Aus gesundheitlicher Sicht ist der Besuch im Kino weniger bedenklich als ein Arbeitstag im Großraumbüro. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Technischen Universität in Berlin zur Belastung der Luft mit Coronaviren.

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Der Aufenthalt in einem Büroraum erhöht die Gefahr, sich mit dem Coronavirus zu infizieren eher als der Besuch eines Kinosaals. Denn dort ist die Konzentration der für die Übertragung von Coronaviren relevanten Aerosole deutlich geringer als in einem Büroraum.

Zu diesem Ergebnis kommt eine der Deutschen Presse-Agentur vorliegende Studie des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin für den Hauptverband Deutscher Filmtheater HDF Kino.

Untersucht wurden zwei Säle des Kinos Alhambra in Berlin-Wedding, in denen 342 und 148 Plätze genutzt werden können. Mit Mindestabstand durch die Corona-Maßnahmen liegen die derzeitigen Zahlen bei 85 und 35 Personen. Das verglichene Büro hat 16 Plätze, von denen 8 mit Abstand genutzt werden können.

Studie vergleicht Situation im Kino mit der im Büro

Das Ergebnis der Studie ergab sich aus folgenden angenommenen Parametern, die den Aufenthalt in einem Kinosaal mit jenem in einem Büroraum verglichen:

  • Dauer des Aufenthalts im Raum: zwischen 45 und 180 Minuten.
  • Anzahl der infizierten Personen im Raum: eine Person im Büro versus zehn Prozent Infizierte der aktuell maximal zulässigen Personenanzahl im Kino.
  • Aktivität: Atmen (im Kino, während des Films) versus Atmen und Sprechen (im Büro).
  • Gemessen wurden in der Untersuchung jeweils nur die Aerosole, die die infizierte(n) Person(en) abgibt/abgeben. Denn nur von diesen Aerosolen geht für Nichtinfizierte ein Risiko aus.

Schlussfolgerung aus der Studie

Folgende Resultate erbrachte die Studie:

  • Da bei einem Kinobesuch in der Regel nicht gesprochen wird, während im Büroalltag Gespräche stattfinden, beträgt die eingeatmete Aerosolmenge im Kino unabhängig vom zeitlichen Verlauf gerade einmal 0,3 Prozent gegenüber derjenigen im Büro.
  • Wird im Kino gesprochen und sind mehr Infizierte unter den Besuchern (im kleineren Saal 15, im größeren 34) liegen die Werte jeweils nahe oder über dem verglichenen Büro mit einem Infizierten.
  • Zehn Prozent Infizierte erzeugen für die Nichtinfizierten im geschlossenen Raum Kinosaal aber eine geringere Infektionsgefahr als ein Infizierter im geschlossenen Raum Büro.

Gleichzeitig hieß es seitens des Hermann-Rietschel-Instituts: "Bei allen Betrachtungen muss beachtet werden, dass die Aerosolkonzentration im unmittelbaren Ausatemvolumenstrom der Person deutlich höher ist und die Betrachtungen für diesen Bereich nicht angewendet werden können."

Zudem sei keine Aussage über die Überlebensfähigkeit der Viren in der Raumluft zulässig, die etwa von Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhänge.

Kinos werden besser belüftet als Büros

In Kinos ist eine sogenannte Quelllüftung üblich. Sie funktioniert wie folgt:

  • Luft strömt in der Regel unter dem Sitzbereich ein.
  • Verbrauchte Luft erwärmt sich an den Personen und steigt auf.
  • Der Frischluftanteil kann auf bis zu 100 Prozent angehoben werden. Aerosole und Viren werden daher im Lüftungsvorgang zu 100 Prozent abtransportiert.

In Büros herrscht in der Regel das Prinzip der Mischlüftung vor. Sie wird auch Verdünnungslüftung genannt und funktioniert wie folgt:

  • Die in den Raum eintretende Zuluft vermischt sich mit der höher kontaminierten Raumluft durch Induktion, durch das Mitreißen der Luft.
  • Die Partikelkonzentration im Raum verdünnt sich durch das intensive Vermischen von Zuluft mit Raumluft.
  • Nach Information der Forscher des Hermann-Rietschel-Instituts aber fände ein echter Luftaustausch nur bei winterlich-kalten Außentemperaturen statt.

Kinos fordern Erlaubnis für höhere Besucherzahl

Christine Berg, Vorstand des HDF, leitete aus den Ergebnissen der Studie eine Forderung der Kinobetreiber ab. Da die Studie zeige, "wie äußerst gering die Aerosolbelastung und damit das Risiko des einzelnen Besuchers im Kinosaal in der momentanen Situation überhaupt" sei, solle die Abstandsregelung von 1,50 Metern reduziert werden. Dies gehe - nachgewiesen durch die erläuterte Studie - nicht auf Kosten der Sicherheit der Kinobesucher.

Und nur, wenn die Kinos ihre Kapazitäten an Besuchern erhöhen dürften, werde es mehr neue Filme geben, mit denen die Kinos die Krise überlebten. (dpa/hau)

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