Das Coronavirus lähmt den Alltag vieler Menschen - und lässt sie teilweise auch ernsthaft erkranken. Noch gibt es kein zielgerichtetes Medikament oder einen Impfstoff gegen das Virus. Doch die Forschung hat außerordentlich schnell Fahrt aufgenommen.

Mehr aktuelle Informationen zum Coronavirus finden Sie hier

Die Welt stemmt sich gegen das Coronavirus. Mit Ausgangssperren, Grenzschließungen und Quarantänemaßnahmen. Ein zielgerichtetes Medikament gegen die von SARS-CoV-2 verursachte Lungenerkrankung COVID-19 gehört bislang nicht zum Arsenal im Kampf gegen die Pandemie.

Experten setzen nun vor allem darauf, Medikamente einzusetzen, die bereits für andere Anwendungen erprobt sind. Diese müssten dann vor ihrer Zulassung nicht mehr so aufwendig getestet werden.

So wollen Tübinger Mediziner das Medikament Chloroquin im Kampf gegen Corona-Erkrankungen testen. Bereits in der kommenden Woche soll mit einer Studie an Menschen begonnen werden.

Chloroquin ist eigentlich ein Medikament gegen Malaria. Es wirke aber auch gegen viele Viren, sagen die Forscher. Auch gegen SARS-CoV-2, wie zumindest Versuche im Reagenzglas zeigten.

Corona-Impfstoff: RKI rechnet mit Frühjahr 2021

Auch ein medizinischer Durchbruch in Bezug auf einen passenden Impfstoff gegen das Coronavirus lässt bisher auf sich warten. Das Robert-Koch-Institut hat Hoffnungen auf einen baldigen Impfstoff gegen das Coronavirus gedämpft. "Ich persönlich schätze es als realistisch ein, dass es im Frühjahr 2021 sein wird", so Präsident Lothar Wieler am Mittwoch.

Alles, was bürokratisch machbar sei, müsse getan werden. Klinische Testphasen aber könne man nicht verkürzen. "Wir müssen ein Sicherheitsprofil haben. Impfstoffe können ja Nebenwirkungen haben."

Zuvor hatte Dietmar Hopp, Miteigentümer des Tübinger Pharmaunternehmens CureVac, davon gesprochen, möglicherweise bereits im Herbst einen Impfstoff gegen SARS-CoV-2 liefern zu können. CureVac ist eines von vielen Unternehmen sowie Forschungseinrichtungen, die derzeit weltweit an möglichen Impfstoffen arbeiten.

Hohe Sicherheitsstandards für Medikamente und Impfungen

Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) mahnt zu Geduld. "Überall arbeiten die Forscherinnen und Forscher mit allem Hochdruck daran. Wir sind mit ihnen in einem engen Austausch, aber die Entwicklung braucht ihre Zeit", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Es gebe bei der Entwicklung von Medikamenten hohe Sicherheitsstandards. "Soweit wir es verantworten können, beschleunigen wir die Verfahren."

Der Berliner Virologe Christian Drosten stellte am Mittwoch im NDR-Podcast die Idee in den Raum, über Lockerungen für die Zulassung von Impfstoffen nachzudenken, wenn die Gesellschaft erhöhte Todesraten in der älteren Bevölkerung nicht akzeptieren wolle.

Man müsse für die Risikogruppen irgendetwas machen, sagte er mit Blick auf Modellierungen des Imperial College London zu möglichen Effekten der Eindämmungsmaßnahmen. Die Aussichten seien zum Verzweifeln.

Coronavirus-Pandemie: Virologe Drosten kritisiert Verhalten der Bürger

"Wir müssen uns jetzt hinsetzen und miteinander sprechen über Möglichkeiten", so Drosten. Er kam etwa auf relativ weit entwickelte Impfstoffe zu sprechen, die für das alte SARS-Virus ausprobiert worden seien. Generell seien all das aber schwierige Entscheidungen.

Im Alltag in Berlin beobachte er immer noch einen "ziemlich sorglosen" Umgang vieler Menschen mit der Pandemie, sagte Drosten. Er sehe weiterhin zum Beispiel Leute vor Kneipen sitzen. Das solle "jetzt mal langsam aufhören", appellierte der Wissenschaftler. Wenn er Verdrängungsmechanismen ausschalte und anfange zu rechnen, müsse er anerkennen, dass es schlimm kommen werde. Das gelte es zu verhindern.

Bei der Suche nach einem wirksam vor der Erkrankung COVID-19 schützenden Impfstoff setzen Forscher auf biotechnologische Verfahren. Dabei wird nicht wie üblicherweise das Virus selbst zur Herstellung eines Impfstoffes benötigt, sondern lediglich seine genetische Information. Das soll zumindest die Zeit verkürzen, die es braucht, um einen Impfstoffkandidaten für die Prüfung in klinischen Studien bereitzustellen.

In der genetischen Information steckt alles, was das Virus für die Herstellung seiner einzelnen Bestandteile - und damit für seine eigene Vermehrung - braucht. Das umfasst auch diejenigen Bestandteile, auf die der Körper bei einer Impfung mit der Bildung von Antikörpern und anderen Abwehrstoffen reagiert.

Bereits 45 Test-Impfungen in den USA vorgenommen

Die Entwicklung eines Impfstoffkandidaten ist allerdings nur der erste Schritt. Richtig mühsam wird es danach: Die Zulassung und klinische Prüfung des Kandidaten sind die Entwicklungsphasen, die am meisten Zeit verschlingen. Nach Versuchen in Zellen und im Tiermodell sowie der toxikologischen Testung wird die Sicherheit eines Impfstoff-Kandidaten zunächst an wenigen Menschen getestet. Dann folgen größere klinische Studien.

In den USA hat bereits ein Freiwilliger testweise einen möglichen Impfstoff gegen das Coronavirus injiziert bekommen, wie die zum US-Gesundheitsministerium gehörenden National Institutes of Health (NIH) am Montag mitteilten. Insgesamt 45 gesunde Teilnehmer zwischen 18 und 55 Jahren sollen in den kommenden Wochen an dem Sicherheitstest teilnehmen.

Der Impfstoff namens "mRNA-1273" wird gemeinsam mit der privaten Biotechnologie-Firma Moderna entwickelt. Die erste Testphase habe in "Rekordzeit" gestartet werden können, sagte Anthony Fauci, Direktor des Nationalen Instituts für Infektionskrankheiten. Der gesamte Prozess der Entwicklung werde aber voraussichtlich mindestens ein bis anderthalb Jahre dauern. (lag/dpa)

Coronavirus-Impfstoff bis Herbst? Hopp und RKI sind sich uneinig

Dietmar Hopp will als Miteigentümer der Pharmafirma CureVac bis zum Herbst einen Impfstoff gegen das Coronavirus liefern. Doch das RKI ist skeptisch. © ProSiebenSat.1
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.