars-CoV-2 angesteckt. 8.882 nachweislich mit dem Virus Infizierte starben dem RKI zufolge.
Doch es gibt auch gute Neuigkeiten: 174.900 Menschen haben die Infektion nach RKI-Schätzungen überstanden, ein Plus von rund 200 im Vergleich zum Vortag. (msc/dpa)
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